16.08.2021 Ausgabe: 5/21

3 Fragen an die Parteien im Bundestag zur Verteilung der CO2-Kosten.

Mit dem Beschluss des neuen Klimaschutzgesetzes am 12. Mai sollte auch die neue CO2-Kostenverteilung durchgesetzt werden: Mieter und Vermieter tragen die Mehrkosten zu gleichen Teilen. Am 31. Mai hatten sich die Ministerien darauf geeinigt, diese Lösung zunächst bis Ende 2025 einzusetzen. Als das Kabinett am 2. Juni den entsprechenden Beschluss fassen sollte, wurde der Tagesordnungspunkt spontan gestrichen – die Unionsfraktion trug den auch in der Immobilienwirtschaft deutlich kritisierten Weg nicht mit. Eine politische Diskussion, die Anlass bietet, die Bundestagsparteien nach ihrer Position zum CO2-Preis zu befragen:

1. Die Regelung, dass Vermieter künftig die Hälfte der Kosten des CO2-Preises für Öl und Gas tragen, obwohl sie keinen Einfluss auf das Verbrauchsverhalten ihrer Mieter haben, ist vom Tisch. Wie stehen Sie dazu?

2. Für wie sinnvoll halten Sie das diskutierte Modell, die Kosten je nach Sanierungsgrad des jeweiligen Gebäudes zu verteilen?

3. Werden Vermietern durch diese Neuverteilung künftig die finanziellen Mittel für (weitere) energetische Sanierungsmaßnahmen fehlen?

DAS VERURSACHERPRINZIP NICHT AD ABSURDUM FÜHREN

Dr. Jan-Marco Luczak, MdB
Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
für Recht und Verbraucherschutz

1. Eine 50/50-Regelung darf und wird nicht kommen, sie würde das Verursacherprinzip ad absurdum führen. Dass Vermieter, die keinerlei Einfluss haben auf das Verbrauchsverhalten von Mietern, dennoch dafür zahlen sollen, ist weder fair noch gerecht. Zugleich würde es für kinderreiche Familien oder Senioren mit höherem Heizbedarf noch schwerer, eine Wohnung finden. Das war mit uns als CDU/CSU-Fraktion nicht zu machen.

2. Auch eine solche Lösung hätte am Grundproblem, der Abkehr vom Verursacherprinzip nichts geändert. Damit würden wir die gewünschte Lenkungswirkung der CO2-Bepreisung in Teilen aussetzen und sogar Anreize für klimaschädliches Nutzerverhalten schaffen.

3. Um unsere ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen, müssen wir in den kommenden Jahren deutlich mehr in die energetische Sanierung des Gebäudebestands investieren. Als Union setzen wir dafür auf starke wirtschaftliche Anreize und nicht auf Strafen oder Gebote. Gleichzeitig ist uns wichtig, Mieterinnen und Mieter nicht zu überfordern. Deswegen sollten wir sie gezielt von Mehrkosten im Falle der Modernisierung entlasten. Das schafft Akzeptanz für energetische Modernisierungen und sorgt für eine faire und sozial verträgliche Verteilung der Kosten.


FAIRE REGELUNG NACH DEMVERUSACHERPRINZIP

Klaus Mindrup, MdB
Umweltpolitischer Berichterstatter
der SPD-Bundestagsfraktion


1.
Die Frage der Kostenverteilung wird auch nach der Wahl aktuell bleiben. Mieter beeinflussen über ihr Nutzerverhalten den Energieverbrauch. Ebenso unstrittig treffen auch Vermieter wesentliche Entscheidungen, die Einfluss auf den CO2-Ausstoß haben: über die Investition in energetische Maßnahmen, die Wartung technischer Anlagen, die Nutzung der Fördertöpfe des Bundes und meist auch über den jeweils eingesetzten Brennstoff. Es bedarf also einer Regelung, die fair ist und am Verursacherprinzip ansetzt. Die pauschale Aufteilung 50/50 ist nur für eine Anfangsphase von ein bis zwei Jahren sinnvoll, bis eine bessere Lösung, z. B. auf Basis des Vorschlags der Deutschen Energie-Agentur (dena) erarbeitet wurde.

2. Der Vorschlag der dena nimmt diesen Ansatz auf. Ich halte das für sinnvoll. Der Vermieteranteil an den Kosten muss aber auch daran bemessen werden, ob Anlagen klimafreundlich betrieben werden, z. B. mit regelmäßigem hydraulischen Abgleich. Aus meiner langjährigen Erfahrung als Aufsichtsrat einer Wohnungsgenossenschaft weiß ich, dass es auch kostengünstige Maßnahmen mit hohem Einspareffekt gibt.

3. Die CO2-Bepreisung soll Anreize für Investitionen in klimafreundliche Technologien schaffen. Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen helfen Vermietern, die erforderlichen Mittel aufzubringen. Aus meiner Sicht bedarf es aber weiterer Schritte, um die Kosten und die bürokratischen Hürden für die Nutzung von Eigenstrom (auch für WEG) zu senken. Indem wir die CO2-Emissionen schnellstmöglich reduzieren, sinken auch die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung, die ohnehin nicht in den allgemeinen Bundeshaushalt fließen. Investitionen in die fossilfreie Energieerzeugung müssen gefördert werden. Dies wird ohne Abschaffung der EEG-Umlage auf Strom und ohne den Ausbau erneuerbarer nicht gelingen. Eine dezentrale Energiewende von unten wird Vermieter wie Mieter finanziell entlasten.


AUF VERMIETERSEITE INVESTITIONSANREIZE SCHAFFEN

Christian Kühn, MdB
Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik von ­Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag

1. Beim CO2-Preis bedarf es einer fairen Verteilung zwischen Mietern und Vermietern. Mieter haben keinen Einfluss auf die Art ihrer Heizung. Ob sie mit fossiler oder erneuerbarer Energie heizen, entscheiden allein die Vermieter. Der CO2-Preis setzt richtigerweise dort an, wo die Investitionsentscheidung für einen Heizungstyp getroffen wird. Wir Grüne haben die hälftige Teilung abgelehnt, weil der größte Investitionsanreiz bei den Vermietern liegen muss. Dass dies gescheitert ist, ist schlecht und sozial wie auch ökologisch falsch. Es wird nun an der neuen Bundesregierung sein, für eine faire Lösung zu sorgen.

2. Die von der Deutschen Energie-Agentur dena vorgeschlagene Variante ist bei einem höheren CO2-Preis sinnvoll. Das müsste vorbereitet werden, indem Gebäudeenergieausweise vereinheitlicht und vergleichbar werden. Als Übergangslösung schlagen wir vor, 100 Prozent des CO2-Preises auf Vermieterseite zu belassen, um größtmögliche Investitionsanreize auszulösen. Dafür bedarf es aber weiterer Fördermittel für den Austausch von Heizungsanlagen. Die jetzigen, beispielsweise des BEG, sind schon sehr attraktiv, sodass es kaum jemand überfordert, auf erneuerbare Energien umzustellen.

3. Nein, die Gefahr besteht nicht. Schon heute fallen die Gesamtkosten von Sanierungsmaßnahmen über die Modernisierungsumlage bei den Mietern an. In der aktuellen Niedrigzinsphase rechnet es sich ohnehin, zu sanieren. Wir müssen das Mieter-Vermieter-Dilemma grundsätzlich aufzulösen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Vermieter den CO2-Preis zu 100 Prozent zahlen – und sehen auch Härtefallregelungen vor.


MIETER FINANZIELL NICHT NOCH MEHR BELASTEN

Lorenz Gösta Beutin, MdB
Klima- und Energiepolitischer ­Sprecher der Bundestags­fraktion
DIE LINKE

1. Sicherlich haben Mieter einen gewissen Einfluss auf ihren Energieverbrauch. Allerdings halten wir als LINKE es für zynisch, wenn Vertreter der Bundesregierung nun fordern, sie mögen sich eben wärmer anziehen, um den CO2-Preis zu kompensieren. Überhaupt keinen Einfluss haben sie allerdings auf die Art der Heizung, die im Gebäude verbaut ist. Dies ist grundsätzlich Sache der Vermieter. Von ihnen sollte daher der CO2-Preis, also der zusätzliche Preis für Wärme, erhoben werden, denn sie allein entscheiden für eine neue, nicht-fossile Heizung.

2. Die Verteilung des CO2-Preises nach Sanierungsgrad belastet Mieter sanierter Gebäuden stärker, um sie für den Verbrauch zu sensibilisieren, und Vermieter unsanierter Gebäude ebenso, um anstehende Sanierungen zu forcieren. Zusätzliche Belastungen von Mietern halten wir in der gegenwärtigen Situation explodierender Mietkosten jedoch nicht für tragbar. Zudem wäre der bürokratische Aufwand zur Ermittlung der jeweiligen Kostenverteilung enorm. DIE LINKE steht für die 100-prozentige Übertragung des CO2-Preises für Wärme auf die Vermieter. In sanierten Gebäuden sollte dieser niedrig sein.

3. Das glaube ich nicht, denn es gibt Förderung und die Kredit-Zinsen sind sehr niedrig. DIE LINKE würde indes Sanierungspflichten auch im Bestand befürworten.


INDIVIDUELLE VERANTWORTLICHKEITEN BERÜCKSICHTIGEN

Dr. Lukas Köhler, MdB
Klimapolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion

1.
Eine simple 50/50-Aufteilung berücksichtigt die individuellen Verantwortlichkeiten nicht. Die FDP schlägt stattdessen den Umstieg auf eine Teilwarmmiete vor, in der eine vom Vermieter sicherzustellende Grundbeheizung enthalten ist. Mieter tragen dann weiterhin die von ihrem Heizverhalten abhängigen Kosten. So ist gewährleistet, dass Vermieter nicht mit dem CO2-Preis für den Teil belastet werden, den sie selbst nicht beeinflussen können.

2.
Für alle Wohnungen den aktuellen Sanierungsgrad zu ermitteln und bei Änderungen immer wieder anzupassen, scheint mit einem riesigen bürokratischen Aufwand verbunden zu sein. Mit der Teilwarmmiete hätten wir eine deutlich einfachere Lösung, die ebenfalls Anreize zur Sanierung setzt.

3. Sinn und Zweck des CO2-Preises ist der Anreiz, in die energetische Sanierung zu investieren. Damit diese Investitionen nicht an fehlenden finanziellen Mittel scheitern, muss der Einbau einer neuen Heizung oder einer besseren Dämmung steuerlich besser gefördert werden.


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Herbst, Maren

Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit VDIV Deutschland