02.12.2022 Ausgabe: 8/22

Maximale Flexibilität

Büroflächen, die sich dem aktuellen Bedarf von Unternehmen anpassen, sind auf dem Vormarsch. 

Unternehmen verändern sich mit der Zeit und mit ihnen der Bedarf an Büroflächen. Insbesondere in Zeiten allgemeiner Umbrüche erscheint es sinnstand zu stellen. Nicht nur die Pandemie, sondern auch die fortschreitende Digitalisierung und die Grenzen der Mobili- tät rücken anpassungsfähige Modelle in den Fokus  – flexible Workspaces etwa, deren Anteil Schätzungen zufolge in den nächsten zehn Jahren schon rund 20 Prozent der Büroflächen in Europa ausmachen könnten.

Ein Anbieter mit derzeit sieben Objekten in Berlin ist Scaling Spaces. Martin Ballweg, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens, erklärt das Geschäftsmodell im Interview.

Herr Ballweg, was bietet Scaling Spaces an?
Scaling Spaces sieht sich als Ökosystem flexibler. Unser Fokus liegt auf Zuverlässigkeit, Effizienz und Hochwertigkeit bei gleichzeitig maximaler Flexibilität für unsere Kunden. Für unsere Services nutzen wir sowohl eigens angemietete und entwickelte Flächen als auch Büros, die wir im Auftrag an- derer Unternehmen anbieten, z. B. als White-Label-Konzept

Das bedeutet konkret?
Wir übernehmen alle Leistungen für professionelles Arbeiten als One-Stop-Lösung oder auch in einzelnen Bausteinen. Je nach den Wünschen unserer Kunden kann das die Suche nach geeigneten Büroflächen sein, aber auch die Möblierung, das Catering oder der komplette Betrieb des Büros. Wir können auch als Immobilienmanager für Vermieter oder über unsere App als Anbieter von ungenutzten Büroräumen agieren. Dabei integrieren wir teilweise externe Services und digitale Lösungen. So schaffen wir für alle Parteien – vom Büronutzer bis zum Eigentümer – eine nahtlos integrierte Bürowelt, die immer passt und funktioniert, auch wenn sich die Anforderungen an das Büro ändern.

Ist es denn für Unternehmen überhaupt noch zeitgemäß, Büroflächen mit einer festen Größe vorzuhalten?
Man muss sich eigentlich fragen, ob es denn überhaupt jemals zeitgemäß war, eine feste Bürogröße vorzuhalten. Unternehmen und ihre Anforderungen haben sich schon immer kontinuierlich verändert. Das ist quasi die Natur des Unternehmertums. Unternehmen wachsen, schrumpfen, verändern ihr Angebot, die Personalstruktur, ihre geographische Ausrichtung und viele weitere Aspekte. Natürlich gab und gibt es auch Ausnahmen, aber im Großen und Gan- zen dürfte eine auf viele Jahre komplett fixe Bürofläche und - struktur wohl für kaum ein Unternehmen die optimale Lösung darstellen.

Der Trend scheint sich aber aktuell zu verstärken
Ja, das Ungleichgewicht zwischen Kundenanforderung und traditionellem Mietangebot zeigt sich in den letzten Jahren deutlicher als früher. Einer der Gründe ist das Entstehen innovativer, wachstumsstarker Unternehmen oder Geschäfts- modelle, die schnelle Anpassungen auch bei Immobilien erfordern. Auch das Bedürfnis der Mitarbeiter nach Remote Work bzw. Homeoffice bringt neue Herausforderung für die Flächenplanung mit sich. Die Covid-19-Pandemie war aus meiner Sicht nur der „Brandbeschleuniger“, der diese längerfristigen Trends quasi über Nacht erzwungen hat.

In der Konsequenz bedeutet das, dass feste Bürogrößen zu einem gewissen Teil und für bestimmte Unternehmen sicherlich immer zeitgemäß sein können, und zwar in dem Sinne, dass sie einen Grundbedarf an Bürofläche abdecken. Sie müssen aber flexibilisiert, ergänzt und mit Services verknüpft werden, um die heutigen Büroanforderungen opti- mal erfüllen zu können. Die Reise geht ganz klar hin zu mehr Flexibilität.

Was spricht nach Ihrer Erfahrung als Anbieter von Co-Working-Spaces für mehr Flexibilität in der Raumnutzung?
Ich möchte hier zunächst eine kleine, aber wichtige Unter- scheidung machen: Wir verstehen uns selbst als Anbieter von flexible Office Spaces. Unsere Kunden haben bei uns in der Regel eigene Büros, teilweise eigene Etagen oder sogar ganze Gebäude. Damit bleiben für unsere Kunden die Privatsphäre und die eigene Identität gewahrt. Das ist aus unserer Sicht essenziell für ein professionelles und auch längerfristig genutztes Büro, zumindest für Firmen oder Teams ab einer gewis- sen Größe.

Unter Co-Working-Spaces im klassischen Sinne sind Flächen zu verstehen, in denen sich mehrere Parteien Räume teilen. Dieses Produkt bieten wir zwar auch an, es richtet sich aber eher an Einzelpersonen oder kleine Teams und macht nur einen geringen Teil unserer Gesamtfläche aus.

Das flexible Konzept ist unter anderem deshalb erfolgreich, weil es die Probleme adressiert, die ich eben mit Blick auf feste Bürogrößen erläutert habe – also in erster Linie sich immer wieder verändernde Raumanforderungen. Gerade bei unseren Kunden, deren Spektrum von Start-ups über Mittelständler bis hin zu großen Konzernen reicht, sehen wir diese Faktoren tagtäglich. Über unsere App können wir jeden einzelnen Raum der Kunden intern buchbar ma-chen. Die dadurch mögliche flexible Raumnutzung kann insgesamt zu einem geringeren Flächenbedarf und damit zu Kosteneinsparungen führen. Zudem werden Mitarbeiter dazu motiviert und emanzipiert, ihr Arbeitsumfeld freier zu gestalten und sich aktiv für den Weg ins Büro zu entscheiden. Wir gehen daher davon aus, dass flexible Bürokonzep- te die Zufriedenheit der Mitarbeiter fördern, (Unternehmens-)Ressourcen schonen und letztlich zu einem größeren Unternehmenserfolg beitragen können.

Können Sie ein Kostenrechnungsbeispiel aufmachen: Büroraum pro Mitarbeiter im Unternehmen vs. Arbeitsplatz im Co-Working-Space?
Wir rechnen unsere Büros nach Arbeitsplätzen ab. Die Preise liegen bei ca. 400 bis 600 Euro monatlich pro Arbeitsplatz. Darin ist alles enthalten, von der Ausstattung über
die Nebenkosten bis hin zu einer Auswahl an Lebensmitteln und zahlreichen Mitarbeitervorteilen wie Sportprogrammen und Events. Damit sind wir sehr kompetitiv im Vergleich zu konventionellen Mietmodellen, deren Kosten teilweise deutlich darüber liegen. Jedes Unternehmen kann das für sich selbst am besten einordnen bzw. berechnen. Dabei müssen Mieterherkömmlicher Büroflächen zusätzlich die fehlende Flexibilität berücksichtigen. Bindet man sich mit so einem Mietvertrag, besteht ein Kostenfaktor, auch wenn die Fläche ungenutzt bleibt, zu klein wird, also nicht passt – und das über Zeiträume von meist mehreren Jahren.

Über die flexible Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen hinaus: Welche Vorteile bietet das Konzept noch?
Unsere Kunden müssen sich um nichts kümmern, was die Büros betrifft, und können sich voll auf ihr Geschäft konzentrieren. Einfach einziehen und sofort loslegen. Wir sorgen dafür, dass der Bürobedarf unserer Kunden zu jeder Zeit erfüllt wird, die Infrastruktur stimmt und vor allem ihre Mitarbeiter und Besucher zufrieden sind. Das messen wir natürlich auch und freuen uns über einen Gesamt-Score von 4,4 auf einer Skala von 1 bis 5, der aus mehreren Tausend Feedbacks an den Terminals in unseren Gebäuden über die letzten Jahre resultiert.

Sehen alle Räume gleich aus?
Wir setzen auch viele individuelle Wünsche um, z. B. Möbel- Upgrades, bei der Gestaltung der Büros und bei Zusatzausstattung. Das alles läuft für unsere Kunden über eine Miete,
verringert damit den Investitionsaufwand und vor allem die langfristige Bindung an eine Mietfläche.

Unser Konzept lässt sich auch auf Flächen übertragen, die wir nicht selbst angemietet haben. So können wir z. B. die Büros anderer Unternehmen flexibilisieren und leerstehende Flächen für eine partielle Untervermietung nutzbar machen. Diese Leistung bieten wir unter der Bezeichnung „Reverse Flex“ an. Oder wir werden beauftragt, um einen Teil eines Bürokomplexes als Flex Space für alle Mieter eines Objekts nutzbar zu machen und somit insgesamt die Attraktivität der Immobilie zu steigern.

Wie hat sich die Nachfrage in letzter Zeit entwickelt?
Nach einem kurzen Tief während der Covid-Pandemie hat sich der Markt sehr stark erholt und entwickelt, wie wir es erwartet haben. Schließlich weiß ja kaum noch jemand, was die Zukunft bringt, sei es mit Blick auf das eigene Unterneh- men, die Covid-Bestimmungen zu Büro-/Heimarbeit oder auf Krisen wie den Ukraine-Krieg und den Energiemangel. In unsicheren Zeiten wird Flexibilität umso bedeutender. Nichtsdestotrotz bemerken wir aktuell eine wieder zunehmende Zurückhaltung bei der Anmietung von Büros. Das verwundert kaum, da Arbeitnehmer im Winter vermehrt das Homeoffice nutzen und auch die Situation in der Ukraine viele Unternehmen tief verunsichert. Ich gehe jedoch davon aus, dass auch dies nur vorübergehend sein wird und spä- testens im Frühjahr der Markt wieder deutlich anzieht.

Aus welchen Branchen haben Sie den größten Zulauf?
An unserer Kundenstruktur hat sich über die Jahre eigentlich kaum etwas geändert. Wir hatten von Beginn an einen guten Mix aus Unternehmen aller Größen und Entwicklungsstufen, vom kleinen Start-up bis hin zu Konzernen wie Shell und Arvato. Die größte Gemeinsamkeit ist, dass viele unserer Kunden neue Produkte entwickeln, insbesondere digitale Lösungen.

Welche weiteren Pläne verfolgen Sie?
Für uns ist nun der nächste Schritt, wieder neue Standorte in den Blick zu nehmen. Vor allem möchten wir unser erfolg- reiches Betriebskonzept zusätzlich an „externen“ Standorten etablieren, also als Managed Space/White-Label-Lösung für andere Parteien.

Körner, Andrea

Redaktion

Ballweg, Martin

Gründer und Geschäftsführer der Scaling One GmbH, die in Berlin Scaling Spaces betreibt.