Mietrecht

Gewerberaummiete bleibt auch während Corona-bedingter Schließung geschuldet

Die staatlich verordnete Schließung der Verkaufsstätte wegen COVID-19 ist weder ein Mietmangel, noch Teil der Unmöglichkeit. Solange der Mieter das Risiko trägt, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können, führen befristete Schließungen nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage. Das hat das Landgericht Frankfurt/Main mit Urteil vom 2. Oktober 2020 entschieden.

Der Fall

Die Vermieterin hat Geschäftsräume in Frankfurt am Main einer Gewerbemieterin zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art mietvertraglich überlassen. Ein vergleichbares Einzelhandelsgeschäft wie in diesen Räumlichkeiten betreibt die Mieterin an mehreren tausend weiteren Standorten in Deutschland und einigen europäischen Ländern. Die monatliche Miete einschließlich des Betriebskostenvorschusses und der Umsatzsteuer betrug in Frankfurt am Main zuletzt 6.170,04 Euro. Im Zuge der Corona-Epidemie verordnete das Land Hessen in der Zeit vom 18. März bis zum 20. April 2020 die Schließung sämtlicher Verkaufsstätten des Einzelhandels, also auch des Geschäfts dieser hier beklagten Gewerbemieterin. Auch an den weiteren Standorten musste die Beklagte ihre Geschäfte vorübergehend schließen. Dies hatte zur Folge, dass die Mieterin unternehmensweit gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2018 und 2019 einen Umsatzrückgang im März 2020 um 54 Prozent und im April 2020 um 41 Prozent zu verzeichnen hatte. Die Schließung der Filialen führte bei der Gewerbetreibenden zu einer erheblichen Liquiditätslücke, so dass die Mietzinszahlung im April 2020 nicht möglich war und sie für sämtliche Filialen in Deutschland Kurzarbeit angeordnet hatte. Nachdem die Mieterin die Miete April 2020 an die klagende Vermieterin nicht entrichtete, verlangt die Vermieterin mit der erhobenen Klage die Zahlung von Gewerberaummiete für den Monat April 2020. Die Ladenbetreiberin vertritt die Ansicht, während der Schließung nicht zur Mietzinszahlung verpflichtet zu sein und macht im Wege der Aufrechnung einen Erstattungsanspruch in Höhe von rund 2.700,00 Euro wegen der von ihr für den Monat März 2020 entrichteten Miete geltend.

Die Entscheidung

Das zuständige Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass die Gewerbemieterin nicht gemäß § 536 Absatz 1 Satz 1 BGB von der Entrichtung der Miete befreit sei oder gemäß § 536 Absatz 1 Satz 2 BGB zur Entrichtung nur einer herabgesetzten Miete verpflichtet sei.

Das Gericht führt aus, dass in der staatlich verordneten Schließung der Verkaufsstätten des Einzelhandels kein Mangel in der Mietsache im Sinne von § 536 Absatz 1 Satz 1 BGB liege. Das Vorliegen eines Mangels würde voraussetzen, dass der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vereinbarten Soll-Zustand abweicht. Zwar können auch auch öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen zu einem Mangel führen. Voraussetzung dafür sei aber, dass die Beschränkungen der konkret vermieteten Sache ihre Ursache gerade in deren Beschaffenheit und Beziehung zur Umwelt haben und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Gewerbemieters (vgl. BGH, NJW 2011, 3151). Dies habe zur Folge, dass Maßnahmen, die nur den geschäftlichen Erfolg des Mieters beeinträchtigen, in dessen Risikobereich fallen. Der Vermieter sei nach § 535 Absatz 1 Satz 2 BGB nur verpflichtet, die Mietsache in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko trage hingegen der Gewerbemieter allein. Nach Ansicht des Gerichts sei durch die staatlich verordnete Schließung der Verkaufsstätten des Einzelhandels der Vermieterin die Gebrauchsgewährung gerade nicht gemäß § 275 Absatz 1 BGB unmöglich geworden. Zwar konnte die Mietsache während der behördlich angeordneten Schließung nicht als Verkaufsraum genutzt werden. Damit habe sich jedoch lediglich das Verwendungsrisiko verwirklicht, welches allein die Gewerbemieterin zu tragen habe.

Das Gericht führt in seiner Begründung weiter aus, dass der Mieterin auch kein Anspruch auf Anpassung des Vertrags unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB zustehe. Eine Vertragsanpassung unter diesem Gesichtspunkt setze nach der Rechtsprechung des BGH voraus, dass dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnisses unabweislich erscheint (vgl. BGH, NJW 2012, 1718 m.w.N.). Das sei im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, nachdem sich die Gewerbemieterin lediglich auf Liquiditätsengpässe für den Zeitraum der Schließung beruft. Solchen Liquiditätsengpässen trage jedoch bereits Artikel 240 § 2 Absatz 1 Satz 1 EGBGB Rechnung, der den Mieter vor der Kündigung schützt, soweit er, bedingt durch die Corona-Pandemie, seine Miete vorübergehend nicht pünktlich zu leisten im Stande war. Schließlich sei der Umsatzrückgang vorübergehend geblieben, so dass es der Gewerbemieterin auch zumutbar sei, die rückständige Miete nunmehr zu begleichen.

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 2. Oktober 2020 - 2-15 O 23/20