18.04.2023 Ausgabe: 3/23

Viel Potenzial

Die Solarstromgewinnung auf deutschen Dächern ist durchaus ausbaufähig. Aber wie holt man die Energie vom Dach?

Photovoltaiksysteme haben laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) auf Deutschlands Dächern ein technisches genutzt wird, zeigt sich an den bisher meist installierten Aufdachanlagen, die Hausdächern nur bedingt zur Zier gereichen. Zwar werden diese Anlagen immer zierlicher, weil die inzwischen dünneren modernen Siliziumwafer nicht mehr das bisherige solide Ständerwerk erfordern, sondern auf Schienensystemen aus Aluminium montiert werden können. Der großflächige Ausbau berge jedoch die Gefahr, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung für Photovoltaiksysteme schwinden könnte, so das Fraunhofer-Institut, das sich auch der Forschung an Alternativen widmet: Neben Aufdachanlagen geht es dort auch um dachintegrierte Photovoltaikanlagen und Solarziegel. Wo liegen die Vor- und Nachteile?

Dachintegrierte Photovoltaikanlagen

Solche Anlagen, die in die Dachhaut integriert werden und ganz oder teilweise die konventionelle Dacheindeckung ersetzen, zählen zu den gebäudeintegrierten Systemen. Als Photovoltaik-Paneele kommen sie außer auf Dächern auch an Balkonbrüstungen und Fassaden zum Einsatz. Auf Dächern haben diese Systeme den Vorteil, dass sie zumindest im Neubau so manchen Arbeitsschritt und Material einsparen: Die Dacheindeckung und die Installation der Photovoltaikmodule kann in einem erfolgen. Auch wenn zur Montage des Photovoltaik-Generators Spengler oder Dachdecker hinzugezogen werden müssen, ist dies immer noch weniger aufwendig, als wenn nach der Dacheindeckung die Konstruktion für die Solaranlage auf die Dachhaut aufgesetzt werden muss. Das gilt im Übrigen auch für Dachsanierungen: Ist zugleich eine Photovoltaikanlage geplant, kann durch die Montage von Indach-Modulen Material für die neue Dacheindeckung eingespart werden. Weil sich dies auch finanziell bemerkbar macht, wird sich die neue Solaranlage schneller amortisieren.

Die flachen Indach-Photovoltaikmodule, die es in verschiedenen bei Dächern üblichen Farbtönen gibt, werden direkt auf die Dachlatten montiert und fügen sich nahtlos in die übrige Dacheindeckung. Dabei bieten sie zusätzlichen Schutz der Dachhaut vor Witterungseinflüssen und wegen des flachen Aufbaus auch keine Angriffsfläche für Wind. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass die Indach-Module das Gewicht auf die gesamte Fläche verteilen. Bringt ein einzelnes herkömmliches Solarmodul etwa 20 Kilogramm auf die Waage, ist die Indach-Montage insbesondere für alte Gebäude, in denen Dachsparren mit geringer Tragfähigkeit verbaut sind, eine Alternative. Auf Bitumen- und Blechdächern allerdings können solche Module nicht verbaut werden, zudem nur auf Dachkonstruktionen, deren Neigungswinkel der Sonneneinstrahlung nicht angepasst werden muss. Und dann gibt es noch etwas zu bedenken: Da Indach-Module keinen Abstand zum Dach haben, sind sie nicht oder nur schlecht hinterlüftet, werden schnell heiß und büßen dann an Leistung ein, sodass eine zusätzliche Kühlung empfohlen wird.

Im Neubau montierte Indach-Module, deren Leistungsdauer Hersteller mit zwölf bis 25 Jahren angeben, kosten etwa zehn bis 20 Prozent mehr als herkömmliche PV- Module. Davon lassen sich die Kosten für die eingesparte Dacheindeckung abziehen. Pro kWp installierter Leistung ist mit rund 1.400 bis 2.000 Euro zu rechnen.

Solardachziegel

Optisch noch unauffälliger als die Indach-Photovoltaikmodule sind Solardachziegel. Gefertigt aus Keramik, Kunststoff oder Schiefer, sind sie von herkömmlichen Dachziegeln kaum zu unterscheiden. Es sind eigentlich kleine Solarmodule, jedes mit einer eigenen amorphen oder monokristallinen Solarzelle, die – und das macht die Sache etwas aufwändiger – einzeln verdrahtet werden müssen, sich aber im Falle eines Defekts auch einzeln aus dem Verbund lösen und ersetzen lassen. Gewicht und Größe gleichen in etwa denen herkömmlicher Dachziegel, womit sie keine besonderen Anforderungen an die Dachstatik stellen. Um ein Dach zu decken, werden sie wie konventionelle Ziegel verwendet. Im Bestand empfehlen sie sich eigentlich nur, wenn ohnehin eine komplette Dachsanierung ansteht, weil zuvor die bestehende Dacheindeckung vollständig entfernt werden muss. Optisch aber eignen sie sich insbesondere für denkmalgeschützte Gebäude oder für stark verwinkelte Dachkonstruktionen, auf denen großflächige Module keinen Platz finden. In jedem Fall muss das Dach die für die Sonneneinstrahlung optimale Neigung und Ausrichtung haben.

Solardachziegel an sich ist nicht neu auf dem deutschen Markt, sondern wurden bereits in den 1990er Jahren erstmalig angeboten. Mit dem Niedergang der hiesigen Solarbranche vor rund zehn Jahren verschwanden sie auch wieder. Erst seit Kurzem werden sie von einigen Herstellern, u. a. Tesla, wiederentdeckt und auch weiterentwickelt: Es gibt bereits Produkte, die neben Solarstrom auch Wärme erzeugen und so in Kombination mit einer Wärmepumpe genutzt werden können.

In Bezug auf die Kosten sind Solardachziegel, deren Leistungsdauer von Herstellern mit etwa zehn Jahren angegeben wird, eine eher aufwendige Alternative. Im Bestandsbau liegen sie etwa 140 Prozent über den konventionellen Solarmodulen, weil die bestehende Dacheindeckung zunächst entfernt werden muss. Im Neubau allerdings sind die Kosten etwa 20 Prozent höher als eine herkömmliche Dacheindeckung und eine herkömmliche Solaranlage zusammengenommen.

Körner, Andrea

Redaktion