14.10.2020 Ausgabe: 6/20

Stauwarnung! Ab 1. Januar 2021 müssen Aufzüge über ein Notrufsystem oder ein sogenanntes Zwei-Wege- Kommunikationssystem verfügen. Mehr als die Hälfte aller Anlagen sind noch nachzurüsten.

Ein Zwei-Wege-Kommunikationssystem stellt sicher, dass in einem Aufzug eingeschlossene Personen direkt Kontakt mit einem Notdienst aufnehmen können. Viele ältere Anlagen verfügen nur über einen Alarmknopf, der in der Regel ein Not­signal in unmittelbarer Nähe des Aufzugs auslöst. Bis Ende 2020 müssen alle Anlagen mit einem Zwei-Wege-Kommunikationssystem ausgerüstet sein. „Die Vorgaben der Betriebssicherheitsverordnung sind eindeutig“, so Dieter Roas, Leiter Fördertechnik der TÜV SÜD Industrie Service GmbH. „Wenn bei der vorgeschriebenen jährlichen Prüfung kein geeignetes Kommunikationssystem vorhanden ist, muss dies beanstandet werden.“ Die zuständige Behörde ist zudem ermächtigt, ein Bußgeld zu verhängen, wenn der Betreiber der Anlage bzw. der Arbeitgeber seiner Verpflichtung nicht nachgekommen sein sollte. TÜV SÜD rät Betreibern, sich rechtzeitig um die Nachrüstung von Bestandsanlagen zu kümmern. Dafür gibt es einfache und günstige technische Lösungen.

Hier droht der Auftragsstau
Obwohl die gesetzlichen Vorgaben und die Frist seit über vier Jahren bekannt sind, wurde bisher erst ein geringer Teil der Bestandsanlagen nachgerüstet. „Bei unseren Prüfungen können wir feststellten, dass rund 30 Prozent der Bestandsanlagen immer noch über kein Zwei-Wege-Kommunikationssystem oder ein Notrufleitsystem verfügen“, erklärt Roas. Dabei lassen sich die gesetzlichen Vorgaben bei Bestandsanlagen nach Aussage des TÜV-Experten schon durch günstige Gegensprechanlagen oder fest angebrachte Telefone erfüllen. Ein umfangreiches Notrufsystem wie bei neuen Aufzügen ist für Bestandsanlagen nicht zwingend vorgeschrieben. Die Anforderung für ein Zwei-Wege-Kommunikationssystem betrifft alle überwachungsbedürftigen Aufzüge. Darunter fallen Anlagen zur Personenbeförderung sowie Plattformlifte oder Befahranlagen mit einer Förderhöhe von über drei Metern, wenn darin Personen eingeschlossen werden können.

Unabhängige Prüfung von Aufzügen
Aufzüge gehören zu den überwachungsbedürftigen Anlagen. Die Anforderungen an sie sind in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) geregelt. Diese schreibt unter anderem vor, dass Aufzüge in einem jährlichen Intervall durch eine unabhängige Zugelassene Überwachungsstelle (ZÜS) geprüft werden müssen. Durch die unabhängige Prüfung können Mängel erkannt und abgestellt werden – ein wesentlicher Beitrag zum hohen Sicherheitsniveau von Aufzügen und anderen überwachungsbedürftigen Anlagen in Deutschland.

Dem zuletzt im Sommer 2019 vom TÜV-Verband vorgelegten Anlagensicherheits-Report zufolge wurden im Zuge der gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsprüfungen von Aufzügen im Jahr 2018 rund 3.100 Anlagen wegen „gefährlicher Mängel“ sofort stillgelegt. Bei Kontrollen der unabhängigen
Prüforganisationen zeigen sich immer wieder gefährliche Mängel wie beschädigte Absturzsicherungen oder auch defekte Notrufsysteme, die Menschen in akute Gefahr bringen können. Bei rund 73.500 weiteren Aufzügen entdeckten die Prüfer „sicherheitserhebliche Mängel“, die eine Reparatur der Anlagen erfordern, aber keine sofortige Stilllegung. Das entspricht zwölf Prozent aller 587.500 im Betrieb geprüften Aufzüge. Mit der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung der Anlagen im Internet of Things entstehen neue Gefahren durch Cyberangriffe. Noch fehle es aber an gesetzlichen Regelungen, die eine unabhängige Prüfung solch kritischer Systeme ermöglichen.

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Körner, Andrea

Redaktion