18.04.2023 Ausgabe: 3/23

Patentlösung für die Wärmewende?

Wann sich Wärmepumpen für die energetische Sanierung im Gebäudebestand eignen

Wenn es in Nachrichten oder Fachartikeln um moderne Heizungstechnik geht, wird derzeit scheinbar allgemeingültig zum sprechend lang sind die aktuellen Lieferzeiten für diese haustechnischen Anlagenteile. Nicht selten warten Kunden bis zu sechs Monate auf den Einbau durch eine Heizungsbau-Fachfirma.

Aber kann diese zweifelsohne interessante Technik auch uneingeschränkt im Gebäudebestand – und hier insbesondere in größeren Anlagen wie Mehrfamilienhäusern – eingesetzt werden? Die von Bundesregierung und EU-Kommission benannten Klimaziele machen die schnelle Abkehr von fossilen Energieträgern unabdingbar, kombiniert mit einer möglichst flächendeckenden energetischen Sanierung des Wohnimmobilienbestandes. Hierbei geht es sowohl um die anlagentechnische als auch die bauliche Aufwertung bestehender Gebäude.

Gut bestückte Förderlandschaft

Für energetische Sanierungen im Gebäudebestand gibt es derzeit massive Förderanreize – für den nachträglichen Einbau dieser Technologie, aber auch für weitere regenerative Anlagentechnik und Wärmedämmmaßnahmen. Für den Einbau einer Wärmepumpe erhalten Antragsteller einen nachträglich ausgezahlten Zuschuss von mindestens 30 bis 40 Prozent der gesamten Brutto-Baukosten, wenn im Zuge dessen auch der bestehende fossile Heizungserzeuger ausgetauscht wird.

Begrenzt sind diese Zuwendungen auf jährlich ansetzbare Brutto-Baukosten von 60.000 Euro je Wohneinheit, maximal 600.000 Euro pro Wohnobjekt. Ebenso werden planerisch begleitende Arbeiten von Ingenieuren gefördert, mit bis zu 50 Prozent der Honorarkosten.

Wann sind Wärmepumpen effizient?

Ursprünglich war der Einsatz von Wärmepumpen – und zwar mit Luft-Wasser-, Wasser-Wasser- oder Sole-Wasser-Technologie – auf neu errichtete Gebäude beschränkt. Sie weisen einen hohen baulichen Wärmedämmstandard auf und flächige Installationen zur Wärmeübergabe, also Fußboden-, Wand- und Deckenheizungen. Unter diesen baulichen Bedingungen arbeiten Wärmepumpen besonders effizient und decken die verminderte Heizlast im zu versorgenden Gebäudevolumen. D. h. die sogenannte Jahresarbeitszahl liegt im optimalen Bereich, und die Wärmepumpe kommt ohne nennenswerten zusätzlichen Strombezug aus.

Was gilt im Bestand?

Im Gebäudebestand gibt es für den Austausch der ursprünglichen Heizungsanlage gegen eine Wärmepumpe andere Entscheidungskriterien. Allgemein gilt für alle Wärmepumpen: Der Antrieb erfolgt immer unter Einsatz von Strom. Der dafür notwendige Strombedarf ist entscheidend für die Wirtschaftlichkeit einer Wärmepumpe und spiegelt sich in der Jahresarbeitszahl wider. Wesentlich sind niedrige Heizkreistemperaturen – möglichst 35 bis 38 °C als Vorlauftemperatur –, und zur Warmwasserbereitung müssen 60 °C bereitgestellt werden können.

Alle Arten von Wärmepumpen benötigen eine bauliche Verbindung, also Rohrleitungen und Kabel, die von außen in das Gebäude führen. Eine Ausnahme bilden innen aufgestellte Luft-Wasser-Wärmepumpen, die aufgrund ihrer Leistungsgrenzen bisher aber hauptsächlich für Ein- und Zweifamilienhäuser geeignet sind. Die führenden Hersteller von Wärmepumpen-Technologie arbeiten allerdings verstärkt daran, den Einsatz mehr und mehr für den großvolumigen Gebäudebestand zu ermöglichen.

Die technischen Herausforderungen des Einsatzes von Wärmepumpen im Gebäudebestand liegen also vor allem in der Bereitstellung erforderlicher Heizwassertemperaturen für Heizung und Warmwasser. Je höher die raumweise Heizlast ist, desto eher wird die Wärmepumpe an ihre Leistungsgrenze stoßen, unwirtschaftlich laufen bzw. die notwendigen Temperaturen nicht bereitstellen können, wenn zudem die Wärmeübergabe unverändert bleibt, also weiterhin über bestehende Heizkörper oder Radiatoren erfolgt.

Alternativ können zur Wärmeübergabe neu entwickelte Wärmepumpen-Heizkörper eingesetzt werden, die jedoch einen Stromanschluss für den Betrieb benötigen. Ebenso sinnvoll ist es, zur Deckung einer hohen Heizlast die Wärmepumpe (als Grundlast) mit einem Gas-Brennwert-Kessel (zur Deckung der Spitzenlast) zu kombinieren. Zudem kann der für die Wärmepumpe benötigte Strom teils über eine Photovoltaik-Anlage gewonnen werden.

Die verschiedenen Technologien

Die meisten marktüblichen Wärmepumpen, die unter den beschriebenen Voraussetzungen eingesetzt werden, nutzen die folgenden Quellen für die Gewinnung der Heizenergie:

Wasser-Wasser-Wärmepumpen nutzen das Grundwasser als Energiequelle. Ihr Einsatz ist bei oberflächennahem Grundwasser sinnvoll. Voraussetzung: Das zuständige Wasserwirtschaftsamt erteilt die Genehmigung dazu, die alle 20 Jahre nach dem Grundwasserhaushaltsgesetz erneuert werden muss.

Sole-Wasser-Wärmepumpen nutzen mithilfe von Sonden die konstante Erdreichtemperatur zur Beheizung. Ein zuvor erstelltes Bodengutachten gibt Aufschluss über die jeweils zu erwartende Entzugsleistung. Daran bemisst sich die Anzahl und Tiefe der für die Sonden vorzunehmenden Bohrungen.

Luft-Wasser-Wärmepumpen nutzen die Energie der Umgebungsluft als Beheizungsgrundlage. Daher sind hier der Aufstellort (Außentemperaturen) und die Lage (Schallreflektionen) zu umgebenden Flächen wesentlich. Bei dichter Innenstadtbebauung sind die Vorgaben der örtlichen Bauämter zu beachten. Luft-Wasser-Wärmepumpen können z. B. auf Flachdächern installiert werden.

Fazit

Der Einsatz von Wärmepumpen ist zumindest im Neubau längst marktüblicher Standard. Geht es um die anlagentechnische Aufwertung des Gebäudebestandes, muss der Einsatz dieser Technologie differenzierter betrachtet werden. Je nach baulichem Wärmedämmstandard, installierter Wärmeübergabe und zu beheizendem Volumen kommen Wärmepumpen, insbesondere mit Luft-Wasser-Technik, aktuell noch an ihre Leistungsgrenzen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese technologischen Einschränkungen in Zukunft immer weiter abgebaut werden können.

Strobel, Arne

Architekt FH, Energieberater, Sachverständiger für Schäden an Gebäuden, www.archi-net.info

Tomke, Ines

Ingenieurbüro Ines Tomke für Heizung, Lüftung, Sanitär www.ibtomke.de