Mietrecht

Bezugnahme auf Mietspiegel der Nachbargemeinde für Mieterhöhung nicht immer zulässig

Für die Begründung eines Mieterhöhungsverlangens kann der Mietspiegel einer Nachbargemeinde nur dann herangezogen werden, wenn eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse des Einzelfalls zu einer Vergleichbarkeit der benachbarten Städte führt. Wesentliche Kriterien sind dabei Einwohnerzahl, Bevölkerungsdichte, Infrastruktur sowie kulturelle Angebote.

Der Fall

Die Vermieterin eines großen Anwesens in der Stadt Stein, die unmittelbar an das westliche Gemeindegebiet der Stadt Fürth bei Nürnberg angrenzt, verlangte von der Mieterin einer Mieterhöhung um 345,00 Euro ab dem 01.01.2014 zuzustimmen, nachdem die Miete seit Beginn des Mietverhältnisses im Jahr 2004 unverändert 3.000,00 Euro betrug. In dem Mieterhöhungsverlangen nahm die Vermieterin auf den beigefügten Mietspiegel von Fürth Bezug. Die Mieterin stimmte dem Mieterhöhungsverlangen nicht zu. Sie führte als Argument an, dass der Fürther Mietspiegel nicht herangezogen werden dürfe, um eine Mieterhöhung in Stein zu begründen. Beide Städte seien nicht vergleichbar. Die Vermieterin war dagegen der Ansicht, dass beide Gemeinden schon aufgrund der unmittelbaren Nähe zu Nürnberg vergleichbar seien und sich dies auch bei den Grundstückspreisen niederschlage. Die auf Zustimmung zu der verlangten Mieterhöhung gerichtete Klage der Vermieterin hatte weder vor dem Amtsgericht noch dem Berufungsgericht Erfolg.

Die Entscheidung

Der BGH stellt bestätigend fest, dass das Mieterhöhungsverlangen der Vermieterin den formellen Anforderungen des § 558a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Satz 2 BGB nicht genügt, da der Mietspiegel der Stadt Fürth zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens für das in Stein gelegene Mietobjekt nicht geeignet ist. Das Mieterhöhungsverlangen muss in formeller Hinsicht Angaben über die Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet und der Mieter diese Angaben zumindest ansatzweise überprüfen kann. Diese Voraussetzungen sind durch die Bezugnahme auf den Mietspiegel der Nachbarstadt Fürth vorliegend nicht erfüllt. Denn der Mietspiegel einer anderen Gemeinde ist nach § 558a BGB nur dann ein taugliches Mittel, wenn es sich um den Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde handelt.

Bei den Städten Stein und Fürth handelt es sich jedoch nicht um vergleichbare Gemeinden im Sinne des § 558a Abs. 4 Satz 2 BGB. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Vergleichbarkeit zweier Gemeinden gegeben ist, muss eine Gesamtbetrachtung aller Kriterien des Einzelfalls und deren anschließender Gewichtung und Abwägung erfolgen. Für die Gesamtbetrachtung des Einzelfalls sind wichtige Kriterien wie Einwohnerzahl, Bevölkerungsdichte, Infrastruktur und das jeweilige kulturelle Angebot zu berücksichtigen und abzuwägen. Hierin unterscheiden sich beide Städte jedoch wesentlich. So hat Stein etwa 15.000 Einwohner, während in Fürth rund 125.000 Menschen leben. Die Bevölkerungsdichte von Stein beträgt 768 Personen pro Quadratkilometer, in Fürth dagegen 1.960 Personen pro Quadratkilometer. Stein verfügt nicht wie Fürth als sogenanntes Oberzentrum über zentralörtliche Einrichtungen der Grundversorgung sowie weitere Einrichtungen des spezialisierten höheren Bedarfs wie Krankenhäuser, Kinos und Theater. Außerdem befindet sich im Stadtgebiet von Stein anders als in Fürth weder eine U-Bahn- noch eine S-Bahn-Haltestelle, die für die Erreichbarkeit der infrastrukturellen Angebote für die Einwohner von Bedeutung sind. Die unmittelbare örtliche Nähe beider Gemeinden zu Nürnberg, die sich auch bei den Grundstückspreisen niederschlägt, kann keine Vergleichbarkeit beider Städte begründen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.August 2019, Az. VIII ZR 255/18

Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, 3. Juli 2018
, Az. 7 S 2965/17
AG Fürth, 27. März 2017
, Az. 340 C 357/14