06.09.2013 Ausgabe: 6/2013

Anodentechnik gegen Rostwasser

Die Städtische Wohnungsbaugesellschaft mbH Konstanz schützt seit rund 13 Jahren die verzinkten Trinkwasserleitungen ihrer Häuser mit Anodentechnik vor Korrosion.

Wie in ganz Konstanz stammt das Trinkwasser auch für die Gebäude der städtischen Wohnungsbaugesellschaft mbH Konstanz, kurz WOBAK, aus dem Bodensee. Die Stadtwerke Konstanz entnehmen das Rohwasser aus einer Tiefe von etwa 40 Metern. Die Wasserqualität ist dort so gut, dass es in einer Aufbereitungsanlage der Stadtwerke lediglich per Mikro- und Sandfilter von Plankton befreit und über eine Ozonanlage desinfiziert werden muss. Mit einer Gesamthärte von 1,6 Millimol pro Liter (früher 8,8 Grad deutscher Härte (°dH)) liegt das Konstanzer Trinkwasser im mittleren Härtebereich. Der überwiegende Anteil der Härte besteht mit 6,9 °dH aus Karbonathärte.

Hoher Sauerstoffgehalt begünstigt Korrosion

Doch trotz dieser, für den menschlichen Gebrauch an sich, günstigen Eigenschaften kann das kostbare Nass zu Problemen führen. „Als Oberflächenwasser hat das Bodenseewasser einen hohen Sauerstoffgehalt. Dies begünstigt Korrosion in verzinkten Leitungen“, weiß Wolfgang Korn von der Technischen Abteilung der WOBAK. Außerdem sei die Wasserhärte zu gering, um die Rohrinnenwände mit einer gewünschten, das Metall schützenden Kalkschicht auszukleiden.

Unterschiedliche Systeme im Test

Im Ergebnis führten beide Effekte dazu, dass in den WOBAK-Wohnungen – speziell nach längeren Stillstandzeiten – in der Vergangenheit häufig rotbraunes Wasser aus den Wasserhähnen strömte. Und das auch schon bei Gebäuden, die weniger als drei Jahre alt waren. Ende der 1990er Jahre häuften sich die Mieterbeschwerden über das Auftreten von Rostwasser so stark, dass sich Wolfgang Korn, bei der WOBAK für die Bauunterhaltung zuständig, auf die Suche nach Abhilfe machte. Er und seine Kollegen erprobten dabei unterschiedliche technische Lösungen, wie zum Beispiel Dosieranlagen auf mineralischer Basis sowie Magnet- und Elektrofeld-Systeme. „Die nachweislich besten Ergebnisse haben wir mit der galvanischen Anodentechnik erzielt“, berichtet Korn. „Damit haben wir die Rostwasserproblematik im Griff.“

Sollbruchstelle Zinkanode

Das unter anderem von der Düsseldorfer Firma ISB Watertec gelieferte System besteht aus einem etwa 30 bis 45 Zentimeter langen Messingzylinder. In seinem Inneren befindet sich eine hochreine Zinkanode. Zink und Messing sind unterschiedlich edle Metalle. In Verbindung mit Wasser baut sich zwischen beiden eine galvanische Potenzialspannung von bis zu einem Volt auf. Bei den WOBAK-Häusern hat es sich laut Wolfgang Korn bewährt, pro Objekt zwei dieser Systeme per Verschraubung in die Trinkwasserleitungen einzubauen: Eines in der Einspeisung, möglichst nahe an der Wasseruhr, und eines in der Warmwasserzirkulation.

Der Zinkkörper wirkt nach dem seit Jahrzehnten aus dem Schiffsbau bekannten Opferanodenprinzip. An den Außenwänden von Schiffen werden Zinkplatten angebracht, die statt der Schiffshaut und der Antriebswelle korrodieren. Genau so schützt das hier beschriebene System Wasser führende Leitungen. Statt der Rohre korrodiert gezielt die Anode, die damit wie eine Sollbruchstelle wirkt.

Chemiefrei und ohne Betriebsstoffe

Einer der Hauptvorteile der galvanischen Anodentechnik im Vergleich zu konkurrierenden Methoden ist der vollständige Verzicht auf Chemikalien. Neben der Kosteneinsparung für jegliche Betriebsstoffe entlastet dies das Abwasser. „Außerdem erhöht die Chemiefreiheit die Akzeptanz bei unseren Mietern“, betont Korn und fährt fort: „Das Verfahren vereint Ökonomie und Ökologie, was sehr gut zur Ausrichtung der WOBAK als nachhaltig agierendem Unternehmen passt.“

Bis zu sieben Jahre haltbar

Die Installation des Geräts ist einfach und meistens innerhalb weniger Stunden durchgeführt. Danach ist das Wasserkonditionierungsverfahren im Betrieb wartungsfrei und benötigt keine Fremdenergie. Einziges Verschleißteil ist die Anode, die je nach individuellen Einsatzbedingungen zwischen fünf und sieben Jahren hält.

Die WOBAK hat seit dem Pilotobjekt im Jahr 2000 fast alle seine relevanten  sprich mit verzinkten Stahlrohren ausgestatteten  Häuser mit Opferanoden ausgestattet. Aktuell sind rund 70 Systeme im Einsatz. Deutlich mehr werden es bei diesem Anwender auch nicht mehr werden, denn bei Neubauten oder Totalsanierungen setzt die Städtische Wohnungsbaugesellschaft mbH Konstanz jetzt auf Kunststoff- oder Verbundstoff-Rohrleitungssysteme.

Voraussetzungen für ­einen erfolgreichen Einsatz

Nach einer Auswertung der Wasserqualität in den Wohnungen können die Experten abschätzen, ob der Einsatz eines galvanischen Wasserbehandlungsgeräts sinnvoll ist. Geprüft werden hierbei unter anderem die allgemeinen Wasserparameter Leitfähigkeit, pH-Wert und Karbonathärte.


Die Leitfähigkeit sollte nicht unter 100 μS/cm (Mikrosiemens pro Zentimeter) liegen, da sonst zu wenige Ionen als Ladungsträger für den provozierten galvanischen Korrosionsstrom im Gerät vorhanden sind. Einfacher gesagt: Es ist nicht sinnvoll, ein galvanisches Gerät mit destilliertem Wasser zu betreiben, da bei einer Leitfähigkeit gegen 0 kein galvanisches Element gebildet wird. Der pH-Wert muss über 5 liegen. Liegt der pH-Wert darunter, wirken die saureren Bedingungen stark korrosiv, so dass die Zinkanode innerhalb kurzer Zeit verbraucht wäre.

Die Untergrenze für die Karbonathärte ist 2,8 °dH. Ab diesem Wert ist der Aufbau einer kraftschlüssigen Kalkschutzschicht an den Innenrohrwänden möglich. Das Trinkwasser in Deutschland erfüllt fast überall diese Anforderungen. Anders sieht es bei der Wassergewinnung aus eigenen Brunnen aus. Hier ist in jedem Fall eine chemisch-technische Auswertung erforderlich, die Firmen wie ISB Watertec durchführen. Erst danach kann die Entscheidung für den Einsatz des galvanischen Systems getroffen werden.

Die im Jahr 1924 gegründete Städtische Wohnungsbaugesellschaft mbH Konstanz, kurz WOBAK, ist eine der größten kommunalen Wohnungsbaugesellschaften in Baden-Württemberg. Zum Kerngeschäft des Unternehmens zählen insbesondere Mietwohnungsbau inklusive Neubau, Verwaltung, Instandhaltung und Modernisierung. Aktuell über 3700 eigene Wohnungen machen die WOBAK zu einem der bedeutendsten Vermieter in der Bodensee-Region. Mit dem kontinuierlichen Neubau von Mietwohnungen verbessert das kommunale Unternehmen das sozial adäquate Wohnungsangebot in Konstanz und Umgebung.


Vdiv, Redaktion

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