Der klimafreundliche Umbau des Gebäudesektors gewinnt weiter an Dringlichkeit. Laut einer aktuellen Studie von Allianz Research und Allianz Trade erfordert allein die Dekarbonisierung des deutschen Wohnungsbestands Investitionen in Höhe von rund 1,4 Billionen Euro bis 2050. Damit entfällt ein Großteil des gesamteuropäischen Sanierungsvolumens auf Deutschland. „Bis 2050 sind in den vier größten europäischen Volkswirtschaften Investitionen in Höhe von rund 3 Billionen Euro erforderlich. Rund die Hälfte davon entfallen mit 1,4 Billionen Euro allein auf den deutschen Wohnungssektor, um die notwendigen Renovierungen und Energieeffizienzsteigerungen zu finanzieren“, so Allianz Reserch. Grund ist unter anderem der hohe Emissionsanteil des Sektors: Wohngebäude verursachen rund 14 Prozent der CO₂-Emissionen im Inland.
Die wirtschaftliche Perspektive fällt trotz der hohen Kosten positiv aus. Die Studie geht davon aus, dass durch den Umbau langfristig bis zu 107.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen und die Wertschöpfung der Immobilienbranche um eine Billion Euro steigen könnte. Die Kostenbelastung für Eigentümer und Verwaltungen soll sich auf etwa 0,5 Prozentpunkte bei den Immobilienpreisen belaufen.
Parallel hat der Expertenrat für Klimafragen (ERK) in seinem Bericht zur Europäischen Klimaschutzverordnung (ESR) festgestellt, dass Deutschland seine Emissionsziele für den Zeitraum 2021 bis 2030 voraussichtlich verfehlen wird. Besonders der Gebäudesektor weicht laut Projektionsdaten 2025 deutlich von den Zielvorgaben ab. Der Expertenrat fordert daher eine Weiterentwicklung der klimapolitischen Maßnahmen – sowohl national als auch im europäischen Kontext.
Für Immobilienverwaltungen bedeutet dies steigenden Investitionsdruck und wachsende regulatorische Anforderungen. Verschärft wird dies durch die Einführung länderspezifischer Solarpflichten: Acht Bundesländer haben seit Juli 2025 neue Vorgaben für Photovoltaik auf Wohngebäuden eingeführt, insbesondere bei Neubauten und Dachsanierungen. Einheitliche Regelungen auf Bundesebene fehlen, was zu einem Flickenteppich an Pflichten und Ausnahmen führt.
Die europäische Gebäuderichtlinie EPBD sieht zudem ab 2026 eine verbindliche Solarpflicht für neue gewerbliche und öffentliche Gebäude vor. Für Wohngebäude ist eine vergleichbare Verpflichtung bislang nicht beschlossen, wird jedoch zunehmend diskutiert.
„Für die Immobilienbranche stellt sich damit zunehmend nicht die Frage, ob, sondern wie schnell und mit welchen Mitteln der klimaneutrale Gebäudebestand erreicht werden kann. Strategische Investitionsentscheidungen, Fördermittelberatung und vorausschauendes Management werden zur Schlüsselaufgabe für Verwaltungen“, erklärt Martin Kaßler, VDIV-Geschäftsführer.