Mietrecht

Rechtsmissbräuchliche Eigenbedarfskündigung einer Aktiengesellschaft

Hat eine juristische Person einen kleinen Miteigentumsanteil an einer vermieteten Wohnung auf eine natürliche Person übertragen, um eine Eigenbedarfskündigung zu ermöglichen, ist die anschließende Kündigung rechtsmissbräuchlich und somit nicht wirksam.

Der Fall

Im Anschluss an eine Eigenbedarfskündigung streiten Vermieter und Mieter um die Räumung und Herausgabe einer 2,5-Zimmer-Wohnung. Zunächst war eine Aktiengesellschaft (AG) die Eigentümerin der Wohnung und alleinige Vermieterin. Mit dem Ziel, eine Kündigung wegen Eigenbedarfs aussprechen zu können, übertrug die Aktiengesellschaft nach anwaltlicher Beratung schenkungsweise einen 5/100-Miteigentumsanteil an der Wohnung der 18-jährigen Tochter eines Vorstandes. Zuvor hatte die Gesellschaft es selbst vergeblich versucht, das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zugunsten eines Vorstandes zu kündigen. Nach Vollzug der Schenkung wurde das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs der Tochter erneut gekündigt und schließlich mangels erfolgter Herausgabe der Wohnung eine Räumungsklage erhoben. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hielt die Eigenbedarfskündigung unter Würdigung der Gesamtumstände für rechtsmissbräuchlich. Da die Aktiengesellschaft als juristische Person selbst keinen Eigenbedarf geltend machen könne, solle dieser Umstand durch die schenkweise Übertragung eines völlig unbedeutenden Miteigentumsanteils an die Tochter des Vorstandes umgangen werden, so die Ansicht des Landgerichts.

Die Entscheidung

Die von den Eigentümern eingelegte Revision hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Bundesgerichtshof argumentiert in seinem Beschluss, dass der Tochter des Vorstandes mit der schenkweisen Übertragung eines 5/100 Miteigentumsanteils formal eine "minimale" Miteigentümerstellung und Mitvermieterstellung verschafft worden sei. Damit sei ersichtlich allein das Ziel verfolgt worden, eine der Aktiengesellschaft als juristischer Person nicht mögliche Eigenbedarfskündigung zugunsten der Tochter eines Vorstandsmitglieds zu verwirklichen, ohne dass mit der Übertragung eine nennenswerte Änderung der Eigentums- beziehungsweise der wirtschaftlichen Verhältnisse an der Immobilie verbunden gewesen wäre. Die Frage, ob ein Verhalten als treuwidrig oder rechtsmissbräuchlich gemäß § 242 BGB zu bewerten sei, hänge von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Im vorliegenden Fall sei laut BGH die Vorgehensweise der Eigentümer und Vermieter entsprechend den gemachten Ausführungen als rechtsmissbräuchlich einzuordnen. Weiterer ergänzender Überlegungen oder mietrechtlicher Bewertungen bedürfe es darüber hinaus nicht mehr, so der BGH.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30. März 2021, Az. VIII ZR 221/19
Vorinstanzen:
Landgericht München I, Urteil vom 10. Juli 2019, Az. 14 S 15871/18
Amtsgericht München, Urteil vom 17. Oktober 2018, Az. 416 C 8659/18