19.01.2021 Ausgabe: 8/20

Blick auf den Verwalter - Das novellierte Wohnungseigentumsgesetz stärkt ihn als Vertreter der Gemeinschaft.

Mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG-neu) erhält der Wohnungseigentumsverwalter erstmals eine durch Gesetz geregelte grundsätzliche und umfassende Vertretungsmacht. Nach § 9b Abs. 1 S. 1 WEG-neu vertritt der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich. Lediglich für den Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrages sieht das Gesetz eine Einschränkung dieser grundsätzlichen Vertretungsmacht vor. Nur für solche Verträge bedarf der Verwalter zur wirksamen Vertretung der Gemeinschaft eines Beschlusses der Wohnungseigentümer.

Die Vertretungsbefugnis des Verwalters gilt nach Satz 3 gegenüber Dritten unbeschränkt und kann auch nicht durch Vereinbarung oder Beschluss beschränkt werden. Damit erleichtert der Gesetzgeber die Teilnahme der rechtsfähigen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer am Rechtsverkehr, die für ihr Handeln einen Vertreter benötigt. Wer künftig mit einem Verwalter als Vertreter einer Wohnungseigentümergemeinschaft einen Vertrag schließt, muss nicht mehr befürchten, dass die Vertretungsmacht hierfür nicht ausreicht.

Damit werden auch die Probleme behoben, die sich unter der bisherigen Rechtslage bei einseitigen Rechtsgeschäften gestellt haben: Nahm der Verwalter bisher als Vertreter der Gemeinschaft ein einseitiges Rechtsgeschäft vor, beispielsweise die Kündigung bestehender Verträge oder Weisungen gegenüber Auftragnehmern, konnte der Empfänger der Erklärung diese nach § 174 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zurückweisen, sofern nicht die zugrunde liegende Beschlussfassung und die den Verwalter legitimierende Vollmacht im Original vorgelegt werden konnten (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20.2.2014, Az. III ZR 443/13).

Mit der gesetzlich vorgesehenen uneingeschränkten Vertretungsmacht nach außen werden diese Schwierigkeiten und Risiken beseitigt, und der Verwalter der Eigentümergemeinschaft wird einem Vertretungsorgan, vergleichbar mit den Organen von Kapitalgesellschaften (AG, GmbH etc.), angenähert.

Keine alternative Vertretung der Gemeinschaft
Nur ein bestellter Verwalter hat die in § 9b Abs. 1 WEG-neu neu geschaffene umfassende Vertretungsmacht. Die Eigentümer können insbesondere keine andere Person – etwa einzelne Wohnungseigentümer – anstelle oder neben dem Verwalter zu Vertretern der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bestimmen. So sollen andere Vertreter vermieden werden, die nicht gleichzeitig die aus der Stellung als Verwalter folgenden Pflichten innehaben. Wünscht die Mehrheit der Eigentümer eine andere Vertretung, so ist es ihr unbenommen, durch Beschluss einen neuen Verwalter zu bestellen. Hat die Gemeinschaft keinen Verwalter, obliegt die Vertretung der Gemeinschaft den Eigentümern gemeinschaftlich.

Erleichterung der Abberufung des Verwalters
Mit der Novelle des Wohnungseigentumsrechts wird die Möglichkeit der jederzeitigen und grundlosen Abberufung des Verwalters geschaffen. Die bisherige Beschränkung der Abberufung des Verwalters auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes entfällt. Als Gegenstück zur neu geschaffenen starken Stellung des Verwalters als Vertreter der Gemeinschaft wird den Wohnungseigentümern daher in § 26 Abs. 3 WEG-neu die Möglichkeit eingeräumt, sich von dem Verwalter zu trennen, wenn sie das Vertrauen in ihn verloren haben. Damit entfällt allerdings nicht automatisch dessen Vergütungsanspruch. Ein noch länger laufender Vertrag endet spätestens sechs Monate nach der Abberufung des Verwalters, § 26 Abs. 3 S. 2 WEG-neu.

In Zukunft hat der Verwalter bei Abschluss des Verwaltervertrages darauf zu achten, dessen Laufzeit losgelöst von der Bestellung zu gestalten. Der Vertrag sollte nicht allein an die Bestellung des Verwalters anknüpfen, sondern eine etwa in Jahren bemessene Dauer haben.

Aufgaben und Befugnisse des ­Verwalters im Innenverhältnis
Die im bisherigen Wohnungseigentumsgesetz in § 27 sehr umfassend und detailreich geregelten Aufgaben und Befugnisse des Verwalters werden durch die Reform deutlich gestrafft und klarer gefasst. Nach § 27 Abs. 1 WEG-neu ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich, also dringlich sind. Während § 9b WEG-neu die uneingeschränkte Vertretungsmacht des Verwalters nach außen regelt, bestimmt § 27 Abs. 1 WEG-neu die Befugnisse, die der Verwalter im Innenverhältnis, also in seinem Verhältnis zur Wohnungseigentümergemeinschaft, besitzt.

Ob eine Maßnahme mit erheblichen Verpflichtungen verbunden ist, richtet sich nicht nach starren Größenvorgaben. Vielmehr ist auf die Sichtweise des vom Aufwand einer Maßnahme anteilig betroffenen durchschnittlichen Wohnungseigentümers in der konkreten Anlage abzustellen. Je größer die Anlage, desto umfassender werden die Maßnahmen, die der Verwalter eigenverantwortlich durchführen kann, ohne zuvor die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer konsultieren und eine Beschlussfassung herbeiführen zu müssen.

Der Verwalter hat auch ohne zusätzliche Beschlussfassung diejenigen Aufgaben zu erfüllen, die nach Gesetz oder Vereinbarung mit der laufenden Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zusammenhängen. So hat er die erforderlichen Maßnahmen zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums zu treffen, die Kostenbeiträge der Eigentümer in Empfang zu nehmen und Zahlungen zu bewirken, eingenommene Gelder ordnungsgemäß zu verwalten, die Eigentümerversammlung einzuberufen und den Wirtschaftsplan aufzustellen sowie die Jahresabrechnung vorzulegen.

Erweiterung und Einschränkung der Rechte und Pflichten des Verwalters
Zwar ist die Vertretungsmacht des Verwalters nach § 9b Abs. 1 WEG-neu nach außen stets unbeschränkt. Die Eigentümer haben aber nach § 27 Abs. 2 WEG-neu die Möglichkeit, im Innenverhältnis die Rechte und Pflichten des Verwalters durch Beschluss einzuschränken oder zu erweitern. Die Wohnungseigentümer können – etwa im Zusammenhang mit dem Abschluss des Verwaltervertrags – selbst die Maßnahmen definieren, deren Erledigung sie in die Verantwortung des Verwalters legen wollen oder für die sie sich eine Entscheidung durch Beschluss vorbehalten.

Auf diese neu geschaffene Möglichkeit sollte der Verwalter die Wohnungseigentümer aktiv hinweisen und eine Beschlussfassung vorschlagen. Es können allgemeine Wertgrenzen festgelegt oder Maßnahmenkataloge aufgestellt werden. Ebenso ist es möglich, einzelne Handlungen des Verwalters von der Zustimmung eines Wohnungseigentümers, des Verwaltungsbeirats oder eines Dritten abhängig zu machen.

So können die Eigentümer nach ihren eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters im Innenverhältnis regeln und ausgestalten. Unklarheiten, wie weit die erweiterten gesetzlichen Befugnisse des Verwalters in der konkreten Anlage reichen, werden so von vornherein vermieden.

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Grundmann, Volker

Der Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht der Berliner Kanzlei Grundmann Immobilienanwälte ist juristischer Berater und Vorstandsmitglied des VDIV Berlin-Brandenburg.
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