09.03.2021 Ausgabe: 1/21

Schlüsselrolle - Immobilien treiben die Mobilitätswende voran. Wie man jetzt von Fördergeldern profitiert.

Mit der Elektromobilität stehen nicht nur der Automobilbranche Jahre des Wandels ins Haus. Auch die Immobilienwirtschaft muss sich auf die neue Art der Mobilität einstellen. Getrieben wird diese Entwicklung von neuen Förderprogrammen, durch die Gesetzgebung und Verordnungen auf europäischer und staatlicher Ebene. Dazu gehören etwa das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) und das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastrukturgesetz (GEIG).

So fordert der Gesetzgeber, bei Neubauten und umfassenden Renovierungen auch Lade­infrastruktur für Elektroautos zu berücksichtigen. Für Immobilienverwaltungen scheint dies auf den ersten Blick mit Mehraufwand verbunden zu sein – der sich langfristig allerdings auf mehreren Ebenen auszahlen wird. Denn selten sind Investitionen in Zukunftstechnologien so risikolos wie bei der Elektromobilität: Der Umstieg auf Elektroautos ist politisch beschlossen, die Fahrzeugmodelle der Hersteller werden immer vielfältiger und günstiger, die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung steigt von Tag zu Tag. Im November 2020 wurden 28.965 Elektrofahrzeuge neu zugelassen, ein Anstieg um 522,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.

Immobilieneigentümer, -verwaltungen, Eigentümergemeinschaften, Projektentwickler und das Baugewerbe insgesamt können davon ausgehen, dass eine installierte Ladeinfrastruktur zur Steigerung des Objektwerts beiträgt. Damit können sich die Investitionskosten für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Ladelösung schnell wieder amortisieren.

Mit Fördergeldern besser fahren
Hinzu kommt, dass der Bund im Rahmen eines neuen Förderprogramms nun erstmals auch die Installation intelligenter privater Ladestationen an Wohngebäuden bezuschusst. Die Förderung gilt für den „Erwerb und die Errichtung einer fabrikneuen, nicht öffentlich zugänglichen Ladestation inklusive des Anschlusses (Netzanschluss) sowie damit verbundene notwendige Nebenarbeiten an Stellplätzen von bestehenden Wohngebäuden in Deutschland“, heißt es im KfW-Merkblatt. Beantragen können sie Eigentümer und Mieter sowie Eigentümergemeinschaften, Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und Bauträger seit dem 24. November 2020. Der Zuschuss beträgt pauschal 900 Euro pro Ladepunkt und muss vor Erwerb der Ladestation bei der KfW beantragt werden. Pro Ladepunkt heißt explizit, dass z. B. Doppellader mit Anschlüssen für zwei Elektroautos mit 1.800 Euro gefördert werden oder dass Wohnungs­eigentümergemeinschaften, die zehn Ladepunkte auf einmal aufbauen, 9.000 Euro erhalten. Ein Grund mehr, sich jetzt mit der Planung und dem Aufbau einer Lademöglichkeit zu beschäftigen, um von dieser Förderung zu profitieren.

Aller Anfang: gute Planung
Das Ziel ist die Errichtung einer zuverlässig funktionierenden und zukunftssicher ausgelegten Ladeinfrastruktur, welche die heutigen Anforderungen erfüllt, aber auch den künftig anstehenden Elektroauto-Markthochlauf bereits berücksichtigt, und das zu möglichst überschaubaren Kosten für Aufbau und Betrieb. Um das zu erreichen und die optimale Lösung für eine Immobilie zu finden, ist eine gute Planung unerlässlich.

Der Aufbau von Ladeinfrastruktur umfasst sehr viel mehr, als „nur“ einige Wallboxen an die Wand zu schrauben und zu verkabeln. Gerade in größeren Immobilien stellt eine optimale Ladelösung ein weit verzweigtes Ökosystem mit etlichen Wechselbeziehungen und Abhängigkeiten dar. Gleich zu Beginn sollten daher grundlegende Fragen wie diese geklärt werden: Wie viele Stellplätze sollen elektrifiziert werden – heute und in Zukunft? Welche Ladestationen werden allen Anforderungen gerecht und sind zugleich zukunftssicher? Welche Ladeleistung wird benötigt, und welche ist vorhanden? Oder aber: Soll ein Lade- und Energiemanagement zur Reduzierung der Investitions- und laufenden Kosten implementiert werden? Generell gilt: Wer schon heute die Zukunft im Blick hat, erspart sich später womöglich wesentlich höhere Änderungskosten.

Elektrotechnisch gibt es unterschiedliche Optionen für den Aufbau von Ladelösungen. Nahe liegend ist es, die Ladestationen mit dem Stromzähler in der jeweils zugehörigen Wohnung zu koppeln. Das allerdings bringt wegen der langen und komplizierten Kabelwege höhere Kosten mit sich, verteuert den Betrieb und erschwert eine intelligente und netzdienliche Steuerung der Ladevorgänge deutlich. Optimal hingegen ist es, die gesamte Ladeinfrastruktur von den Wohnungen abzukoppeln und schon direkt hinter dem Netzanschluss einen eigenen E-Mobilitätsabgang einzurichten. Dies ermöglicht den Einsatz eines intelligent steuerbaren Lade- und Energiemanagementsystems und ist maßgeblich für Kosteneinsparungen bei Installation und Betrieb. Trotz der Trennung von den jeweiligen Wohnungen wird der Ladestrom der Nutzer mit dieser Lösung auf den Cent genau digital abgerechnet.

Intelligentes Lastmanagement senkt Kosten
Sollen mehrere Elektroautos in oder an einem Gebäude laden, ist ein Lastmanagementsystem unabdingbar und ab einer Gesamtleistung von 12 kVA (entspricht bereits einer 11 kW starken Wallbox) gesetzlich vorgeschrieben. Lastmanagement bedeutet, die verfügbare Ladeleistung unter Berücksichtigung der gesamten Gebäudelast optimal auf alle zu ladenden Elektroautos zu verteilen. Auf diese Weise wird der Netzanschluss nicht überlastet und Leistungsspitzen können zusammen mit Investitions- und Betriebskosten reduziert werden. Ein weiterer Pluspunkt: Um die pauschale Bundesförderung von 900 Euro pro Ladepunkt vollständig zu erhalten, was abgelehnt wird, wenn die Gesamtkosten den Zuschussbetrag unterschreiten, kann unter anderem auch ein Lade- und Energiemanagementsystem berücksichtigt werden. Bei entsprechender Schnittstellenarchitektur der Ladelösung ist auch die Integration anderer gebäudetechnischer Systeme, etwa einer Photovoltaik-Anlage, jederzeit möglich. Eigentümer können hierbei auch Einsparpotenziale nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) einplanen, wonach Nutzer von E-Fahrzeugen von niedrigeren Netzentgelten profitieren, wenn sie die Zustimmung zu einer netzdienlichen Steuerung ihrer Ladeeinrichtung erteilen.

Full Service oder selbst betreiben?
Generell gibt es für Aufbau und Betrieb von Ladeinfrastruktur zwei Möglichkeiten: das Auslagern an einen externen Full-Service-Anbieter oder eine Kooperation mit einem Anbieter von E-Mobility-Lösungen, womit Immobilienverwaltungen selbst zum Betreiber werden. Jede Option hat Vorteile.

Bei der Auslagerung an einen Full-Service-Anbieter bleibt der selbst zu erbringende Aufwand überschaubar, da sich dieser eigenständig um Aufbau und Betrieb kümmert. Dabei können Kunden allerdings nur wenig Einfluss auf die Ausgestaltung der Ladelösung und mögliche Optimierungen nehmen. Über einen langfristigen Gestattungsvertrag mit dem Dienstleister und regelmäßige Zahlungen werden alle Leistungen rund um die Ladelösung abgegolten.

In Zusammenarbeit mit einem E-Mobility-Lösungsanbieter kann die Ladelösung sowohl gemeinsam als auch weitestgehend in Eigenregie aufgebaut und betrieben werden. Zwar ist der Initialaufwand hier etwas höher, Kunden behalten aber jederzeit die Entscheidungsfreiheit, die Ladeinfrastruktur flexibel, herstellerneutral und modular an wachsende Anforderungen anzupassen. Ein weiterer Vorteil: Kunden profitieren voll von Einsparpotenzialen beim Aufbau und Betrieb der Ladelösung. Eine selbst in­stallierte Ladeinfrastruktur steigert zudem nachhaltig den Wert der Immobilie.

Vehicle to Grid, die Zukunft
Neben der Wertsteigerung birgt die Installation einer Ladelösung noch weiteres Potenzial, das erst in einigen Jahren zum Tragen kommen wird: Vehicle to Grid (V2G), also vom Fahrzeug zum Netz, nutzt die Fahrzeugbatterien dafür, den Strom auch wieder ans Netz abzugeben, etwa um Lastspitzen auszugleichen. Derartige Dienste werden Netzbetreiber zukünftig großzügig entlohnen. Diese Technologie, mit der pro Jahr und Fahrzeug ein hoher dreistelliger Betrag erwirtschaftet werden kann, wird in einigen Pilotprojekten bereits von The Mobility House getestet. Die Branche geht davon aus, dass bis zum Jahr 2025 die gesetzlichen Rahmenbedingungen für V2G geschaffen sind und die Technologie auch für private Nutzer erschwinglich geworden ist. Die Elektromobilität stellt somit auch für Immobilienverwaltungen eine große Chance dar, die sich mit dem breiten Roll-out der Elektromobilität und der intelligenten Vernetzung der Sektoren der Energiewirtschaft noch weiter potenzieren werden.

Foto: © Paul Craft / Shutterstock.com


Neumann, Sven

Key Account Manager beim Technologieunternehmen The Mobility House, das Lösungen für den Einstieg in die Elektromobilität anbietet.
www.mobilityhouse.com