24.10.2019 Ausgabe: 6/19

Die Zukunft ­gemeinsam meistern - Welche Risiken und Chancen bergen Fusionen für mittelständische Unternehmen? Ein Beispiel, wie‘s funktionieren kann.

Firmenfusionen prägen das Branchengeschehen. Für viele Unternehmer sind sie DIE zentrale Wachstumsstrategie. Marktbeobachter aber bewerten unternehmerische Zusammenschlüsse eher kritisch, da die erhofften wirtschaftlichen Effekte in vielen Fällen ausbleiben. Aus eigener Erfahrung weiß ich: Die Fusion mit einem starken Partner kann für ein mittelständisches Unternehmen ein echter Gewinn sein – wenn im Vorfeld alle wichtigen Parameter auch wirklich ­stimmen.

Rund 20 Jahre war ich Geschäftsführer der Immobilienverwaltung Apropos Service im pfälzischen Dirmstein. Damit leitete ich ein kleines, modernes Dienstleistungsunternehmen mit einer gewachsenen Kundenstruktur – unabhängig und eigenständig. Obwohl der Betrieb wirtschaftlich stabil war, machte ich mir Gedanken über die Zukunft: Die Herausforderungen am Markt und bürokratische Hürden wie DSGVO, Zensus 2021 oder die Trinkwasserschutzverordnung belasteten auch mein Unternehmen. Als Geschäftsführer stand ich im Zwiespalt: Investiere ich in schnelles Wachstum, oder landet mein Betrieb infolge nicht genutzter Möglichkeiten irgendwann in wirtschaftlicher Stagnation?

Herausforderungen die Stirn bieten
Diese Situation führte zu dem Plan, das mittelständische Unternehmen gemeinsam mit einem starken Partner breiter aufzustellen – um den stetig steigenden Anforderungen besser gewachsen zu sein und um es inmitten der Konkurrenz großer Firmen und Konzerne als Hausverwaltung zukunftssicher zu positionieren. Angestrebtes Hauptziel war dabei die Steigerung des unternehmerischen Wachstums, resultierend aus der Optimierung betriebsinterner Prozesse und der Erschließung neuer Geschäftsfelder. Mit der VR Bank Südpfalz eG fand sich eine selbstständige, regional etablierte Genossenschaftsbank mit identischen Visionen als potenzieller Fusionspartner. Die Idee dazu entstand zufällig im Rahmen eines normalen Beratungsgesprächs, bei dem die Chemie einfach stimmte: Seit Jahren steht die VR Bank Südpfalz für Service-Orientierung und Beratungskompetenz, was auch die erneute Wahl zur kundenfreundlichsten Bank der Region belegt. Hier plante der Vorstand gerade, die Geschäftstätigkeit im Immobiliensektor zu intensivieren, womit sich deutliche Übereinstimmungen zweier Unternehmens­philosophien zeigten.

Für die weiteren Schritte zur Fusion nahmen sich beide Partner rund ein Jahr Zeit. Bevor die neu gegründete VR Immobilienmanagement GmbH im August 2018 ihre Geschäftstätigkeit aufnahm, mussten die EDV- und Organisationsstrukturen beider Verwaltungen erfasst, ausgewertet und angepasst werden. Die Mitarbeiter wurden für das neue umfassende Serviceangebot geschult. Heute betreut das von der VR Bank Südpfalz unabhängige und eigenständige Unternehmen rund 3 300 Wohneinheiten in der gesamten Metro­polregion Rhein-Neckar. Im Jahr 2018 gereichte es für den dritten Platz beim Immobilienverwalter des Jahres.

Synergieeffekte für alle
Die branchenübergreifende Fusion erwies sich als Win-Win-Situation: Beide Unternehmen profitieren von Angebot, Fachpersonal und Know-how des anderen. Dank der sensiblen Vorplanung stellten sich die erhofften Synergieeffekte tatsächlich ein: Tätigkeitsbereiche wurden neu strukturiert und die Effizienz auf allen Ebenen verbessert, wobei alle Arbeitsplätze erhalten blieben. Das Team profitiert bei all dem insbesondere von der Zusammenarbeit mit den Fachbereichen der VR Bank Südpfalz, der Unternehmenskommunikation, der IT- oder Rechtsabteilung und dem Kundenservicecenter. Ohne die Flexibilität und Unabhängigkeit eines mittelständischen Betriebs einzubüßen, lässt sich im Tagesgeschäft die gesamte Infrastruktur eines Großunternehmens nutzen. Zudem verteilt sich das wirtschaftliche Risiko bei strategischen Entscheidungen über Investitionen oder Neuausrichtungen an der Seite eines starken Partners künftig auf mehrere Schultern. Beides ist für ein kleines Unternehmen ein Mehrwert und ein echter Gewinn.
Und die Kunden? Auch sie profitieren: Mit zehn Mitarbeitern bietet die „Rundum-sorglos-Verwaltung“ an den Standorten Landau und Dirmstein Immobilienbesitzern heute einen Service, der über das Portfolio klassischer Immobilienverwaltungen deutlich hinausgeht: Ergänzend wurden sinnvolle Service-Bausteine der Bank und neue Zusatzleistungen hinzugefügt, die Baufinanzierung, die Immobilienvermittlung und der Service eines 25-köpfigen Hausmeister-Teams. Für alle Fragen zu Immobilien haben Kunden einen festen Ansprechpartner; die ihnen von früher vertrauten stehen ihnen aber auch nach der Fusion weiterhin zur Verfügung. Über das Kundencenter der VR Bank Südpfalz wurde die Erreichbarkeit werktags auf die Zeit von 8:00 bis 18:00 Uhr ausgeweitet. Am neuen Standort in Landau können Eigentümer aus dem Einzugsgebiet Südpfalz Anliegen rund um ihre Immobilie auf dem kurzen Wege erledigen.

Aus der gelungenen Symbiose geht eine deutlich gestärkte Marke hervor, die mit gelebtem Dienstleistungsgedanken, Effizienz und Kundennähe nicht nur an Attraktivität, sondern auch an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber klassischen Verwaltungsunternehmen gewonnen hat. Die Marktposition als heute eine der größten Immobilienverwaltungen der Region wird sich in den kommenden Jahren noch ausbauen lassen – über die Etablierung neuer Service Levels und Dienstleistungen, wenn möglich auch durch weitere Kooperationen mit neuen Partnern.

In der Ruhe liegt die Kraft

Eine erfolgreiche Fusion sollte man nicht überstürzen. Trotz oder gerade wegen meiner positiven Erfahrungen rate ich zur Achtsamkeit, denn auch ich habe meine damaligen Pläne immer wieder kritisch hinterfragt: Was passiert bei einem Zerwürfnis mit den neuen Gesellschaftern? Wie reagiere ich, wenn die Fusion nicht wie geplant verläuft? Nicht jeder hat das Glück, auf Anhieb einen Fusionspartner zu finden, mit dem die Chemie hundertprozentig stimmt. Bestenfalls sollten sich zwei unternehmerisch starke Partner immer auf Augenhöhe begegnen. „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“, hieß es schon bei Friedrich Schiller. Passt die menschliche Komponente, ist das eine gute Ausgangsbasis für die weiteren Schritte. Eine intensive Vorbereitung ist ebenso wichtig wie klare Absprachen über die künftige Ausrichtung des Unternehmens. Wer sensibel und nicht überstürzt vorgeht, minimiert die Gefahr, dass während des Fusionsprozesses Misstöne entstehen. Sie gehen meist zulasten der Kunden und guter bestehender Beziehungen. Denn Kunden erwarten zu Recht die Verwaltung ihres Eigentums durch einen kompetenten und zuverlässigen Partner ohne Störfaktoren.

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Herrmann, Markus

Geschäftsführer der Apropos-Service GmbH, die mit fünf Mitarbeitern rund 2 400 Wohneinheiten verwaltet und Mitglied im VDIV Rheinland-Pfalz-­Saarland e.V. ist