20.01.2023 Ausgabe: 1/23

Häufig irreführend

Bei Trinkwasseruntersuchungen auf Legionellen führen selbst fachgerechte Probenahmen manchmal zu falschen Schlüssen.

Neue Erkenntnisse zeigen, dass eine große Anzahl an Legionellenuntersuchungen eine systemische Kontamination der Trinkwasserinstallation lediglich vortäuscht. Daher sind grundlegende Kenntnisse bei der Interpretation von Untersuchungsergebnissen wichtig, um unnötige und teure Vorgehensweisen sowie Sanierungen zu vermeiden. 

Die Probennahmen in Gebäuden erfolgen meist über Entnahmearmaturen und nur im Bereich der Warmwasserzirkulation über Probennahmeventile. Daher kommt diesen Bauteilen und dem Verständnis für die Rahmenbedingen einer Probenahme große Bedeutung zu. So gibt es viel zu oft Untersuchungen nach „Zweck c“, obwohl diese Vorgehensweise ausdrücklich nicht das Untersuchungsziel der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) erfüllt. Zweck c aber liefert oft überhöhte Legionellenbefunde und ist daher bei manchen Laboren beliebt.

Was bedeutet Probenahme nach DIN EN ISO 19458 Zweck b?

Legionellenuntersuchungen müssen gemäß TrinkwV auf Basis der weltweit gültigen Norm DIN EN ISO 19458 Zweck b erfolgen. Zweck b besagt, dass Strahlregler, Hand- oder Kopfbrausen zur Probenahme entfernt werden müssen. Weiterhin ist festgelegt, dass die Auslassstelle des- infiziert wird und vor der Probenahme etwas Wasser ablaufen muss. 

Diese Vorgehensweise wurde festgelegt, damit der Betreiber anschließend weiß, ob sein „System“ der Trinkwasserinstallation bei ausreichender Nutzung einwandfreies Trinkwasser liefern könnte. Der Gesetzgeber möchte also nicht wissen, ob Nutzer alle 72 Stunden jede ihrer Entnahmestellen aufdrehen, auch wenn sie dazu verpflichtet sind.

Probennahmeventile sind nicht vorgeschrieben, aber sinnvoll.

Zur Art der Probennahmestelle macht der Gesetzgeber keine besonderen Vorgaben. Er fordert lediglich „repräsentative Stellen“ und „nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik geeignete Probennahmestellen“. Demnach werden keine spezifischen Probennahmeventile gefordert. Es ist jedoch in Fachkreisen unstrittig, zumindest am Ausgang des Warmwasserspeichers (PWH) und im Rücklauf der Warmwasserzirkulation (PWH-C) ein Probennahmeventil zu verbauen, da hier keine anderen Möglichkeiten zur Probennahme be- stehen. Die weiteren Ausführungen zeigen jedoch, dass auch an Waschtischen Probennahmeventile sinnvoll sind.

Dazu ein Beispiel

In einem Objekt traten deutlich überhöhte Legionellenzahlen von bis zu 10.800 Kolonie bildende Einheiten (KBE)/ 100 ml auf (Tabelle 1). Die Probennahmen erfolgten fachgerecht über Einhebelmischer, also ohne Strahlregler und nach Desinfektion des Auslasses. Es musste ein Duschverbot ausgesprochen werden. Weiterhin fordert die TrinkwV eine Gefährdungsanalyse und sanktioniert die Unterlassung als Ordnungswidrigkeit.

Die festgestellten Befunde traten trotz einer Temperatur von mehr als 55 °C auf. Damit passten sie nicht zu den Erkenntnissen in Wissenschaft und Regelwerk über hygienisch sichere Temperaturen. Insofern wurden sie vom Autor hinterfragt, noch bevor eine Gefährdungsanalyse erfolgte. Dieses Hinterfragen von Befunden ist auch dann anzuraten, wenn un- erklärlich hohe Legionellenbefunde im Trinkwasser kalt (PWC) auftreten, obwohl die Temperatur unter 25 °C liegt.

Nachuntersuchung über Probennahmeventile

Vor der Nachuntersuchung wurden Probennahmeventile für PWC und PWH an den Eckregulierventilen derselben Waschtische nachgerüstet. Der Probennehmer wurde beauftragt,
nun erneut eine fachgerechte Probenahme über die Probennahmeventile durchzuführen. In Auftrag gegeben wurde zur Abklärung der vorherigen Befunde eine zusätzliche Proben- nahme über den Einhebelmischer, jedoch ohne vorher einen Liter ablaufen zu lassen, also abweichend von den Probennahmevorschriften.

Das ergab die Auswertung

Die Ergebnisse in Tabelle 2 bergen erheblichen Zündstoff für die Praxis. Sie zeigen, dass eine kontaminierte Armatur auch bei einer fachgerechten Probennahme mit einem Liter Ablauf noch so viele Legionellen an das Probennahmevolumen abgeben kann, dass eine systemische Kontamination der Trinkwasserinstallation lediglich vorgetäuscht wird: An keiner der über Probennahmeventile beprobten Trinkwasserinstallationen trat ein Befall mit Legionella spec. über dem technischen Maßnahmenwert auf. Demnach war die Trinkwasserinstallation von dieser Kontamination nicht systemisch betroffen. Im Gegensatz dazu traten bei fast allen direkt beprobten Einhebelmischern überhöhte Werte von bis zu 13.100 KBE/100 ml auf.

Fazit

Anhand von Wasseranalysen können oft schon die möglichen Ursachen einer Kontamination mit Legionellen erkannt werden. Häufig ist lediglich ein zu geringer Wasserwechsel über die Entnahmestellen die Ursache für überhöhte Legionellenbefunde. Dafür aber können Betreiber nicht verantwortlich gemacht werden. Solche Erkenntnisse sind wichtig für die Praxis, um unnötige Kosten für Ursachenermittlung und Abhilfemaßnahmen zu vermeiden. Im beschriebenen Fall verzichtete das zuständige Gesundheitsamt sogar auf eine Gefährdungsanalyse, da die Ursache ja bereits gefunden war.

 

Arens, Dr. Peter

Hygienespezialist und Leiter Produktmanagement bei der Schell GmbH & Co.KG Armaturentechnologie, Olpe