03.12.2021 Ausgabe: 8/21

Sehen und gesehen werden - Sind Videokonferenzsysteme wie Zoom für Eigentümerversammlungen geeignet? Datenschützer äußern Bedenken.

Videokonferenzsysteme haben vor allem während der Pandemie Einzug in den Alltag gehalten. Weit verbreitet sind entsprechende Lösungen amerikanischer Unternehmen. Diese Tools sind bediener­freundlich und einfach verfügbar. Praktisch parallel dazu räumt das novellierte Woh-nungseigentumsgesetz nun die Möglich­keit ein, an Eigentümerversammlungen im Wege elektronischer Kommunikation teil­zunehmen. Welche Tools aber sind dafür geeignet, und worauf ist bei ihrem Ein­satz zu achten? Eins der wohl am meisten genutzten, Zoom, haben Datenschützer bereits unter die Lupe genommen.

Mängel im Auftragsverarbeitungsvertrag
Die Berliner Datenschutzbehörde hat Zoom geprüft und kam zu dem Ergeb­nis, dass der Auftragsverarbeitungsvertrag Mängel aufweist, dass in diesem Vertrag die Weisungsbindung, die Löschpflicht und die Kontrollrechte unzulässig eingeschränkt werden und dass unzulässige Datenexporte stattfinden. Deshalb hält auch die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informati­onsfreiheit die Verwendung von Zoom für datenschutzrechtlich bedenklich. Die kom­plette Bewertung mit dem Titel „Hinweise für Berliner Verantwortliche zu Anbietern von Videokonferenzdiensten“ ist online einsehbar: https://t1p.de/wwhn

Zweifel an Einwilligung
Dass eine Behörde etwas als bedenklich ein­stuft, reicht unseres Erachtens nicht aus, um die Rechtmäßigkeit der Nutzung abschlie­ßend zu beurteilen. Daher haben wir selbst geprüft, ob die Nutzung von Zoom für die Durchführung von Eigentümerversammlun­gen zulässig ist. Ausgangspunkt: Bei Video­konferenzen werden personenbezogene Daten verarbeitet. Unabhängig davon, ob die Gemeinschaft oder die Verwaltung oder beide Verantwortliche im Sinne des Daten­schutzes sind, gilt, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten eine Rechts­grundlage haben muss. Als Rechtsgrund­lage kommt lediglich die Einwilligung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 S. 1a Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Betracht. Eine „Einwilligung“ der betroffenen Per­son ist jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissver­ständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der diese Person zu erkennen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist. Problematisch ist hier die Formulierung „in informierter Weise“. Beim Studium der Datenschutzhinweise in Zoom fällt auf, dass eine Datenübertragung in die USA mög­lich ist. Für die Übertragung von Daten in ein Drittland und insbesondere in die USA hat der Europäische Gerichtshof mit dem sogenannten Schrems-II-Urteil neue Vor­aussetzungen definiert: Voraussetzung für die datenschutzkonforme Nutzung von Zoom ist die Vereinbarung weitergehen­der Garantien oder die ausdrückliche infor­mierte Einwilligung in die Übermittlung in die USA.

FAZIT UND KONSEQUENZEN
Daraus folgt: Der Videokonferenzdienst Zoom dürfte nicht ohne Weiteres für die Durchführung von Eigentümerversammlungen geeignet sein. Denn was, wenn die Software trotz der oben genannten Bedenken aus Gründen der Praktikabilität ohne besondere Einwilligung oder weitergehende Garantien verwendet wird? Wir können dies nicht empfehlen: Die deutschen Daten-schutzbehörden stehen dem sehr kritisch gegenüber, und zwar nicht nur in Berlin. Auch das Bayerische Landesamt für Datenschutz hat Bedenken gegen die Verwendung von Zoom geäußert. Dort geht man außerdem davon aus, dass die WEG-Verwaltung Verantwortliche für diesen Datenverarbeitungs­vorgang ist und somit Adressat behördlicher Anordnungen.

Wir empfehlen daher die genaue Prüfung der Videokonferenzdienste durch Fachleute für Datenschutz! Des Weiteren raten wir dazu, die Durchführung von Versammlungen ebenfalls mit Fachleuten für Datenschutz, aber auch für Wohnungseigentumsrecht abzustimmen. Insbesondere muss geklärt sein, wer wann gezeigt, wie angesprochen und wie gehört werden darf, und wel­che Beschlüsse dazu gefasst werden müssen oder dürfen.

Gündel, Katharina

Die Fachanwältin für Miet- und ­WEG-Recht ist in der Kanzlei Groß Rechtsanwälte tätig.
www.gross.team