Mietrecht

Ursachenforschung eines Mangels durch Vermieter kann nicht als Anerkenntnishandlung gewertet werden

Sofern ein Vermieter nach erfolgter Mängelanzeige durch den Mieter Nachforschungen bezüglich eines vermeintlichen Mangels macht, ist dies nicht als Anerkenntnis des Vorliegens eines Mangels zu werten.

Der Fall

Die Vermieterin von Büroflächen verlangt von der Mieterin die vollständige Zahlung der einbehaltenen Miete. Die Bruttogesamtmiete betrug zuletzt ca. 3.700,00 Euro brutto. Im April 2015 zeigte die Mieterin an, dass in einem der Büroräume ein beißender, die Atemwege und Augen reizender Geruch feststellbar sei, woraufhin die Mieträume durch die Vermieterin umgehend besichtigt wurden. Seit Juli 2015 zahlte die Mieterin eine um 10 Prozent geminderte Bruttomiete und forderte die Vermieterin zur Beseitigung der beanstandeten Geruchsbeeinträchtigung auf. Daraufhin erfolgte am 7. Juli 2015 eine weitere Begehung der Mieträume durch den Hausmeister. Mit einem Anwaltsschreiben aus November 2015 bot die Vermieterin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zum Zwecke einer einvernehmlichen Regelung an, den textilen Bodenbelag im streitgegenständlichen Raum komplett auf eigene Kosten auszutauschen. Im Gegenzug sollte die Mieterin die aufgelaufenen Mietrückstände ausgleichen. Die Mieterin ließ sich darauf jedoch nicht ein und kündigte das Mietverhältnis zum 31. Dezember 2016 außerordentlich unter Hinweis auf den gerügten Mangel. Eine erneute Begehung der Mieträume durch den Hausmeister und zwei Mitarbeiter der Vermieterin fand im März 2016 statt. Nachdem dabei im streitgegenständlichen Büroraum ein spezieller Geruch festgestellt worden war, ließ die Vermieterin eine Wand im angrenzenden WC öffnen, um einen etwaigen Rohrschaden im Versorgungsschacht auszuschließen. Im November und Dezember 2016 zahlte die Mieterin keine Miete mehr und gab die Mieträume im Dezember 2016 zurück.

Das erstinstanzliche Gericht hat der auf Zahlung der rückständigen Mieten gerichteten Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen mit der Begründung, dass die Mieterin zur vorgenommenen Minderung von rund 10 Prozent der Monatsmiete berechtigt gewesen sei. Bei der vorgetragenen Geruchsbelästigung habe es sich um einen erheblichen Mangel gehandelt, auch wenn die Vermieterin dies bestritten hatte. Die Vermieterin habe durch den Austausch des Bodenbelags auf ihre Kosten den behaupteten Mangel anerkannt. Auch die von der Klägerin veranlasste Öffnung der Wand im angrenzenden WC sei als weiteres tatsächliches Anerkenntnis zu werten, weil es sich bei dieser Maßnahme um einen beachtlichen und kostenverursachenden Eingriff in die Bausubstanz gehandelt habe, den ein gewerblich handelnder Vermieter nicht auf sich nehmen würde, wenn er die Geruchsbeeinträchtigung als unerheblich angesehen hätte.

Die Entscheidung

Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Überprüfung durch den Bundesgerichtshof nicht stand. In seiner Begründung führt der BGH aus, dass der Mieter, der sich auf einen Mangel der Mietsache beruft und damit die vereinbarte Miete nicht in voller Höhe zahlt, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen dieses Mangels trägt. Der Mieter hätte also im vorliegenden Fall darlegen müssen, dass mit der Geruchsentwicklung eine spürbare und das Wohlbefinden der Nutzer erheblich beeinträchtigende Belastung des Geruchsempfindens einhergeht. Zwar habe der Vortrag der Mieterin, dass in dem kleinen Büroraum dauerhaft ein beißender und ätzender Geruch vorhanden gewesen wäre, den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag genügt. Jedoch könne sich die Mieterin hierbei nicht für ihre Beweisführung auf die Grundsätze des „tatsächlichen Anerkenntnisses” berufen. Das Verhalten der Vermieterin könne gerade nicht als ein Anerkenntnis gewertet werden. Der von der Vermieterin unterbreitete Vorschlag, den Bodenbelag im streitgegenständlichen Büroraum auszutauschen, erfolgte im Rahmen eines Vergleichsangebots und ausdrücklich „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht”. Auch die dann folgende, von der Vermieterin veranlasste Wandöffnung dürfe entgegen der rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts nicht als „Anerkennungshandlung” angesehen werden. Die Bereitschaft des Gebäudeeigentümers, einer Mangelanzeige des Mieters nachzugehen, enthält noch keine Aussage dahingehend, das Vorhandensein eines Mangels und die Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache außer Streit stellen zu wollen. Bei der von der Vermieterin veranlassten Maßnahme handelte es sich lediglich um eine Sichtprüfung der im Versorgungschacht verlegten Rohrleitungen. Es sei nachvollziehbar, dass eine Gebäudeeigentümerin ein generelles Erhaltungsinteresse daran haben dürfte, ihr zugetragenen Hinweisen auf mögliche Undichtigkeiten wasserführender Leitungen in den Wänden nachzugehen. Nach Ansicht des BGH habe die Vermieterin sich auf eine punktuelle Mangelerforschungsmaßnahme beschränkt und dabei keine Ursache für die von der Mieterin beanstandete Geruchsbeeinträchtigung gefunden. Auch wenn die Vermieterin danach keine weiteren Schritte zur Erforschung oder zur Beseitigung des beanstandeten Mangels mehr unternommen habe, sei es fernliegend, in ihrem Verhalten ein tatsächliches Anerkenntnis zu sehen. Die Sache war somit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da es noch zur weiteren Sachaufklärung der behaupteten Geruchsbeeinträchtigung der Vernehmung der angebotenen Zeugen bedarf.

BGH, Urteil vom 23. September 2020 – XII ZR 86/18
Vorinstanzen:
Kammergericht Berlin, Urteil vom 10. September 2018 – 8 U 169/17
Landgericht Berlin, Urteil vom 9.Oktober 2017 – 90 O 5/17