17.05.2021 Ausgabe: vdivDIGITAL 2021

Analog oder digital? Für die ­Mietverwaltung empfiehlt sich der ­intelligente Mittelweg.

Zufriedene Kunden, reibungslose Kommunikation und effiziente Prozesse – wie in so vielen Branchen sind diese drei Faktoren auch für die Immobilienverwaltung essenziell und Ziel eines jeden Unternehmens. Doch wie lässt sich dieses ideale Szenario in der Realität abbilden? Ein Stichwort ist mit Sicherheit Digitalität.

Unterstützung bietet eine große Vielfalt von PropTechs verschiedenster Schwerpunkte mit entsprechenden Technologien und Software. Denn überall, wo Prozesse automatisiert werden können, lassen sich sowohl für Verwalter als auch für Eigentümer und Mieter Mehrwerte schaffen. So können Mietverträge mittlerweile digital aufgesetzt und unterzeichnet werden. Das erspart Wartezeiten und den Weg zur Post. Digital archiviert, sind alle Dokumente schnell und flexibel verfügbar. So lassen sich Effizienzgewinne im Prozess einfach erzielen und die Kommunikation mit Kunden erleichtern.

Auch Smart Metering optimiert Abläufe in der Verwaltung: Mittels intelligenter Zähler sind Verbrauchsdaten zu Wasser und Wärme aus der Ferne auslesbar. Wo sich Abrechnungssysteme direkt an Smart-Metering-Systeme anschließen lassen, können Heizkostenabrechnungen bequem und integriert erstellt werden.

Mieterplattformen für mehr Effizienz und Transparenz
Vielerorts bieten Immobilienverwaltungen Plattformen für Mieter und Eigentümer an, die effizientes Arbeiten in komplett neuer Form ermöglichen. Per App können Probleme direkt gemeldet werden, wobei eine entsprechende Software Anfragen in verschiedene Kategorien einteilt, sodass der Hausmeister oder ein externer Handwerker schnell eingeschaltet werden. Idealerweise mit einer Echtzeitverfolgung verknüpft, können Eigentümer oder Mieter den aktuellen Stand der Bearbeitung jederzeit verfolgen. Dieses hohe Maß an Transparenz erspart Verwaltern nicht nur ungeduldige Nachfragen, sondern es sorgt vor allem für mehr Kundenzufriedenheit.

Hybride Systeme als goldener Mittelweg
Mit Blick auf die Mehrwerte verwundert es nicht, dass viele Unternehmen auf digitale Lösungen setzen. Die Stoßrichtung ist klar: Aus analog wird digital. Verschiedene Treiber beschleunigen den Wandel. Einerseits gewinnen Tempo und Effizienz von Prozessen mit steigender Unternehmensgröße an Relevanz. Andererseits spielen auch Stakeholder eine wichtige Rolle: Mitarbeiter sind zufrieden, wenn sich Arbeitsprozesse reibungslos abdecken lassen. Kunden und Auftragnehmer erwarten ebenfalls eine effiziente Zusammenarbeit.

Rein analoge Lösungen sind in diesem Umfeld mittlerweile selten. Das bedeutet aber nicht, dass alle Prozesse digital ablaufen. Eine hybride Form bildet aktuell den Standard. Automatisierte Abläufe bringen dann Vorteile, wenn es darum geht, Fakten durch Zahlen sichtbar zu machen, Transparenz zu schaffen oder repetitive Aufgaben zu bewältigen, kurz: Komplexität zu vereinfachen.

Wenn digitale Prozesse an ihre Grenzen stoßen
Immer dann aber, wenn es unabdingbar ist, Komplexität zu erklären, stößt Digitalität an ihre Grenzen. Nicht ­selten treten individuelle Pro­bleme auf, die erfordern, dass Verwalter sich mit Mietern, Eigentümern und Dienstleistern sowie direkt mit der Immobilie auseinandersetzen, etwa wenn das gesprochene Wort wichtig ist, um einen Austausch auf Augenhöhe zu schaffen. Emotionale Anliegen lassen sich mithilfe automatisierter Prozesse nicht lösen. Dann müssen sich Kunden von den Mitarbeitern des Unternehmens verstanden fühlen – durch ein persönliches Telefonat oder Gespräch vor Ort und eine individuelle Lösung.

Ein solcher Bedarf an persönlicher Betreuung ist auch dadurch gegeben, dass nicht alle Kunden auf automatisierte Prozesse umschwenken können oder wollen. Manche bevorzugen den persönlichen Austausch, andere sind mit der Nutzung digitaler Alternativen nicht vertraut. Verschiedene Prozesse also zusätzlich analog abzudecken, ist deshalb als Back-up unumgänglich.

Auch auf Objektebene lässt sich nicht alles digital abbilden. Die Überprüfung, ob ein Objekt ordentlich bewirtschaftet wird, erfordert den persönlichen Eindruck. Reine Zahlen können dies nicht abbilden. Leerstand lässt sich noch aus der Datenbank ablesen. Ob das Grundstück jedoch vermüllt, der Rasen zu hoch ist oder anderes im Argen liegt, ist digital kaum zu erkennen. Fotos können über den aktuellen Stand informieren, stellen aber nur einen Ausschnitt und nicht die Gesamtsituation dar.

Große Vorteile treffen auf einige Herausforderungen
Allen Vorteilen zum Trotz bringt die Digitalisierung auch Herausforderungen für Verwalter mit sich. Die bekannten Möglichkeiten tatsächlich umzusetzen und innerhalb einer Digitalstrategie zu vereinen, ist hochkomplex. Eines der größten Problem dabei: die nicht ausreichende Systemintegrität. Einzelne auf dem Markt verfügbare Technologielösungen bilden mitunter zwar komplexe Prozesse digital ab, lassen sich jedoch nicht immer lückenlos miteinander verknüpfen. Sind Schnittstellen nicht hinreichend durchdacht, müssen Unternehmen mit verschiedenen Systemen arbeiten, etwa mit einem Kundensystem, einem ERP-System und beispielsweise einem dritten als Grundlage für digitale Vermietungsprozesse. Jedes von ihnen muss dann separat mit viel Aufwand gepflegt werden.

Der Aufbau digitaler Abläufe und die Integration verschiedener Maßnahmen sind zudem nicht einfach. Über die Anfangsinvestition hinaus erfordert Umstrukturierung vor allem Zeit und Geduld. Nur eine strukturierte und konsequente Umsetzung kann entscheidende Vorteile bringen, was insbesondere kleine Unternehmen häufig nicht stemmen können. Für sie birgt die Konsolidierung der Wohnverwalterbranche Chancen, denn oftmals bringen größere Unternehmen die notwendigen Ressourcen und Kompetenzen mit.

Digitalität spielt schon jetzt eine wichtige Rolle in der Immobilienbranche und bringt aus Unternehmenssicht wichtige Vorteile mit sich: Die Zeit, die durch die Automatisierung gewonnen wird, kann genutzt werden, um individuelle Belange von Mietern und Eigentümern zu betreuen – auch analog. In Anbetracht der enormen Effizienz- und Qualitätsgewinne wäre es also falsch, die vergleichsweise kleinen Herausforderungen nicht in Kauf zu nehmen. Werden die Potenziale intelligent umgesetzt, steigert das die Kundenzufriedenheit langfristig, und reibungsloses Arbeiten wird zum Alltag – das eingangs erwähnte Wunschszenario damit zur Realität.

Foto: © Golden Sikorka / Shutterstock.com


Ollig, Dr. Stefan

DR. STEFAN OLLIG
Geschäftsführer Vonovia Immobilien Treuhand