WEG-Recht

Trotz Trennungstheorie gibt es eine Verflechtung von Bestellung und Verwaltervertrag

Die Bestellung des Verwalters entspricht grundsätzlich nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn in derselben Eigentümerversammlung, in der die Bestellung erfolgt, auch die Eckpunkte des abzuschließenden Verwaltervertrags (Laufzeit und Vergütung) in wesentlichen Umrissen regelt werden; hiervon kann nur unter besonderen Umständen übergangsweise abgewichen werden. So lautet der amtliche Leitsatz der veröffentlichten Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs.

Mit Urteil vom 27.02.2015 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 114/14 hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine für die Verwalterpraxis sehr wichtige Rechtsfrage geklärt. Die Entscheidung betrifft insbesondere auch die Wiederbestellung des amtierenden Verwalters. In früheren Entscheidungen hatte der Senat diese Frage ausdrücklich offen gelassen (Urteil vom 22.06.2012 – V ZR 190/11 Rn 12). Mehrere Landgerichte hatten im Anschluss die Revision zum BGH nicht zugelassen (siehe etwa LG Karlsruhe, ZWE 2011, 369; LG Lüneburg, ZWE 2012, 281; LG Hamburg, 05.11.2014 – 318 S 47/14 [dazu DDIV Newsletter 02.02.2015]. Es ist das LG Berlin, welches im Urteil vom 08.04.2014 im hiesigen Fall die Revision zuließ.

Der Fall

In der aus 4 Wohnungen bestehenden WEG endeten Bestellungszeitraum und Verwaltervertrag am 31.12.2012. Daher wurde in der Eigentümerversammlung vom 11.12.2012 zu TOP 14 A die Wiederbestellung des Verwalters bis 31.12.2017 mehrheitlich beschlossen. Zu TOP 15 wurde beschlossen, dass der Verwaltungsbeirat mit dem Verwalter einen neuen Verwaltervertrag verhandelt, der bis zum 28.02.2013 beschlossen werden sollte. Sollte es keinen Mehrheitsbeschluss für den neuen, verhandelten Verwaltervertrag geben, sollte die Amtszeit des Verwalters am 28.02.2013 enden. Gegen den Beschluss zu TOP 14 A wurde Anfechtungsklage erhoben, gegen den zu TOP 15 gefassten Beschluss hingegen nicht. Die Anfechtungsklage hatte in allen 3 Instanzen (AG Schöneberg, LG Berlin, BGH) Erfolg. Der Wiederbestellungsbeschluss wurde für ungültig erklärt.

Die Entscheidung

Im Ausgangspunkt hält der BGH an der Trennungstheorie fest, also daran, dass für eine wirksame Bestellung der Abschluss eines Verwaltervertrages nicht erforderlich ist. Es handelt sich um getrennte Rechtsakte. Allerdings – so der BGH – sind beide Rechtsakte inhaltlich und wirtschaftlich mit einander verknüpft, da die Auswahl des zu bestellenden Verwalters wesentlich von den wirtschaftlichen Eckpunkten des Verwaltervertrages bestimmt werde. Zu diesen Eckpunkten des Verwaltervertrages gehören Laufzeit und Vergütung.

Der BGH stellt fest, dass es im Grundsatz erforderlich ist, über Bestellung und Verwaltervertrag in derselben Eigentümerversammlung zu beschließen. Sodann geht er noch einen Schritt weiter und hebt hervor, dass grundsätzlich sogar in demselben Beschluss, also unter demselben Tagesordnungspunkt, abgestimmt werden sollte, um unerwünschte Auslegungsergebnisse zu vermeiden. Für die Beklagten im Berliner Fall wurde zum „Genickbruch", dass ohne sachlichen Grund getrennt über Bestellung (TOP 14 A) und den noch zu verhandelnden, in den Eckpunkten völlig offenen Verwaltervertrag (TOP 15) abstimmten. Weiterer „Genickbruch" ist nach Ansicht des BGH, dass nur in TOP 15, nicht aber auch in TOP 14 A die auflösende Bedingung der Bestellung bis 31.12.2017 aufgenommen wurde, namentlich für den Fall, dass nicht bis 28.02.2013 ein Mehrheitsbeschluss über den bis dahin zu verhandelnden Verwaltervertrag vorliegen sollte.

Durch diese Vorgehensweise habe die Mehrheit – so der BGH in seiner Urteilsbegründung – die Chance verspielt, ausnahmsweise und übergangsweise die Wiederbestellung ohne gleichzeitige Festlegung der Eckpunkte des Verwaltervertrages beschließen zu dürfen. Eine solche Ausnahme will der BGH nur unter besonderen Umständen zulassen, die im vorliegenden Fall nicht erfüllt waren.

Fazit für den Verwalter

Der sicherste Weg besteht darin, über Bestellung und Abschluss des Verwaltervertrages in derselben Eigentümerversammlung abstimmen zu lassen. Liegt der Verwaltervertrag noch nicht vor oder soll er verhandelt werden, ist es dringend zu empfehlen, dass die Versammlung jedenfalls die Eckpunkte des Verwaltervertrages (Laufzeit, Vergütung) vorgibt und dem Verhandlungsführer der WEG „mit auf den Weg gibt". Zumindest in den wesentlichen Umrissen (so der BGH in Rn 9 des Urteils) müssen diese Eckpunkte von der Versammlung vorgegeben werden. Hier könnte beispielsweise zu „von.... bis...."-Regelungen gegriffen werden, die dem Verhandlungsführer also einen Verhandlungsspielraum an die Hand geben mit einer festgelegten Obergrenze für Laufzeit und Vergütung.

Wird zwar in derselben Versammlung, aber unter unterschiedlichen Tagesordnungspunkten über Bestellung und Verwaltervertrag (Eckpunkte) abgestimmt, sollte im Bestellungsbeschluss (Beschlussantrag) selbst und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden, dass die Bestellung hinfällig wird (auflösende Bedingung), falls ein Verwaltervertrag mit den von der Versammlung festgelegten Eckpunkten (Verhandlungsspielräumen) nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgreich zu verhandeln sein sollte.

Ein Verwalter, der im Hinblickauf die Ausführungen des BGH (siehe Rn 19) den absolut sichersten Weg gehen will, sollte die Bedingung dahingehend formulieren, dass die Wiederbestellung nicht nur dann hinfällig wird, wenn der neue Verwaltervertrag bis zu dem genannten Zeitpunkt nicht erfolgreich verhandelt und durch Mehrheitsbeschluss gebilligt worden sein sollte (so die Formulierung in TOP 15), sondern darüber hinaus auch für den Fall, dass ein solcher Mehrheitsbeschluss erfolgreich gerichtlich angefochten werden sollte.


Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft Hamburg
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