23.07.2020 Ausgabe: 4/20

Pflichten eines Bauträger-Verwalters im Mangelfall – hier: „Falscher Putz“

(BGH, Urteil vom 19.7.2019, Az. V ZR 75/18)

DAS THEMA
Dieser Fall, den der BGH zu entscheiden hatte, handelt von einem sogenannten „Bauträger-Verwalter“ – einem Verwalter, der zugleich Bauträger der Wohneinheiten ist. Dass es hier, insbesondere bei eventuell auftretenden Mängeln bei Errichtung der Wohnungen, zu einem Interessenkonflikt zwischen der Funktion als Verwalter und der Funktion als Bauträger kommen kann, ist offensichtlich. Welche Pflichten der Bauträger-Verwalter im Fall eines Feuchtigkeitsschadens hat, der unzulänglich beseitigt wurde, thematisiert folgendes Urteil.

DER FALL
Der Kläger ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Beklagte war Geschäftsführer der R-GmbH (Bauträgerin), die die Häuser saniert und im Jahr 2006 in Wohnungseigentum aufgeteilt hatte. Der Beklagte wurde von der Wohnungseigen­tümergemeinschaft zum Verwalter bestellt. Mit Vertrag vom 15. Juni 2011 kaufte der Kläger die Wohnung Nr. 1 und wurde in der Folgezeit als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Auf der Grundlage eines am 25. Mai 2011 gefassten Beschlusses der Wohnungseigentümer beauftragte der Beklagte den Sachverständigen P mit der Begutachtung des Gemeinschaftseigentums im Hinblick auf verbliebene Mängel. Der Sachverständige stellte u. a. Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung Nr. 1 fest und empfahl „dringend weiterführende Untersuchungen“. Das Gutachten wurde in der Eigentümerversammlung vom 16. November 2011 erörtert. Im Dezember 2011 wurde die Wohnung an den Kläger übergeben; hierbei machte er den Beklagten auf Feuchtigkeit in der Wohnung aufmerksam. In der Eigentümerversammlung vom 20. Januar 2012 sagte die Bauträgerin, vertreten durch den Beklagten, die Behebung der Mängel aus dem Gutachten des Sachverständigen P bis zum 30. August 2012 zu. Mit einem an den Beklagten als Verwalter gerichteten Schreiben vom 8. November 2012 erklärte die Bauträgerin, wiederum vertreten durch den Beklagten, die Mängel behoben zu haben; als Ursache der Feuchtigkeitsschäden wurde „falscher Putz“ benannt, der nun erneuert worden sei.

Im Jahr 2014 beauftragte der Kläger einen weiteren Sachverständigen W. Dieser empfahl in seinem Gutachten vom 26. August 2014 eine umfassende Sanierung und erklärte die Wohnung des Klägers für unbewohnbar. Das Gutachten war Gegenstand der Eigentümerversammlung vom 8. Dezember 2014. Im selben Monat wurde der Beklagte als Verwalter abberufen. Im August 2015 schloss die Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Bauträgerin einen Vergleich, wonach die Mängel am Gemeinschaftseigentum mit 100.000 Euro abgegolten wurden.

Der Kläger hat von dem Beklagten in dessen Eigenschaft als ehemaliger Verwalter Schadensersatz i. H. v. 29.427,78 Euro für Schäden an Gegenständen in der Wohnung, die Kosten für die Anmietung einer Ersatzwohnung von März 2015 bis Oktober 2016 und Gutachter- bzw. Rechtsanwaltskosten verlangt. Zudem wollte er die Feststellung erreichen, dass der Beklagte ihm zum Ersatz weiterer feuchtigkeitsbedingter Schäden verpflichtet ist.

Die Klage ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben. Der Senat ließ die Revision zu. Diese hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

Der BGH bejaht im Gegensatz zum Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten aus § 280 Abs. 1 BGB, da nach Ansicht des BGH der Beklagte seine Pflichten aus dem Verwaltervertrag verletzt hat. Zwar wurde dieser mit der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossen, doch entfaltet er eine Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Eigentümer, sodass diese Ansprüche daraus ableiten können.

Zu den Pflichten des Verwalters aus § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG gehört die Überwachung von Instandsetzungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr. Hier sei angemerkt, dass ein Bauträger-Verwalter dem Verwalter gleichgestellt ist und dieselben Rechte und Pflichten hat, wobei bei einem etwaigen Interessenkonflikt zwischen der Tätigkeit als Verwalter und der des Bauträgers den Wohnungseigentümern Vorrang einzuräumen ist. Zudem ist ein Verwalter grundsätzlich verpflichtet, wie ein Bauherr im Interesse der Wohnungseigentümer sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind; für ihn erkennbare Mängel muss er hierbei berücksichtigen. Sind beschlossene und beauftragte Sanierungsarbeiten für ihn erkennbar teilweise unerledigt geblieben, muss er nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG die vollständige Durchführung veranlassen. Dasselbe gilt für Mängelbeseitigungsmaßnahmen des Bauträgers, vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG.
Teilt der Bauträger mit, einen Mangel beseitigt zu haben, darf sich der Verwalter nicht in jedem Fall darauf beschränken, diese Mitteilung zur Kenntnis zu nehmen und an die Wohnungseigentümer weiterzuleiten. Hat der Verwalter Anhaltspunkte dafür, dass ein Mangel am Gemeinschaftseigentum entgegen einer Erklärung des Bauträgers nicht beseitigt ist, muss er die Wohnungseigentümer hierüber unterrichten und auf einen sachgerechten Beschluss über das weitere Vorgehen hinwirken.

Der Beklagte hat hier gegen seine Verwal­terpflichten verstoßen, indem er seiner Kontrollpflicht nicht nachgekommen ist. Zudem hat er es unterlassen, die Wohnungseigentümer über Anhaltspunkte für ein Fortbestehen des Mangels zu unterrichten und sie in die Lage zu versetzen, einen sachgerechten Beschluss über das weitere Vorgehen zu fassen. Der Beklagte hat es unterlassen zu kontrollieren, ob die Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung Nr. 1 beseitigt worden waren. Das Vertrauen darauf, dass eine Fachfirma beauftragt worden war, reichte nicht aus, da begründete Zweifel an der Beseitigung der Mängel bestanden. Der Beklagte hätte alles Weitere in die Wege leiten müssen (inklusive Unterrichtung der Wohnungseigentümer sowie eventuelle Entscheidung über die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegen die ausführende Firma aufgrund des zweiten Gutachtens vor Eintritt der Verjährung), um seinen Verwaltervertrag ordnungsgemäß zu erfüllen. Dies wurde unterlassen.

Verwalter­strategie
Insbesondere Verwaltern, die zugleich Bauträger ihrer verwalteten Wohneinheiten sind, sei dieses Urteil ans Herz gelegt: Es unterstreicht die Wichtigkeit der sorgfältigen Trennung zwischen der Eigenschaft als Bauträger und der Eigenschaft als Verwalter, um beide Aufgaben gewissenhaft und rechtsfehlerfrei erfüllen zu können. Es gilt, vor allem bei auftretenden Mängeln Interessenskonflikte zu vermeiden, nicht zuletzt, da der BGH der Eigenschaft als Verwalter aufgrund der Schutzwürdigkeit der verwalteten Wohnungs­eigentümer den Vorrang gibt.

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.