30.04.2019 Ausgabe: 3/19

Fahrendes Kraftwerk - Vielleicht ist es das Mobilitätskonzept von morgen, das in einer Münchener Garage entwickelt und Anfang März in Serienreife präsentiert wurde.

Es begann im Oktober 2012 – der Legende nach mit einem entscheidenden Telefonat, in dem sich die Abiturienten Laurin Hahn und Jona Christians sich über die Verschwendung der Ressource Erdöl unterhielten. Nicht zeitgemäß sei es, dass trotz bereits vorhandener Alternativen noch immer etwa zwei Drittel des gesamten Erdöls für die Mobilität verwendet würden. Um eine Veränderung zum Besseren zu bewirken, entschieden sich die ehemaligen Waldorfschüler, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. In einer Garage begannen sie im Jahr 2015 mit dem Bau eines Pre-Prototypen, der beweisen sollte, dass Mobilität auch anders denkbar ist, nämlich durch die Integration von Solarzellen ins Fahrzeug, das dadurch mehr Reichweite gewinnt.

Heute, gerade einmal vier Jahre, eine Unternehmensgründung und eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne später, sind die beiden Mittzwanziger Chefs des E-Auto-Start-ups Sono Motors mit 70 Mitarbeitern  und haben im Sommer 2017 bereits das erste in Serie gefertigte Elektroauto mit Solar-Integration vorgestellt – den Sion. Mehr als 200 Menschen sind an diesem Projekt beteiligt, ein Kompetenzteam aus erfahrenen Ingenieuren, Designern und Technikern, das von externen Dienstleistern, Systemlieferanten und Zulieferern unterstützt wird.

Bereit, um in Serie zu gehen

Im Rahmen eines breit angelegten Online-Releases wurden Anfang März die ersten Bilder des Sion Serien-Designs präsentiert. Im Mittelpunkt stand dabei die vollflächige Integration der Solarmodule in die Karosserie. Durch die eigens entwickelte Technologie verschmelzen die Solarzellen nahtlos mit der Fahrzeugoberfläche. Im Serienfahrzeug werden sie vollflächig integriert zum Einsatz kommen, eingebettet in strapazierfähiges und unempfindliches Polymer und an die Fahrzeugfarbe angepasst. Im Spitzenwert können sie bis zu 34 Kilometer ­zusätzliche Reichweite täglich generieren – deutlich mehr als die 17 Kilometer, die Berufspendler in Deutschland durchschnittlich zum Arbeitsort zurücklegen. Der Sion stellt die Energie dafür kostenlos bereit und ohne Ladestation. Seine bidirektionale Ladetechnologie ermöglicht es zudem, Strom nicht nur aufzunehmen und zu speichern, er kann ihn auch wieder abgeben. Über einen SchuKo-Haushaltsstecker können somit alle gängigen elektrischen Geräte mit bis zu 3,7 kW betrieben werden. Über den Typ2-Stecker können bis zu 11 kW abgegeben werden – um andere E-Fahrzeuge zu laden oder auch für Starkstromgeräte. Bei einem Tagesbedarf von 5 kWh und einer Kapazität der wassergekühlten Lithion-Ionen-Batterie von 35 kWh reicht die Energie des Sion aus, um einen Haushalt für sieben Tage mit Strom zu versorgen.

Intelligente Optionen

Mit dem Sion bringt Sono Motors nicht nur ein CO2-kompensiertes Elektroauto und das erste Serienfahrzeug mit Solar-Integration auf den Markt. Im Mittelpunkt des Fahrzeugkonzepts stehen Konnektivität und intelligente Anwendungsmöglichkeiten. Das Auto verfügt über integrierte Sharing-Optionen: Über eine App können das Fahrzeug selbst, Mitfahrten und über die bidirektionale Ladefunktion auch Energie geteilt werden. Denn, so die Überzeugung der ­Visionäre: Um die Ressourcen und die Umwelt zu schonen, muss die jährliche Fahrzeugproduktion weltweit deutlich und dauerhaft reduziert werden. Konsequenterweise werden CO2-Emissionen, die im Rahmen von Produktion und Fertigung des Fahrzeugs nicht vermieden oder reduziert werden können, vollständig ­kompensiert.

Technisch wie optisch ist das neue Mobilitätskonzept Sion durchweg vorzeigbar. 140 km/h schafft der 163 PS starke Motor mit einer Reichweite von 250 Kilometern (255 km nach WLTP-Standard). Es gibt eine Anhängerkupplung für den Lastentransport, und ein durchdachtes Innenraumkonzept. Im Cockpit liefert ein einziges Display alle relevanten Informationen, zudem gibt es ein Infotainment-­System und eine Besonderheit: Zur Luftfilterung wurde ein spezielles Moos ins Armaturenbrett integriert. Elektrostatisch filtert es bis zu 20 Prozent des Feinstaubs aus der Luft und verbessert das ­Innenraumklima – ganz ohne Pflege.

Derzeit liegen dem Unternehmen rund 9 500 angezahlte Reservierungen für den Sion vor. Das Fahrzeug wird zum Marktstart in einer Ausstattungsvariante zum Preis von 25.500 Euro ausgeliefert. Der Start der Serienproduktion ist für Ende 2019 geplant.


www.sonomotors.com

 Fotos: © Sono Motors GmbH


Körner, Andrea

Redaktion