21.07.2020 Ausgabe: 4/20

Von der Miete zum Eigentum - Mit höheren Auflagen für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschweren die Reformpläne der Bundesregierung den Erwerb von Wohneigentum.

Die Wohnungsknappheit, insbesondere in Ballungszentren, dauert an. Nun soll nach dem Willen der Bundesregierung neben der verschärften und verlängerten Mietpreisbremse ein weiterer starker Hebel den Markt für Mietwohnungen entlasten: Eigentümer eines Mehrfamilienhauses sollen in Zukunft höhere Auflagen erfüllen müssen, wenn sie ihre Miet- in Eigentumswohnungen umwandeln wollen. Damit sollen Mieter, die sich den Erwerb von Wohneigentum nicht leisten können oder wollen, in größerem Umfang davor geschützt werden, aus ihrer Wohnung und ihrem Viertel verdrängt zu werden. Dieses Vorhaben behindert jedoch die Bildung von Wohneigentum. Sie wird als wichtiger Teil der Altersvorsorge von der Politik unter anderem durch die erfolgreiche Einführung des Baukindergeldes gefördert. Hier besteht ein klarer Widerspruch.

Kommunen sollen generellen Genehmigungsvorbehalt bekommen
Das zuständige Ministerium des Innern, für Bau und Heimat will zusammen mit dem Justizministerium die Neuregelung im Rahmen der noch in diesem Jahr anstehenden Reform des Baugesetzbuches (BauGB) vornehmen. Geplant ist die Einführung eines sehr weit gefassten generellen Genehmigungsvorbehaltes der zuständigen Landesbehörden für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Zwar sieht § 172 BauGB bereits heute strenge Genehmigungsauflagen vor für Gebiete, die zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen dienen. Für diese Gebiete gelten dann entsprechende Erhaltungs- bzw. Milieuschutzsatzungen der Landesregierungen. Diese gesetzgeberischen Möglichkeiten reichen jedoch nach Ansicht der Bundesregierung nicht aus, um der möglichen Gefahr der Mieterverdrängung entgegenzuwirken.

Die geplante Gesetzesänderung sieht vor, dass das Verordnungsrecht der Landesregierungen auf ALLE Regionen mit angespannten Wohnungsmärkten ausgedehnt wird. Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten liegen dann vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde zu angemessenen Bedingungen gefährdet ist (siehe § 556d Abs. 2 BGB und § 558 Abs. 3 BGB). Damit darf dann die Umwandlung in ganzen Stadtgebieten – nämlich überall dort, wo die Regelungen der Mietpreisbremse zur Anwendung kommen – nur noch mit Genehmigung der Behörden erfolgen.
Die geplante neue Regelung soll ähnlich wie in § 22 BauGB an die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum nach § 1 des Wohnungseigentumsgesetzes anknüpfen. Das hätte zur Folge, dass grundsätzlich auch der Neubau von der Regelung betroffen wäre, solange hierfür nicht eine spezielle Ausnahmeregelung geschaffen wird. Denn auch beim Neubau muss ein vorhandenes Grundstück geteilt und Wohnungseigentum begründet werden. Hier bleibt abzuwarten, wie die Regelungen im Gesetzentwurf nach der erfolgten Ressortabstimmung ausgestaltet sein werden.

Ausnahmebestimmungen für Genehmigungserteilung greifen eher selten
Die geplante Regelung soll zunächst auf eine Gültigkeitsdauer von fünf Jahren beschränkt werden. Ähnlich wie im bereits existierenden § 172 Abs. 4 BauGB sollen ebenfalls verschiedene Ausnahmebestimmungen für eine Genehmigungserteilung festgelegt werden: Die Aufteilung in Wohnungseigentum soll unter anderem dann erlaubt sein, wenn zwei Drittel der Mieter ihre Wohnung kaufen möchten oder wenn die Begründung von Teileigentum zugunsten der Erben der Immobilie erfolgen soll. Eine Versagung der Genehmigung kann auch dann ausgeschlossen sein, wenn dies unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Diese Ausnahmetatbestände werden jedoch eher selten erfüllt sein, womit die Hürden zur Teilnahme am Eigentumsmarkt in Ballungszentren steigen werden.

Keine erhöhte Verdrängungsgefahr durch Umwandlungen
Eine verschärfte Genehmigungserteilung für die Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen ist auch deshalb kritisch zu bewerten, da das Bürgerliche Gesetzbuch in § 577a BGB für die in der Wohnung lebenden Mieter eine Kündigungssperrfrist von drei Jahren vorsieht. Darüber hinaus können die Landesregierungen bereits in Erhaltungsgebieten (sogenannte Milieuschutzgebiete) durch entsprechende Rechtsverordnungen die Kündigungsschutzdauer auch bei Eigenbedarf auf bis zu zehn Jahre verlängern. Zusätzlich kann die Behörde die Genehmigung der Umwandlung unter anderem davon abhängig machen, dass die entsprechenden Wohnungen gemäß § 172 Abs. 4 Nr. 6 BauGB innerhalb von sieben Jahren ab der Begründung von Teileigentum nur an die Mieter veräußert werden. Die Mieter einer Wohnung sind demnach vor den Folgen der Aufteilung nach Veräußerung einer Immobilie bereits heute durch deutlich strengere Kündigungsschutzregeln und erweiterte Vorkaufsrechte weitreichend geschützt.

Nach Auffassung der Immobilienexperten des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ist damit zu rechnen, dass mit der Einführung der verschärften Regelungen das Angebot an Eigentumswohnungen in Ballungsgebieten sinken wird. Dies wird folglich dazu führen, dass die geteilten Wohnimmobilien im Wert noch mehr steigen und sich damit weniger private Durchschnittshaushalte eine solche Anschaffung leisten können. Damit würde eine solche Regelung direkt die Einführung des Baukindergeldes konterkarieren. Dies gilt umso mehr, wenn künftig auch der Neubau eines Mehrfamilienhauses betroffen sein könnte. Unternehmen, die in der Vermietung tätig sind und in einen entsprechenden Neubau investieren, sind zur Querfinanzierung von Mietwohnungsbauten auf zusätzliche Einnahmen aus dem Verkauf von aufgeteiltem Wohneigentum angewiesen.

Fazit: Stärkere Nutzung von Vorkaufsrechten der Mieter fördern
Anstatt die Genehmigungspflicht für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen stark zu verschärfen und damit die Umwandlungsmöglichkeit noch weiter auszubremsen, sollte die bereits jetzt bestehende Gelegenheit der Nutzung des Vorkaufsrechts durch die in der Wohnung lebenden Mieter gemäß § 577 BGB in diesen Gebieten auf lokaler oder regionaler Ebene gezielt gefördert werden. Der Schutz vor Verdrängung sollte mit den Chancen der Eigentumsbildung insbesondere auch bei einkommensschwachen Haushalten verknüpft werden. So könnten laut einem Vorschlag des IW die Städte und Kommunen im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung denjenigen Mietern, bei denen eine Umwandlung ihrer Wohnung ansteht, ein Nachrangdarlehen als Eigenkapitalersatz gewähren, damit diese die Wohnung kaufen können. Ansonsten würde es vielen Mietern nicht gelingen, das notwendige Eigenkapital für den Erwerb der Wohnung, sowie die in diesem Zusammenhang anfallenden Erwerbsnebenkosten aufzubringen. Vor allem könnte so auch die soziale Durchmischung in den stark nachgefragten Vierteln der Innenstädte erhalten bleiben.

Foto: © Big Foot Productions / Shutterstock.com


Albrecht-Metzger, Babette

Rechtsanwältin, Referentin Recht des VDIV Deutschland