22.07.2021 Ausgabe: 4/21

CONTRA - Soll die Umlagefähigkeit bestimmter Betriebskosten wie der CO2-Bepreisung auf Mieter beibehalten werden?

CONTRA: Vermieter zur Umsetzung energetischer Sanierungen bewegen

Die Mieten in Deutschland steigen unaufhörlich – und zwar nicht nur die Angebots-, sondern auch die Bestandsmieten. Zur durchschnittlichen Kaltmiete von 10,38 Euro pro Quadratmeter beispielsweise in Stuttgart kommen noch die Heiz- und sonstigen Nebenkosten als sogenannte zweite Miete hinzu. Auch diese Kosten steigen kontinuierlich, wie die Auswertung der jährlichen Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes zeigt. Sie erreichen mittlerweile einen Höchststand von bis zu 2,88 Euro pro Quadratmeter. Das bedeutet: Für eine 60-Quadratmeter-Wohnung zahlt der Mieter bis zu 173 Euro pro Monat allein an Nebenkosten. In Stuttgart muss er fast 800 Euro monatlich berappen, um die Wohnung halten zu können. Nicht verwunderlich also, dass die individuelle Wohnkostenbelastung der Mieterinnen und Mieter im bundesweiten Durchschnitt mittlerweile schon bei 30 Prozent liegt, bei einkommensschwachen Haushalten sogar bei fast 50 Prozent – höchste Zeit, endlich gegenzusteuern!

Statt Mieterhaushalte immer stärker mit Nebenkosten zu belasten, sollten sie zumindest dort entlastet werden, wo die Umlage auf sie keinerlei Sinn macht. Dies ist definitiv bei den Kosten der CO2-Bepreisung der Fall. Um soziale Härten durch steigende Heizkosten im Rahmen der CO2-Bepreisung zu vermeiden, hat die Bundesregierung im Klimaschutzprogramm 2030 angekündigt, Änderungen im Mietrecht zu prüfen. Diese sehen eine begrenzte Umlagefähigkeit der CO2-Bepreisung auf Mieterinnen und Mieter vor, die gleichzeitig bei Vermieterinnen und Vermietern Anreize setzt, in klimaschonende Heizungssysteme bzw. energetische Sanierungen zu investieren.

Diesen Ankündigungen sind bis heute leider keine Taten gefolgt. Vorschläge zur Begrenzung der Umlagefähigkeit der CO2-Kosten auf Mieterinnen und Mieter liegen zwar auf dem Tisch, jedoch konnten sich die Koalitionsfraktionen aufgrund des erheblichen Drucks aus der Immobilienlobby und wegen der Blockadehaltung vonseiten der CDU/CSU-Fraktion bislang nicht auf ein Modell einigen.

Als Konsequenz dieser Untätigkeit werden seit 1. Januar 2021 die CO2-Kosten im Gebäudesektor zu 100 Prozent an die Mieterinnen und Mieter durchgereicht, wodurch der klimapolitisch gewollte Effekt der CO2-Bepreisung im Mietwohnbereich völlig verpufft: Vermieter werden nicht zum Austausch ihrer Heizanlagen angehalten, da sie die Kosten vollständig umlegen können – das Instrument verliert somit seine nach Beteuerungen der Bundesregierung beabsichtigte Lenkungswirkung komplett. Für viele Mieterinnen und Mieter verteuert sich das Heizen dagegen seit Januar deutlich, weil allein sie den vollen CO2-Preis tragen. Bei mittlerem Energieverbrauch müssen mit Erdgasheizung im Schnitt jährlich 65 Euro mehr bezahlt werden, mit Heizöl 85 Euro. Im Jahr 2025 klettern die Mehrkosten bei Erdgas auf 140 Euro, bei Heizöl auf 185 Euro – eine weitere Verteuerung des Wohnens, die viele Mieterhaushalte einfach nicht mehr stemmen können.

Der Deutsche Mieterbund fordert daher, dass der CO2-Preis für Heizungen vollständig von den Vermietern getragen wird. Nur sie allein können und dürfen nach deutschem Recht darüber entscheiden, welche Heizungsart zum Einsatz kommt und ob energetisch modernisiert wird. Schon jetzt sind die Heizkosten in einem energetisch schlechteren Haus im Schnitt mehr als doppelt so hoch wie in einem sanierten Haus. Die CO2-Bepreisung vergrößert diese Schere deutlich auf Kosten derjenigen Mieterinnen und Mieter, die sich keine Wohnung in einem ökologischen Haus mit klimafreundlicher Heizanlage leisten können.

Schnelles Handeln zum Schutz der Mieterinnen und Mieter und nicht zuletzt auch zum Schutz des Klimas ist daher dringend geboten!

Foto: © dedi57 / Shutterstock.com


Siebenkotten, Lukas

Bundesdirektor Deutscher Mieterbund (DMB)