07.09.2020 Ausgabe: 5/20

Ordnungsgemässes Vorgehen bei der Verwalterbestellung

(BGH, Urteil vom 24.1.2020 – V ZR 110/19)

DAS THEMA
Wie muss eine Verwalterbestellung vorbereitet werden, um dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung zu entsprechen? Mit diesem Thema und insbesondere der Frage, wie mit einzuholenden Vergleichsangeboten zu verfahren ist, beschäftigte sich der BGH vorliegend wie folgt:

DER FALL
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 14. November 2017 bestellten die Wohnungseigentümer die T. GmbH per Beschluss zur Verwalterin. Gegen diesen Beschluss wurde eine Anfechtungsklage vor dem Amtsgericht erhoben. In Anbetracht dieser Anfechtungsklage berief die T. GmbH mit Schreiben vom 4. Februar 2018 unter Hinweis auf die Beauftragung durch den Verwaltungsbeirat eine außerordentliche Eigentümerversammlung für den 20. Februar 2018 mit folgender Tagesordnung ein: „Bestellung der T. GmbH zur Verwalterin der Wohnanlage für den Zeitraum 01.01.2018 bis einschließlich 31.12.2021; Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirats zum Vertragsabschluss mit der T. GmbH nach Vorgabe des bisherigen Verwaltervertrags mit der E. Hausverwaltung.“

Dem Einladungsschreiben nicht beigefügt waren Vergleichsangebote anderer Interessenten für das Verwalteramt. Dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 20. Februar 2018 zufolge berichtete der Verwaltungsbeirat vor der Beschlussfassung, dass neben dem Angebot der T. GmbH zwei weitere Angebote eingeholt worden seien, die zur Einsichtnahme zur Verfügung stünden, nämlich die der Immobilienverwaltungen L. und K. mit Preisen von 23,20 Euro und 25,00 Euro pro Wohnung/Monat. Das Angebot der T. GmbH sei identisch mit dem der bisherigen E. Hausverwaltung in Höhe von 19,64 Euro pro Wohnung/Monat. Auf dieser Grundlage spreche sich der Verwaltungsbeirat für die T. GmbH aus.

Die Wohnungseigentümer beschlossen auf dieser Erkenntnisgrundlage erneut, die T. GmbH zur neuen Verwalterin zu bestellen und bevollmächtigten den Verwaltungsbeirat zum Abschluss des Verwaltervertrags nach Vorgabe des bisherigen mit der E. Hausverwaltung.

Hiergegen richtete sich die Anfechtungsklage der Kläger, die das Amtsgericht abgewiesen hat. Auch das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen, jedoch die Revision zugelassen. Nun wollten die Kläger weiterhin erreichen, dass die Beschlüsse über die Wahl der Verwalterin und die Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirats zum Abschluss eines Verwaltervertrages für ungültig erklärt werden – mit Erfolg. Der BGH hob das Urteil des LG Nürnberg-Fürth auf und änderte es dahingehend ab, dass er die in der außerordentlichen Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse über die Verwalterbestellung und die Bevollmächtigung des Verwaltungsbeirats zum Abschluss des Verwaltervertrags für ungültig erklärte.

Nach Ansicht des BGH hat das Berufungsgericht zwar rechtsfehlerfrei angenommen, dass vor der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer über die Bestellung eines neuen Verwalters Alternativangebote einzuholen sind. Dadurch soll gewährleistet werden, dass sie ihre Entscheidung im Rahmen des ihnen zustehenden Spielraums auf einer hinreichend fundierten Tatsachengrundlage treffen können. Rechtsfehlerhaft hingegen war die Annahme, es sei für die Neubestellung eines Verwalters ausreichend, dass die Angebote der Bewerber erst in der Eigentümerversammlung vor der Beschlussfassung in ihren Eckpunkten bekannt gegeben und zur Einsichtnahme bereitgehalten werden. Hingegen ist es regelmäßig geboten, den Wohnungseigentümern die Angebote der Bewerber, jedenfalls aber deren Namen und die Eckdaten der Angebote innerhalb der Einladungsfrist gemäß § 24 Abs. 4 S. 2 WEG zukommen zu lassen. Zu den Eckdaten gehören die vorgesehene Vertragslaufzeit und die Vergütung, wobei darzustellen ist, ob eine Pauschalvergütung oder eine Vergütung mit mehreren Vergütungsbestandteilen angeboten wird.

Nur so kann gewährleistet werden, dass den Eigentümern genügend Zeit eingeräumt wird, umfassende Kenntnis über die vorliegenden Alternativen zu erlangen und sich vorzubereiten, um in der Versammlung selbst eine fundierte Entscheidung zu treffen. Nur bei rechtzeitiger Übermittlung der Unterlagen können Eigentümer, für die der Verwalter wichtige und weitreichende Funktionen wahrnimmt und der regelmäßig für mehrere Jahre bestellt wird, einen tragfähigen Vergleich verschiedener Angeboten anstellen und die Leistungen beurteilen. Hierfür reicht es eben nicht aus, den Wohnungseigentümern die Namen der zur Wahl stehenden Bewerber und ihre Angebote oder deren Eckdaten erstmalig in der Versammlung zur Verwalterwahl bekannt zu geben.

Verwalter­strategie
Das WEG gibt keine Auskunft darüber, welche Informationen ­Wohnungseigentümern innerhalb der Einladungsfrist zu einer ­Eigentümerversammlung gemäß § 24 Abs. 5 S. 2 WEG zur Verfügung gestellt werden müssen. Verwaltungen ist daher zu raten, frühzeitig so umfassend wie ­möglich über zur Beschlussfassung anstehende Themen zu informieren. Nur so können Rechtsstreitigkeiten wie die vorliegende ­vermieden werden, weil Beschlüsse auf Basis der Grundsätze ordnungs­gemäßer ­Verwaltung gefasst werden.

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Warken, Victoria E.

Dr. Susanne Schießer
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein, München.

Victoria E. Warken
Die Rechtsanwältin ist in derselben Kanzlei schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des gewerblichen Mietrechts tätig.
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