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22.04.2022 Ausgabe: vdivDIGITAL 2022
Ein weiterer Artikel zum Thema Digitalisierung. Können wir das Wort überhaupt noch hören? Doch, Sie sollten weiterlesen, denn die Digitalisierung war nur der erste Schritt, um eine Firma weiterzuentwickeln. Leider birgt sie aber nicht nur Vorteile, denn es ist auch leicht – gerade im Zeitalter von Corona – die Übersicht zu verlieren. Die Mitarbeiter sitzen im Homeoffice und arbeiten „digital“, Belegprüfungen finden „online“ statt, die Techniker schauen sich via FaceTime die Schäden vor Ort an, Eigentümerversammlungen werden hybrid durchgeführt. Die Papierakte gibt es nur noch als Alibi. Und da soll ein Chef noch den Überblick behalten?
Mit diesem Artikel möchte ich Ihnen die weiteren Schritte und Vorteile der Digitalisierung aufzeigen.
Viele der eben erwähnten Fragen kontrollieren Chefs nur anhand ihres Kontoauszuges. Aber heißt das auch, dass alles „richtig“ läuft? Kann eine Firma nicht noch effektiver arbeiten? Sicherlich!
Aufschlussreiche Auswertungen
Um die Digitalisierung für das Controlling zu nutzen, müssen entsprechende Auswertungen vorgenommen werden. Wer weiß schon genau, wie hoch die tatsächlichen Kosten für ein Verwaltungsobjekt sind und ob es sich wirklich rechnet? In meiner Firma führen wir von Zeit zu Zeit diese Berechnungen durch – und sind zu erstaunlichen Ergebnissen gekommen. Zum Beispiel hat es dazu geführt, dass wir zwei Objekte mit je über 200 Einheiten gekündigt haben, weil sie absolut unwirtschaftlich waren. Diese Entscheidung war in doppelter Hinsicht positiv. Zum einen schleppt man kein Objekt mehr mit, das unwirt schaftlich ist, und zum anderen führt die Beendigung solcher Verwaltungsmandate zu einer Erleichterung bei den betroffenen Mitarbeitern, da ihnen ein wenig Stress in der täglichen Arbeit genommen wird.
Die Berechnung der Kosten je Objekt ist relativ einfach darstellbar. Es gibt inzwischen vernünftige Zeiterfassungssysteme, die dem Sachbearbeiter an die Hand gegeben werden können, aber auch mit anderen Medien sind die Zeiten einfach erfassbar. Die Telefonzeiten können zum Beispiel mittels einer „TAPI“-Schnittstelle zum ERP-System genauestens je Objekt – bis hin zur Auswertungsmöglichkeit eines einzelnen Bewohners – erfasst werden. Die Firmenfahrzeuge haben elektronische Fahrtenbücher, sodass auch die Vor-Ort-Zeiten genauestens erfasst werden können. Da die Pflege einer Zeiterfassung für den Sachbearbeiter meist schwierig umsetzbar ist, gibt es darüber hinaus aber auch andere die Anzahl der E-Mails je Objekt einen Aufschluss geben, oder die Anzahl der Vorgänge, zum Beispiel in einem Kundenportal. Die letzte Erfassungskategorie ist die Buchhaltung, wobei die Zeiten entweder über das ERP-System oder über eine entsprechende Zeiterfassung erfasst werden können.
Nun gibt es genaue Hinweise, wie hoch der Aufwand für ein verwaltetes Objekt tatsächlich ist, sodass hieraus eine tatsächlich erforderliche Verwaltungsgebühr abgeleitet werden kann. Einem Verwaltungsbeirat würden wir diese Zahlen zum Erhöhungsbeschluss vorlegen und die Gemeinschaft kann dann entscheiden, ob sie die Erhöhung akzeptieren möchte oder nicht. Lassen Sie sich hierbei aber nicht auf Diskussionen ein. Die geleistete Arbeit sollte auch ordnungsgemäß bezahlt werden.
Parallel zu der Erfassung erhalten Sie somit auch eine Möglichkeit, die Mitarbeiterzeiten zu kontrollieren und zu prüfen, ob auch im Homeoffice die Arbeitszeiten eingehalten werden. Nur am Rande möchte ich hierzu sagen, dass bei uns nicht die Quantität der Arbeitszeit, sondern die Qualität der Arbeit im Vordergrund steht und es egal ist, in welcher Zeit ein Mitarbeiter seine Arbeit ordnungsgemäß durchführt.
Ob die Qualität der Kundenbetreuung vernünftig erbracht wird, ergeben auch Auswertungen der Kundenportale. Zum Beispiel hat bei unserem Kundenportal casavi jeder Kunde die Möglichkeit, nach Abschluss der Anfrage die Bearbeitung zu bewerten, sodass wunderbar von jedem Mitarbeiter eine Kundenbewertung seiner gesamten Arbeit abgerufen werden kann.
Eine Frage der Kosten
Auf der anderen Seite sind auch die Kosten im Blick zu halten. Hier ist natürlich eine Vergleichbarkeit in der eigenen Firma schwierig. Aber zum Beispiel besteht die Möglichkeit, über das Branchenbarometer des VDIV Vergleichszahlen für bestimmte Bereiche zu bekommen. Im Branchenbarometer werden zum Beispiel die Kosten von Versicherungen, Miete usw. verglichen. Dies bietet schon einmal einen guten Anhaltspunkt, ob Ihre Kosten angemessen sind oder Optimierungsbedarf besteht. Um weiter ins Detail zu gehen, besteht auch die Möglichkeit, sich im Rahmen von ERFA-Gruppen mit Kollegen, die keine direkten Mitbewerber sind, detailliert über die Kosten auszutauschen.
Optimierte Prozesse
Aber die Digitalisierung hat auch in der täglichen Arbeit erhebliche Vorteile, weil Prozesse fast vollständig automatisiert werden können. Vor 30 Jahren teilte ein Bewohner einen Schaden per Telefon oder Brief der Verwaltung mit, dann wurde ein Auftrag per Post erteilt. Nach Erledigung des Auftrages kam wiederum per Post die Rechnung zurück. Ein Überweisungsträger wurde handschriftlich ausgefüllt und zur Bank getragen, die Rechnung wurde in die Buchhaltung gegeben, um sie dann, wenn der Betrag auf dem Kontoauszug erschien, manuell zu verbuchen. Heute ist dies ein vollautomatisierter Prozess. Im Kundenportal meldet der Kunde sehr ausführlich mittels Fotos den Schaden. Der Sachbearbeiter kann nun per Mausklick den Schaden einem Handwerker zuweisen und erzeugt einen offenen Vorgang im ERP-System. Wenn der Auftrag erledigt ist, wird die Rechnung via E-Mail oder Kundenportal dem Verwalter zugestellt. Der Prozess wird als erledigt gekennzeichnet und die Rechnungsdaten werden automatisiert per Dokumentenmanagement ausgelesen. Der Buchhalter kontrolliert die automatisch erfassten Daten und gibt die Rechnung frei. Damit ist der Vorgang komplett abgeschlossen, da dieser nun bis zur Verbuchung automatisiert ist.
Oder denken wir an das Thema Heizungsabrechnung. Hier werden die Datensätze inzwischen online mit den Heizkostenabrechnern ausgetauscht. Dies führt bis zur Übergabe der Einzelabrechnungen im PDF-Format. Diese werden nun automatisiert in das Abrechnungsprogramm des Verwalters eingelesen und hinter die Einzelabrechnung gehängt. Diese geht inzwischen auch nicht mehr per Post, sondern via Mausklick beim Verwalter direkt aus dem System an den Eigentümer.
FAZIT
Anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass Digitalisierung nicht nur das Scannen von Unterlagen bedeutet, sondern auch die Arbeitsprozesse im Verwalteralltag wesentlich vereinfacht werden können. Geschäftsinhaber und Mitarbeiter haben einen besseren Überblick und können sehen, wo sie in ihrem täglichen Arbeitsprozess stehen. Wichtig bei dem ganzen Thema „Prozesse und Controlling“ ist allerdings eine gute Vorbereitung. Wir müssen lernen, anders zu denken, und nicht einfach den Papierprozess in einen digitalen Prozess überführen. Jeder Vorgang sollte genauestens beleuchtet werden, um zu schauen, ob der Prozess an sich verändert werden muss, bevor man ihn digitalisiert.
Der Geschäftsführer der A.S. Hausverwaltungs- & Projektentwicklungs-GmbH ist Präsidiumsmitglied des VDIV Deutschland.