04.09.2020 Ausgabe: 5/20

Anspruchsvolle Aufgabe - Wenn Verwaltungen sich mit der Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen in Eigentümergemeinschaften befassen.

Es mag der besonderen, den Eigentümergemeinschaften innewohnenden Eigendynamik geschuldet sein, dass die vorhandene Instandhaltungsrücklage häufig nicht ausreicht, um erforderliche Sanierungsmaßnahmen umzusetzen. In der Regel gibt es dann drei Möglichkeiten: den Verzicht auf die ins Kalkül gezogene Maßnahme, die Beschlussfassung über eine Sonderumlage aller Eigentümer oder die Aufnahme eines Darlehens durch die Eigentümergemeinschaft.

Wer finanziert?
Besteht nun grundsätzlich Einigkeit innerhalb der Eigentümergemeinschaft, die Maßnahme zwar zu realisieren, auf eine Sonderumlage aber zu verzichten, führt dies zunächst zur Überlegung, wer überhaupt als Finanzierungspartner infrage kommt. Üblicherweise würde man in den meisten Fällen ein Bankdarlehen in Erwägung ziehen. Zunehmend sind aber auch alternative Darlehensgeber bereit, Eigentümergemeinschaften zu finanzieren. In letzter Zeit sind dies verstärkt sowohl Bausparkassen als auch Versicherungsgesellschaften. Beiden, gegenüber der normalen Bankfinanzierung als alternativ zu bezeichnenden Darlehensgebern, ist es jedoch zu eigen, dass sie erheblichen Wert auf die Gestellung von Kreditsicherheiten legen müssen, zumindest wenn man von  Kleinstdarlehen absieht. Diese Besonderheit resultiert aus gesetzlichen Vorgaben, die Bausparkassen und Versicherungen zu erfüllen haben. Die Höhe der Sicherheiten, die diesen potenziellen Kreditgebern zur Verfügung zu stellen sind, liegt regelmäßig deutlich über den Anforderungen der Banken oder Sparkassen.

Crowdinvesting als Alternative?
Immer stärker etabliert sich eine weitere Finanzierungsform, wo die Risiken für eine Finanzierung bzw. Kreditvergabe als zu hoch eingeschätzt werden, sodass keiner der vorstehend genannten Kreditgeber bereit wäre, ein Darlehen auszureichen: Crowdinvesting oder Crowdfunding. Der Grundgedanke besteht darin, dass sich viele Personen mit zumeist geringen Geldbeträgen an Finanzierungen beteiligen. Diese werden dann entweder als stille Beteiligungen, Genussrechte oder partiarische Darlehen strukturiert und von der Crowdinvesting-Plattform an den Darlehensnehmer, hier also die Eigentümergemeinschaft, ausgereicht. In einem zuvor fest vereinbarten Rahmen und Vertrag, verpflichtet sich der Darlehensnehmer zur Rückzahlung des ausgereichten Darlehens innerhalb einer bestimmten Laufzeit und zu festgelegten Konditionen. Der Nachteil dieser Finanzierungsform besteht zweifelsohne darin, dass die Kreditkonditionen ungünstiger als bei einem Bankdarlehen sind und dass zudem mit einer kürzeren Laufzeit kalkuliert werden muss. Entschließt sich die WEG, eine Crowdinvesting-Plattform einzubeziehen, so wäre es auch durchaus denkbar, dass einzelne Eigentümer der Plattform eigene liquide Mittel zur Verfügung stellen und dafür über die Plattform eine entsprechende Verzinsung erhalten. Diese Zinseinkünfte sind steuerlich ebenso zu behandeln, wie die Zinsaufwendungen für die Bedienung des Darlehens steuerlich geltend gemacht werden können. Ob bzw. inwieweit ein solches Modell für den einzelnen Eigentümer sinnvoll sein kann, ist gemeinsam mit dem Steuerberater und vor dem Hintergrund der individuellen steuerlichen Situation, den Freibeträgen und dem VuV-Ergebnis abzuwägen.

Wie auswählen?
Sinnvoll kann es sein, für die Auswahl des passenden Finanzierers externes Know-how hinzuziehen. Eine Reihe von Kreditvermittlern hat sich darauf spezialisiert, Darlehen zu beschaffen. Üblicherweise wird für diese Dienstleistung vonseiten des Kreditgebers eine Vermittlungsprovision gezahlt, die zwischen 1 und 1,5 Prozent der Darlehenssumme beträgt. Hier ist sicherzustellen, dass der Vermittler auch tatsächlich unabhängig handelt. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Kreditbeschaffung auf der Basis einer honorarpflichtigen Dienstleistung in Auftrag zu geben. In diesem Fall würde ein extern einzuschaltender Dienstleister nur seine tatsächlich anfallenden Aufwendungen, bspw. auf Grundlage eines vorher vereinbarten Stundensatzes, in Rechnung stellen. Selbstverständlich kann auch die WEG-Verwaltung selbst potenzielle Kreditgeber ansprechen und den Antrag auf die Gewährung eines Sanierungskredites stellen. Als pro­blematisch erweisen sich allerdings üblicherweise der Vergleich und die Prüfung der unterschiedlichen Angebote. Der Zinssatz allein reicht für die Beurteilung nicht aus. Nicht zuletzt geht es auch um Haftungsrisiken für die Verwaltung, falls sich im Nachhinein herausstellt, dass die getroffene Wahl nur suboptimal war.

Von besonderem Interesse dürften die Laufzeit des Darlehens und die Summe aller Aufwendungen bis zur vollständigen Rückführung sein. Zu empfehlen ist die feste Vereinbarung der Zinsbindung bis zur kompletten Rückzahlung des Darlehens. Das mag zwar bei längeren Laufzeiten von mehr als 15 Jahren die Zahl der potenziellen Darlehensgeber begrenzen, bringt aber ein hohes Maß an Kalkulationssicherheit für die Eigentümergemeinschaft mit sich. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die sogenannten Covenants, die Nebenabreden, die sich in Kreditverträgen zunehmend finden. Es sind strafbewehrte Vereinbarungen, mit denen sich der Darlehensnehmer zu einem genau definierten Wohlverhalten gegenüber der Bank bzw. zur Einhaltung bestimmter Parameter verpflichtet. Verstößt der Darlehensnehmer gegen diese Covenants, so ist die Bank berechtigt, entsprechende Sanktionen vorzunehmen.

Die Beschaffung einer Finanzierung für Sanierungsmaßnahmen in Eigentümergemeinschaften ist komplex. Wenn Verwaltungen sich damit befassen, sollten sie sich dessen bewusst sein, dass es nicht nur um die bloße Beschaffung eines Darlehens geht, sondern zugleich auch um den Nachweis gegenüber den Eigentümern, die für alle Beteiligten optimale Lösung gewählt zu haben.


Wichtige Kriterien für den Vergleich von Darlehensangeboten

  • Nominalzinssatz,
  • Zahlweise, monatlich, viertel- oder halbjährlich
  • Tilgungsverrechnung, sofort oder nachträglich
  • Zahlung innerhalb der Zahlungsperiode, vorschüssig oder nachschüssig
  • Taxkosten (Wertermittlung)
  • Kontoführungsgebühren
  • Darlehensform: Tilgungs- oder Annuitätendarlehen
  • Laufzeit des Darlehens bis zur vollständigen Tilgung
  • Zinsbindungsfrist
  • Tilgungshöhe
  • Sicherheiten und Zusatzsicherheiten
  • Möglichkeit und Konditionen für Sondertilgungen
  • Kosten für Jahressaldenbestätigungen
  • sonstige Bearbeitungsentgelte, einmalig und jährlich
  • Auszahlungskurs
  • Disagio


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Winkler, Dr. Frank

Geschäftsführer der Finanz- und Wirtschaftsberatung Dr. Winkler GmbH, Chemnitz
www.dr-winkler.org