20.05.2021 Ausgabe: 3/21

Von null auf 81 in einem Jahr - Großprojekt: In drei Tiefgaragen sollen alle Stellplätze mit Ladepunkten für E-Fahrzeuge ausgestattet werden.

Projektpartner gesucht: „Wir verwalten die Liegenschaft einer Eigentümergemeinschaft mit drei Tiefgaragen für insgesamt 81 Pkw in Berlin. Wir möchten Stellplätze mit Ladestationen für Elektroautos ausrüsten und suchen einen Projektpartner zur Erstellung des Ladekonzeptes, inklusive Lade- und Energiemanagement sowie Installation, zudem Know-how bei Förderung und Abrechnung.“ So oder ähnlich lauten derzeit viele Anfragen von Unternehmen, die Infrastruktur für Elektroautos planen, aufbauen und betreiben wollen. Diese hier enthält bereits grundlegende Informationen und ist ein erster Schritt von vielen, die bis zur Installation von Ladestationen noch notwendig sind.

„Beim ersten Projekt ist der Aufwand nicht unwesentlich“, das weiß Ingo Karbe, Geschäftsführer der Karbe Immobilien aus Neuruppin,  mittlerweile, aber auch, dass es sich lohnt, sich eingehend damit zu beschäftigen, weil Elektromobilität derzeit so massiv zunimmt: um mehr als 200 Prozent im vergangenen Jahr. Aktuell plant Karbe die Installation von 81 Ladepunkten in drei Tiefgaragen, eine elf Kilowatt (kW) starke Wallbox an jedem Stellplatz. Für seine Verwaltung ist es das erste E-Mobility-Projekt in dieser Größenordnung. Dennoch empfand er es als reizvolle Aufgabe, den Markt zu sondieren und zu klären, ob es trotz eines begrenzten Netzanschlusses technisch überhaupt machbar ist, dass alle Elektroautos auch zuverlässig laden können, die größte technische Hürde des geplanten Ausbaus.

Den gemeinsamen Nenner finden
Der wichtigste Tipp, den Immobilienverwalter wie Karbe von unabhängigen Ladeinfrastruktur-Anbietern erhalten, lautet meist: Streben Sie eine ganzheitliche und zukunftsfähige Lösung an, welche die unterschiedlichen Bedürfnisse von verschiedenen Eigentümer- und Mietparteien auf einen möglichst großen gemeinsamen Nenner bringt und die zudem in weiteren Ausbaustufen oder bei Renovierungen flexibel erweitert oder angepasst werden kann. Dafür müssen zunächst einige wichtige Informationen gesammelt werden, etwa in Bezug auf die Netzkapazität: Wie viele Ladestationen werden aktuell benötigt, wie viele könnten es in Zukunft sein – etwa bei Komplettausbau aller Stellplätze? Welche maximale Leistung je Ladepunkt wird gewünscht? Habe ich Platz für einen eigenen E-Mobilitätszähler? Wie hoch ist bei Bestands­immobilien die maximale Netzanschlussleistung und wieviel Leistung ist nach Abzug der Gebäudelast noch verfügbar?

Das herauszufinden, kostete Zeit, denn leider fehlt es bislang an brauchbaren Beratungs- und Informationsangeboten. Zwar werde der Kauf von E-Autos und der Aufbau der Ladeinfrastruktur zum Teil recht großzügig gefördert, die erforderliche Beratungsleistung aber käme dabei noch zu kurz. Einen Überblick, welche Bundesländer diese bezuschussen, gibt es hier: https://t1p.de/n0xr

Ohne Lastmanagement geht es nicht
Karbe wurde auch ohne Hinzuziehung eines Experten schnell klar, dass der Aufbau von jeweils mehr als zwei Dutzend Wallboxen in drei Tiefgaragen ohne Lastmanagement nicht umsetzbar ist. Bei seiner Suche nach einem geeigneten System stieß er auf den herstellerunabhängigen Ladelösungsanbieter The Mobility House.

Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) rät dazu, schon ab drei elektrifizierten Stellplätzen ein dynamisches Lastmanagement vorzusehen. Ein solches System ermöglicht es, dass alle Fahrzeuge heute und in Zukunft sicher und zuverlässig geladen werden können, und zugleich vermeidet es durch zeitlichen Versatz von Ladevorgängen oder intelligente Anpassung der Ladeströme die Überlastung von Netzanschluss und Leitungen. So lassen sich unnötig hohe Investitionen in die Infrastruktur umgehen.

The Mobility House folgt der VDI-Empfehlung und setzt mit ChargePilot auf ein System, mit dem sich im Vergleich zu ungesteuerten Ladevorgängen pro Ladepunkt im Schnitt 240 Euro jährlich an Netzentgelten einsparen lassen. Mitunter sogar noch mehr. Das zeigt ein Kundenbeispiel des Technolgieunternehmens aus der Praxis: In einer Tiefgarage wurden 70 Wallboxen mit jeweils 22 kW installiert. Für den zuverlässigen Betrieb benötigen sie eine Netzanschlussleistung von 150 kW, im Schnitt also nur rund zwei kW je Ladepunkt. Mit dem Lademanagement konnten beim Netzausbau einmalig gut 80.000 Euro eingespart werden – und im Vergleich zum ungesteuerten Ladebetrieb jährlich noch einmal bis zu 50.000 Euro.
Sinnvoll ist dieser Ansatz auch für das E-Mobility-Projekt der Karbe  Immobilien: Mithilfe des Lade- und Energiemanagements lassen sich beim geplanten Vollausbau in den drei Tiefgaragen alle Ladeanforderungen problemlos erfüllen. Das System kann die erforderliche Spitzenlast für die Elektromobilität im Vergleich zum ungesteuerten Laden um etwa 75 Prozent auf gut 50 kW je Tiefgarage senken. Um an allen Ladestationen die Mindestleistung gewährleisten zu können, wird in den drei Gebäudeteilen die Erhöhung der Netzanschlussleistung auf jeweils 250 Ampere (A) empfohlen, was gut 170 kW für Elektromobilität und Gebäudelast entspricht.

Fördergelder und Abrechnung
Weil der Bund derzeit intelligent steuerbare Ladelösungen im privaten Bereich mit 900 Euro pro Ladepunkt fördert, lassen sich die Kosten deutlich senken. Zu empfehlen ist es, schon früh in der Planung auch alltägliche Erfordernisse zu bedenken: Wer übernimmt die Abrechnung des Ladestroms? Dies kann über die Hausverwaltung im Rahmen der Nebenkostenabrechnung erfolgen oder alternativ über einen automatisierten Abrechnungsservice. Ein gutes System bietet dazu umfassende Funktionen zur Überwachung und für statistische Zwecke, um den reibungslosen Betrieb mit centgenauer Abrechnung des Ladestroms zu gewährleisten. Karbe etwa kann die Abrechnung der Ladepunkte unkompliziert auf Grundlage der einzelnen Verbrauchsdaten vornehmen.

All dies hat Verwalter Karbe im Vorfeld mit dem Verwaltungsbeirat und den Wohnungseigentümern geklärt und gemeinsam mit ihnen und dem Ladeinfrastruktur-Anbieter passende Lösungen gefunden. Gut vier Monate sind dafür vergangen, und noch ist der Abstimmungsprozess nicht beendet. Über die Beauftragung müssen die Eigentümer erst noch in einer Versammlung entscheiden, und die Installation wird weitere drei Monate in Anspruch nehmen. Gut ein Jahr also von der ersten Idee bis zum ersten Ladevorgang – und die KfW-Förderung wird die Konsensfindung hoffentlich beschleunigen. Bei 81 Wallboxen und einem Förderbetrag von 900 Euro pro Ladepunkt reduzieren sich die Gesamtkosten deutlich.

Foto: © sumkinn / Shutterstock.com


Neumann, Sven

Key Account Manager beim Technologieunternehmen The Mobility House, das Lösungen für den Einstieg in die Elektromobilität anbietet.
www.mobilityhouse.com