15.10.2019 Ausgabe: 5/19

Neuregelungen im Teilzeitrecht - Was hat es mit der seit Anfang des Jahres möglichen Brückenteilzeit auf sich?

Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts ab Anfang 2019 einen neuen Anspruch auf befristete Teilzeit, die sogenannte Brückenteilzeit geschaffen. Ferner wurden die Regelungen zur Arbeit auf Abruf konkretisiert. Ein Kurzüberblick über die wichtigsten Änderungen:

Arbeit in Brückenteilzeit
Zusätzlich zu dem schon seit Langem bestehenden Anspruch auf dauerhafte Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) gilt in Unternehmen ab 45 Arbeitnehmern ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit für ein bis fünf Jahre. Die Beschäftigung mit der veränderten Arbeitszeit muss nicht auf dem gleichen Arbeitsplatz erfolgen; der Arbeitgeber kann im Rahmen seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts eine gleichwertige Arbeit zuweisen. Nach der Brückenteilzeit kehrt der Arbeitnehmer zu der Arbeitszeit zurück, die vor der Brückenteilzeitarbeit geschuldet wurde.

Für Unternehmen mit bis zu 200 Arbeitnehmern (Kopfzahl) gilt eine Zumutbarkeitsgrenze, d. h. sie können den Antrag ablehnen, wenn pro angefangene 15 Arbeitnehmer bereits mindestens ein Arbeitnehmer in Brückenteilzeit arbeitet. Stichtag für die Berechnung ist der Tag des geplanten Beginns der Brückenteilzeit. Andere Teilzeitbeschäftigungen als Brückenteilzeit werden nicht auf die Zumutbarkeitsgrenze angerechnet.

Während der Brückenteilzeit besteht kein einseitiger Anspruch auf Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit oder auf die vorzeitige Rückkehr zur früheren Arbeitszeit. Ist der Arbeitnehmer zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückgekehrt oder hat der Arbeitgeber den Teilzeitantrag aufgrund der Zumutbarkeitsgrenze abgelehnt, kann ein neuer Antrag frühestens nach einem Jahr gestellt werden. Nach Ablehnung aus betrieblichen Gründen gilt (wie bei der zeitlich nicht begrenzten Teilzeit) eine Zweijahresfrist.

Wie bei der zeitlich nicht begrenzten Teilzeitarbeit kann der Arbeitgeber einen Antrag auf Brückenteilzeit auch ablehnen, wenn der Bewilligung betriebliche Gründe entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht.

Zwar müssen Beschäftigte ihre Gründe für den Wunsch nach Brückenteilzeit nicht nennen – es empfiehlt sich aber stets ein offenes Gespräch zu führen; vielleicht ist ja auch ohne Teilzeit mit flexiblerer Arbeitszeit oder Homeoffice eine Lösung zu finden.

Im Übrigen entsprechen die Voraussetzungen und Verfahren den Regelungen, die auch für den Anspruch auf unbegrenzte Teilzeit gelten:

  • Das Arbeitsverhältnis besteht bereits länger als sechs Monate.
  • Die Antragstellung erfolgt mindestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn in Textform.
  • Es besteht eine Erörterungspflicht des Arbeitgebers mit dem Arbeitnehmer über dessen Teilzeitwunsch, um zu einer Vereinbarung zu gelangen.
  • Spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn muss der Arbeitgeber die Entscheidung schriftlich (also nicht nur in Textform) mitteilen, ansonsten gilt die Brückenteilzeit als nach den Wünschen des Arbeitnehmers festgelegt.

Verlängerung der Arbeitszeit
Nach bisher geltendem Recht muss ein Arbeitnehmer, der seine Arbeitszeit verlängern möchte, bevorzugt berücksichtigt werden, wenn er beweisen kann, dass ein entsprechender freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht und er dafür zumindest genauso qualifiziert ist wie andere Bewerber. Der Arbeitgeber trug bislang die Beweislast lediglich dafür, dass dem Verlängerungswunsch dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer in Teilzeit beschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen.

Die Neufassung des § 9 TzBfG ändert die Beweislast: Der Arbeitgeber muss nun auch nachweisen, dass ein entsprechender freier Arbeitsplatz fehlt oder der Arbeitnehmer über eine unzureichende Eignung verfügt. Die Entscheidung über die Einrichtung oder Wiederbesetzung von Arbeitsplätzen, inklusive Stellenzuschnitt und Lage der Arbeitszeit, obliegt aber nach wie vor der Organisationsentscheidung des Arbeitgebers. Er ist nicht verpflichtet, einen Arbeitsplatz nach den Wünschen des Teilzeitbeschäftigten neu zu schaffen oder Arbeitsplätze zusammenzulegen. Ein freier Arbeitsplatz ist dann nicht gegeben, wenn der Arbeitgeber lediglich Arbeitsvolumen zur Erhöhung der Arbeitszeit von Teilzeitarbeitnehmern zur Verfügung stellt.

Der Arbeitgeber muss ggf. beweisen, dass der Arbeitnehmer für die Besetzung des freien Arbeitsplatzes nicht gleichermaßen geeignet ist wie die von ihm bevorzugte Person. Wie bislang kann der Arbeitgeber einen Verlängerungswunsch ablehnen, wenn dem dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer Teilzeitbeschäftigter entgegenstehen, z. B. wenn der Arbeitsplatz aus rechtlichen Gründen an einen anderen Arbeitnehmer vergeben werden muss – beispielsweise bei Rückkehr aus der Elternzeit.

Betriebsrat
In § 7 TzBfG wird ein allgemeiner Erörterungsanspruch für Arbeitnehmer über den Wunsch nach einer Änderung der Dauer oder der Lage bzw. der Dauer und der Lage ihrer vertraglichen Arbeitszeit eingeführt, und zwar unabhängig vom Umfang der Arbeitszeit und unabhängig davon, wie viele Arbeitnehmer der Arbeitgeber beschäftigt. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, den Betriebsrat zur Unterstützung/Vermittlung hinzuzuziehen. Ferner muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über Erörterungswünsche der Arbeitnehmer informieren.

Arbeit auf Abruf
Wird in einem Abrufarbeitsverhältnis keine konkrete Wochenarbeitszeit vereinbart, galt bis 2018 eine Wochenstundenzahl von zehn als vereinbart. Diese Zahl wurde ab 2019 auf 20 verdoppelt. Daneben darf der Anteil der vom Arbeitgeber zusätzlich (einseitig) abrufbaren Arbeit nicht mehr als 25 Prozent der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit betragen. Ist eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber maximal 20 Prozent weniger Arbeit abrufen als vereinbart.

Hier ist auch mit Blick auf die Sozialversicherungsbeiträge Vorsicht geboten: Im Sozialversicherungsbeitragsrecht gilt das Entstehungsprinzip; d. h. die Sozialversicherungsbeiträge richten sich grundsätzlich nach dem Entgelt, auf das der Arbeitnehmer einen Anspruch erworben hat (und nicht nach dem, das ihm brutto zufließt). Wenn in einem Abrufarbeitsverhältnis keine konkrete Wochenarbeitszeit vereinbart ist, also die gesetzliche Fiktion von 20 Wochenstunden gilt, entsteht auch ein Vergütungsanspruch aus 20 Stunden zugunsten des Arbeitnehmers, selbst wenn tatsächlich weniger Stunden zur Auszahlung kommen. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag entsteht folglich aus der Vergütungshöhe von 20 Stunden („Phantomlohn“). Auch geht ein etwaiges Geringverdienerprivileg verloren, denn beim seit 1.1.2019 geltenden Mindestlohn von 9,19 Euro pro Stunde beträgt das monatliche Mindesteinkommen für 20 Wochenstunden 795,85 Euro.

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Schwartz, Tobias

Der Fachanwalt fur Arbeitsrecht sowie fur Handels- und Gesellschaftsrecht ist in der LKC Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Munchen-Bogenhausen tätig.
www.lkc.de