23.01.2019 Ausgabe: 1/19

Smarte Perspektiven

Wie sieht sie aus, die Zukunft der Verbrauchs­messung und -abrechnung?

Um mit ihren Angeboten für die Wohnungs­wirtschaft am Puls der Zeit zu sein, entwickeln Messdienstleister ihre Services kontinuierlich weiter. So werden die Verbrauchsdaten der Nutzer heute bereits zunehmend aus der Ferne ausgelesen, anstatt einmal jährlich vor Ort an Heizkostenverteilern und Wasserzählern in den Wohnungen. Der Termin mit dem Ableser entfällt; das macht es nicht nur Bewohnern, sondern auch vielen Verwaltungen leichter. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen der Wohnungswirtschaft ihre Prozesse digitalisieren – auch in Hinblick auf kommende gesetzliche Vorgaben. So wird mit der Novelle der EU-Energieeffizienz-Richtlinie (Energy Efficiency Directive, EED), die voraussichtlich in den kommenden Monaten verabschiedet wird, die Fernablesung zum Standard. Die EED schreibt nämlich vor: Ab 2020 installierte Zähler und Kostenverteiler sollen fernablesbar sein, wenn dies technisch machbar und kosteneffizient durchführbar ist. Bereits installierte, nicht fernablesbare Zähler und Kostenverteiler sollen bis 2027 mit dieser Funktion nachgerüstet oder durch fernablesbare Geräte ersetzt werden. Das Ziel: Ab 2022 sollen Hausbewohner unterjährige Verbrauchsinformationen erhalten, vorausgesetzt, die erforderliche ­Messtechnik ist im Haus verfügbar.

Wie aber, mit welchen Geräten und ­Infrastrukturen, lässt sich dies technisch darstellen? Und welche Lösungen bieten die Messdienstleister dazu an? „Wohin geht die Reise?“, fragten wir die auf diesem Gebiet tätigen DDIV-Premiumpartner, und sie zeigen hier ihre Perspektiven auf:

ista: komfortable Erfassung – heute und in Zukunft

Moderne Endgeräte verfügen nicht nur über einen integrierten Sender, sondern auch über einen Empfänger. Auf dieser Basis lassen sich Funksysteme realisieren, bei denen die Endgeräte untereinander kommunizieren. Dies ermöglicht die professionelle Ablesung, Umprogrammierung oder Überprüfung der Heizkostenverteiler und Zähler ohne Betreten der Wohnung bzw. Liegenschaft. Eine solche Lösung stellt das Funksystem symphonic sensor net des Immobiliendienstleisters ista dar. Hier werden sämtliche Verbrauchsdaten automatisch erfasst und drahtlos übertragen. Dazu baut die Lösung nur gelegentlich ein Netzwerk auf, über das die Daten der Endgeräte an eine zentrale Kommunikationseinheit weitergeleitet werden. Sie sendet die Verbrauchswerte per Telekommunikation an ein Rechenzentrum, wo die abrechnungsbezogene ­Weiterverarbeitung erfolgt.

Diese durchgehende elektronische Kommunikationskette vom Endgerät bis zur Abrechnung sorgt für eine ebenso schnelle wie fehlerfreie Datenerfassung. Gleichzeitig werden die Daten häufiger als einmal im Jahr erfasst, was auch im Fall eines Mieterwechsels eine stichtaggenaue Abrechnung ermöglicht.

Die automatische Fernauslesung von Verbräuchen dient zudem als Basis für weitere Dienstleistungen und Services. So hat ista einen ganzheitlichen Standard für die digitale Verwaltung und Heizkostenabrechnung von Gebäuden entwickelt, der neben der termingerechten Verbrauchsablesung unter anderem die unterjährige Funktionsprüfung der eingesetzten Mess- und Verteilgeräte ermöglicht. Eine zentrale Rolle spielt das Webportal für Vermieter, über das sich sämtliche abrechnungsrelevanten Daten komfortabel verwalten und übermitteln lassen.

Verbrauchserfassung per NB-IoT

Noch einen Schritt weiter geht eine Technologie, die den Wohnungssektor mittelfristig revolutionieren dürfte: NB-IoT, das Kürzel steht für Narrow Band Internet of Things, ermöglicht die Vernetzung von Endgeräten über das Internet und zeichnet sich dabei durch eine hohe Gebäudedurchdringung aus. So lässt sich selbst Messtechnik in Tiefgaragen automatisch auslesen. Gemeinsam mit der Deutschen Telekom evaluiert ista derzeit das Potenzial von NB-IoT für die schnelle und sichere Datenübertragung in Mehrfamilienhäusern.

Perspektivisch lässt sich auf Grundlage der Technologie zudem eine breite Vielfalt weiterer Anwendungsfelder realisieren, von denen Verwalter, Eigentümer und Mieter gleichermaßen profitieren können: Von Smart Building-Ansätzen wie Energiemonitoring und -management auf Gebäudeebene bis hin zur zeitnahen Visualisierung von Energieverbräuchen für die Bewohner ist einiges denkbar. Ebenso könnten Zugangsrechte und -kontrollen für Gebäude bzw. Wohnungen automatisch verwaltet oder Tiefgaragenplätze zugeteilt werden. Der Digitalisierung von Gebäuden sind keine Grenzen gesetzt.


KALO: Synergien durch Vernetzung und Integration

Die Hamburger KALORIMETA GmbH bietet eine vernetzte Infrastruktur für Messdienstleistungen sowie intelligente Analyse- und Abrechnungslösungen an. Das Portfolio umfasst unter anderem die Verbrauchsdatenerfassung und -analyse sowie die integrierte Abrechnung von Heiz- und Betriebskosten. Dabei setzen die Hamburger konsequent auf digitale Anwendungen, beispielsweise integrierte Abrechnungslösungen in Kooperation mit Wodis Sigma und anderen Anbietern, den automatischen Rechnungs-Workflow oder den Service kaloPRINT, der Druck und Versand von Heiz- und Betriebskostenabrechnung übernimmt. Um die Abrechnung für Verwalter weiter zu vereinfachen, kooperiert KALO mit der Verwaltungsplattform etg24. Ist sie in einer Verwaltung im Einsatz, kann KALO Informationen zur Heizkostenabrechnung oder anderen Dienstleistungen direkt in das Portal, und Verwalter können die Dokumente Bewohnern bzw. Eigentümern zeitnah digital zur Verfügung stellen. So entfallen der sonst sehr zeitintensive Bearbeitungsprozess, die Portokosten sowie der mögliche Medienbruch mit Datenverlust.

Vernetzte Infrastrukturen

Mit Blick auf die für die Branche unausweichliche Digitalisierung liegt die Zukunft in der modernen Automatic-Meter-Reading-Funktechnologie (AMR) und für Open-Metering-Systeme (OMS) zertifizierten Geräten sowie in nicht-proprietären Systemen. Über eine solche vernetzte Infrastruktur werden die erfassten Verbrauchswerte von Funk-Heizkostenverteilern, Funk-Wasserzählern und Funk-Wärmezählern über Netzwerkknoten und Gateways sicher und direkt an den Messdienstleister übermittelt. Das verringert nicht nur den Aufwand, sondern steigert auch die Qualität und die Schnelligkeit der Abrechnungen, insbesondere in Kombination mit integrierten Abrechnungslösungen. Der Einsatz von Funktechnologie und intelligenten Anwendungen entlastet Verwaltungen in vielen Bereichen, zugleich bringt er neue Services hervor, die das Leistungsspektrum erweitern, aber auch neue Anforderungen wie die des EED erfüllen können: Hier kommt die von KALOs dänischem Schwesterunternehmen KeepFocus entwickelte App „Cards“ ins Spiel. Sie visualisiert kontinuierlich und zeitnah das Nutzerverhalten und motiviert mit individuellen Benchmark-Sets zum bewussteren und sparsameren Verbrauch. In Dänemark ist die App bereits erfolgreich im Einsatz.

Minol: Auf dem Weg zur Smart City

Messdienstleister Minol bietet mit dem smarten Funksystem Minol Connect die Grundlage für digitale Prozesse in der Verwaltung. Es vernetzt die Messtechnik und die Rauchwarnmelder in den Wohnungen, aber auch andere Endgeräte und Sensoren, die für die Bewirtschaftung, den Komfort und die Sicherheit in Wohngebäuden relevant sind, und liest deren Daten aus. Das können etwa Verbrauchszähler auf Hausebene, Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren oder Smart-Home-Lösungen sein. Die Daten werden über ein zentrales Gateway in eine sichere, in Deutschland betriebene Cloud übertragen und stehen dann für webbasierte Anwendungen zur Verfügung. Minol Connect ist ein offenes System, das auf dem internationalen Standard LoRaWAN (Long Range Wide Area Network) basiert. So lassen sich Endgeräte unterschiedlicher Hersteller in das gleiche Netz integrieren.

Unterjährige Verbrauchsinformation

Über dieses System sind Hausbewohner immer über Verbrauchswerte und die Kostentendenz für ihre Wohnung informiert, können so ihr Nutzungsverhalten ändern, um Energie und Kosten zu sparen. Aber auch Verwalter haben den Energieverbrauch ihrer Gebäude mittels Energiemonitoring stets im Blick. Darüber hinaus lassen sich Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren in das Netz einbinden, um Schimmel vorzubeugen oder Leckagen schneller zu erkennen. Nicht zuletzt macht die Fernauslesung auch die klassische Heizkostenabrechnung schneller und komfortabler: Weil alle Verbrauchswerte pünktlich zum Stichtag vorliegen, sind Verbrauchsschätzungen nicht mehr erforderlich, viele Rückfragen und ­Reklamationen von Nutzern erübrigen sich.

Erweiterte Funktionen

Smarte Funksysteme sind aber auch ausbaufähig und könnten künftig weitere Funktionen übernehmen, z. B. im Bereich Ambient Assisted Living: Solche Assistenzsysteme, die Personen orten oder Gesundheitsdaten übermitteln, schaffen Voraussetzungen, damit ältere oder behinderte Menschen möglichst lange selbstständig in ihrer Wohnung leben können.

Digitale Prozesse, Cloud Services und Fernauslesung bedeuten also nicht nur einen Quantensprung für die Qualität der Abrechnung und eröffnen viele neue Möglichkeiten. Sie gestalten die Zukunft der Wohnungswirtschaft und stehen dabei erst am Anfang: Gebäude werden künftig nicht mehr nur Immobilien zum Wohnen oder zur gewerblichen Nutzung sein – sie werden vernetzt und damit zu Bindegliedern und Bestandteilen eines zunehmend digitalisierten Lebens in der Smart City.

Foto: © blackzheep / Shutterstock.com


Körner, Andrea

Redaktion