16.08.2021 Ausgabe: 5/21

Zwischenruf - Wann, wenn nicht jetzt?

Kürzlich wurde ich – wie schon oft in den vergangenen Jahren – wieder von einer Journalistin gefragt, was eine Hausverwaltung kostet. Und wie immer lautete meine Antwort: viel zu wenig! Denn unstrittig ist, dass die Ausgaben der Verwaltungen durch Personal, Aus- und Weiterbildung, Digitalisierung und neue Verantwortlichkeiten steigen. Auch die von Kunden erwarteten oder ihnen zugesicherten Leistungen müssen oft „eingekauft“ werden. Wer aber bezahlt dafür?

Überwiegend steigende V­ergütungssätze
Das jüngst erstellte 9. VDIV-Branchenbarometer zeigt auf, dass im Jahr 2020 der Regelsatz pro verwalteter Einheit und Monat in der WEG-Verwaltung um gerade einmal 0,66 Euro auf 22,23 Euro stieg. In den vergangenen zehn Jahren lag das Plus inflationsbereinigt sogar nur bei 0,24 Euro p. a. In der Mietverwaltung zeigt sich kein besseres Bild: Im Vergleich zur Vorjahreserhebung fällt die Pauschale um gerade einmal 0,21 Euro höher aus und liegt nun bei 24,45 Euro.

Doch es gibt einen Lichtblick, die Branche beginnt umzudenken. Von den mehr als 1.000 Verwaltungen, die an der Umfrage teilnahmen, wollen 81 Prozent ihre Vergütungssätze im Bestand in diesem Jahr stärker anheben: 83 Prozent von ihnen planen Anpassungen um bis zu zehn Prozent, neun Prozent wollen ihre Regelsätze sogar um mehr als 15 Prozent erhöhen, was bei einem Schnitt von rund 22 Euro ein Plus von monatlich 3,30 Euro ausmacht – weniger als ein Cappuccino im Bistro.

Wirtschaftlichkeit statt Preiskampf
Leider zeigt die Praxis noch viel zu oft, dass Gemeinschaften um zwei oder drei Euro pro Einheit und Monat feilschen. Ich denke, dass diese Eigentümer am falschen Ende sparen und draufzahlen werden. Denn immer mehr Verwaltungen verweigern sich dem „Preiskampf“ und konzentrieren sich stattdessen auf Gemeinschaften, die Service und Qualität honorieren. Gleichzeitig trennen sie sich von Gemeinschaften, die seit Jahren Kosten verursachen, aber keinen Ertrag einbringen. Das aktuelle Branchenbarometer zeigt, dass zum einen drei Viertel der Unternehmen bei neuen Mandaten höhere Vergütungssätze aufrufen. Zum anderen übernehmen inzwischen 57 Prozent der WEG-Verwaltungen neue Mandate nur ab einer Mindestanzahl von Wohneinheiten oder bei entsprechend hoher Grundvergütung, und sie lehnen nicht rentable Gemeinschaften konsequenter ab. Zum Dritten bringen verstärkt kleinere Gemeinschaften monatliche Grundvergütungen von 350 bis 450 Euro auf, um professionell verwaltet zu werden – bei 15 Eigentümern sind das jeweils etwa 23 bis 30 Euro monatlich.

Dieser beginnende „Vergütungsaufschwung“ ist längst überfällig und vor dem Hintergrund des Tätigkeitsprofils einer modernen Immobilienverwaltung folgerichtig. Wer künftig erfolgreich sein will, muss seinen Bestand kritisch und vor allem betriebswirtschaftlich hinterfragen. Was die Kosten nicht deckt, muss raus oder in der Vergütung angepasst werden.

Profilierung als Wettbewerbsvorteil
Um das eigene Profil zu schärfen, sollten Verwaltungen die Möglichkeiten des im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) neu gefassten § 27 nutzen. Warum sich nicht für einen deutlich breiteren Leistungskatalog beauftragen lassen, oder für kleinere Gemeinschaften nur noch Abrechnung und Versammlung übernehmen? So können nicht nur die Bedürfnisse der Gemeinschaft besser berücksichtigt werden, sondern auch die Schwerpunkte der Verwaltung. Durch eine transparente Ausgestaltung von Leistungsspektrum und Vergütung, wie es der in diesem Jahr vom VDIV Deutschland und Haus & Grund gemeinsam aufgelegte Verwaltervertrag ermöglicht, können hierüber zudem Zusatzhonorare generiert werden. Die Wahrscheinlichkeit, damit bei den Eigentümern auf Verständnis zu stoßen, ist bei derart offener Kommunikation deutlich höher, die Strategie langfristig weitaus zielführender.

Verwaltungen müssen ihre Leistungen gegenüber Gemeinschaften sichtbar machen und damit bei Eigentümern ein Bewusstsein für ihre Arbeit schaffen. Wer Qualität bietet, sich angemessen vergüten lässt, Gemeinschaften sorgfältig auswählt und ein breites Portfolio hat, läuft zudem nicht Gefahr, Einbußen durch die nach § 26 WEG mögliche jederzeitige Abberufung des Verwalters ohne wichtigen Grund zu erleiden. Diese Einschätzung teilt auch unsere Branche – anders lässt es sich nicht interpretieren, dass im vorliegenden Branchenbarometer gerade einmal vier Prozent der Unternehmen bei Vollzug dieser Regelung wirtschaftliche Nachteile erwarten. Weder Eigentümer noch Verwaltungen haben Interesse an einer Zusammenarbeit, wenn das Vertrauensverhältnis gestört ist. Und was haben Verwaltungen zu befürchten, wenn sie professionell agieren und das gute Miteinander pflegen? Wo hingegen finden Gemeinschaften, von denen bekannt geworden ist, dass sie sich häufiger als üblich von einer Verwaltung trennen, noch eine professionelle Betreuung ihres Eigentums (siehe ­vdivaktuell 8/20, S. 4)?

Jetzt ist die Zeit
Bereits vor drei Jahren äußerte ich die Erwartung, dass unsere Branche ihre Preise um mindestens 40 Prozent erhöhen müsse, um sich nicht weiter arm zu rechnen. Zugegeben, für manche stellte dies eine absurde Forderung dar, aber letztlich ging es um acht Euro, die Eigentümer monatlich mehr zahlen sollten – also zwei Cappuccino, mit Zucker. Damals ging es um einen Weckruf! Unsere Branche muss endlich aufhören, ihre Vergütungssätze an den sparsamen Eigentümern (und am Wettbewerb) auszurichten, statt daran, dass die eigenen, „für“ die Eigentümer aufzubringenden Fix- und Investitionskosten steigen ohne adäquaten Ausgleich.

Je besser eine Verwaltung aufgestellt ist, umso effizienter managt sie treuhänderisches Vermögen, und umso größer ist die Entlastung der Eigentümer und Gemeinschaften. Vor allem „sparen“ Eigentümer Zeit. Und diese Ersparnis sollte ihnen mehr „wert“ sein, sodass sie bereit sind, sie angemessen und somit höher zu vergüten.

Die Online- und Hybridversammlung ist dafür ein gutes Beispiel. Beschleunigt durch die Erfahrungen aus der Covid-19-Pandemie, setzen sich diese Formate auch auf Wunsch der Eigentümer immer mehr durch. Wer aber trägt die Anschaffungskosten für die neue Technik und honoriert den zusätzlichen Personalaufwand, um Teilnehmern vor Versammlungsbeginn Technik und Durchführung der Veranstaltung wiederholt zu erklären? Wer kommt dafür auf, dass die Verwaltung oftmals doppelt vertreten ist, für Technik und Versammlungsleitung? Die Vorteile für Eigentümer liegen auf der Hand: Sie sparen die An- und Abfahrt zum Versammlungsort, und die Sitzung läuft vielfach strukturierter und disziplinierter ab. Unterm Strich sparen sie so nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Und die Verwaltung? Sie hat den höheren Aufwand: die neue Technik und die Schulung der Mitarbeiter. Hier gilt es, von Anfang an klar zu machen, dass innovative Formate eben mehr kosten und nicht selbstverständlich sind.

Beispiele dieser Art gibt es viele: Kundenportale, digitalisierte Abrechnungen, E-Mobilität. Die neuen digitalen Möglichkeiten und das reformierte WEG bieten JETZT die große Chance, die eigene Verwaltung auf den Prüfstand zu stellen und für eine gewinnbringende Zukunft auszurichten – das ist geradezu ein MUSS. Weniger Aufwand und womöglich weniger zeitraubende Auseinandersetzungen – die Vorstellung ist verlockend. Wenn Sie mich fragen, was mir mehr Zeit bedeutet: nun ja, zu den beiden Cappuccini durchaus noch ein schönes Stück Kuchen.

Foto: © franz12 / Shutterstock.com


Kaßler, Martin

Geschäftsführer des VDIV Deutschland