02.08.2021 Ausgabe: 4/21

Clever ­investieren statt anlegen! Strafzinsen zahlen oder zinsgünstig investieren?

Weil Banken aktuell für Geld, das sie bei der EZB hinterlegen, Strafzinsen in Höhe von minus 0,50 Prozent zahlen müssen und dies an ihre Kunden weitergeben, müssen sich Hausverwaltungen mit der Frage auseinandersetzen, wie sie die Erhaltungsrücklagen betreuter Eigentümergemeinschaften clever anlegen.

Hat die Eigentümergemeinschaft keine Weisungen erteilt oder sind hierzu in der Gemeinschaftsordnung keine Regelungen getroffen worden, hat die Hausverwaltung sich an den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne des § 19 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) zu orientieren. Demnach muss die Verwaltung zumindest eine zinsgünstige Anlage der nicht unmittelbar oder kurzfristig benötigten Gelder bewirken, das hat auch das Bayerische Oberlandesgericht entschieden (Az. NJW-RR 1995, 530). Diese Beschränkung der Möglichkeiten und der Dauer der Geldanlage führt dazu, dass nur Tagesgelder, Festgelder und Spareinlagen sowie kurzfristige festverzinsliche Wertpapiere mit hundertprozentiger Rückzahlungsgarantie infrage kommen. Gerade die genannten Anlageformen erbringen aber aufgrund der eingangs skizzierten Situation in der Regel nur noch einen negativen Zins.

Instandhaltungsrücklage als Eigenkapital für ­Modernisierungsmaßnahmen
Welche Alternativen bleiben, wenn die Geldanlage keinen Zinsertrag bringt? Mit dem am 1. Dezember 2020 in Kraft getretenen Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) will der Gesetzgeber unter anderem bauliche Maßnahmen erleichtern. Dazu hat er in § 20 Abs. 2 WEG Wohnungseigentümern in Bezug auf vier Arten baulicher Veränderungen einen expliziten Anspruch eingeräumt – unter anderem für solche, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen. Das seit 25. März 2021 geltende Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) befördert dies noch: Nach § 8 Abs. 1 haben Wohnungseigentümer dafür zu sorgen, dass jeder Fahrzeugstellplatz mit Leitungsinfrastruktur für die spätere Errichtung von Ladestationen vorbereitet wird, wenn ein Wohngebäude, das über mehr als zehn Stellplätze innerhalb des Gebäudes verfügt, einer größeren Renovierung unterzogen wird, also einer Renovierung von mehr als 25 Prozent der Oberfläche der Gebäudehülle, die den Parkplatz oder die elektrische Infrastruktur des Gebäudes umfasst. Dasselbe gilt nach Abs. 2 für Wohngebäude mit mehr als zehn an das Gebäude angrenzenden Stellplätzen, wenn es einer größeren Renovierung unterzogen wird, welche den Parkplatz oder die elektrische Infrastruktur des Parkplatzes umfasst. Für gemischt genutzte Gebäude gilt § 12 GEIG.

Interessant: Auch für solche Maßnahmen kann die Erhaltungsrücklage genutzt werden. Allerdings reicht sie in vielen Fällen nicht aus. Viele Kreditinstitute bieten hier speziell für  Wohnungseigentümergemeinschaften Darlehen an, mit einer Laufzeit von zehn Jahren und zehnjähriger Zinsbindung. Sie sind in der aktuellen Zinssituation sehr günstig, und die Erhaltungsrücklage kann als Eigenkapital dienen. Darüber hinaus können bei energetischen Sanierungsmaßnahmen zinsgünstige KfW-Förderdarlehen eingebunden werden. Wegen der teils komplexen Materie sollten Hausverwaltungen und die Wohnungseigentümergemeinschaft einen Berater hinzuziehen.

Fotos:  © Olivier Le Moal / Shutterstock.com


Nassl, Rudolf

Das Mitglied des Vorstands der Hausbank München eG ist verantwortlich für das Ressort Immobilienwirtschaft.
www.hausbank.de