Anlässlich der drastischen Einschränkungen des öffentlichen Lebens durch das Corona-Virus hat das Bundeskabinett heute das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht beschlossen. Dieses enthält u. a. temporär geltende Sonderregelungen zum Wohnungseigentumsgesetz (WEG), um die Handlungsfähigkeit von Wohnungseigentümergemeinschaften und Immobilienverwaltungen zu gewährleisten.
Der vom Bundeskabinett gebilligte Gesetzentwurf enthält Regelungen zum Wohnraum- und Gewerbemieterschutz, zur Stundung von Dauerschuldverhältnissen, zum Aussetzen der Insolvenzantragspflicht, neuen Liquiditätshilfen sowie vorübergehenden Erleichterungen in den Bereichen des Genossenschaftsrechts, des Aktienrechts, des Vereins-, Stiftungs- und Umwandlungsrechts sowie des Wohnungseigentumsrechts.
Mit den Beschlüssen des Bundeskabinetts wurde festgelegt, dass auf die Durchführung von Eigentümerversammlungen zunächst verzichtet werden kann. Bestehende Wirtschaftspläne der Wohnungseigentümerschaften bleiben erhalten. Auslaufende und neu zu schließende Verwalterverträge gelten fort. Notinstandsetzungen können vorgenommen werden, so fasst VDIV-Deutschland-Geschäftsführer Martin Kaßler die neuen Regelungen zusammen. Der Gesetzgeber will damit den Einschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten Rechnung tragen, die sich aus den Maßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung von Infektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 ergeben.
Die temporären Änderungen des WEG im Überblick
Die Sonderregelungen sehen vor, dass der zuletzt bestellte Verwalter im Sinne des WEG bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt bleibt. Dadurch werden die durch den Bestellungsbeschluss sowie durch die Höchstfristen des § 26 Absatz 1 Satz 2 WEG festgesetzten Begrenzungen der Amtszeit zeitweise außer Kraft gesetzt. Dies gilt auch, wenn die Amtszeit des Verwalters zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift bereits abgelaufen ist, aber auch, wenn sie erst danach abläuft. Die Amtszeit endet mit der Abberufung oder der Bestellung eines neuen Verwalters.
Der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan gilt bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort. Somit ist sichergestellt, dass seine Fortgeltung auch ohne Beschlussfassung gegeben ist. Erst in der nächsten Eigentümerversammlung wird dann die Jahresabrechnung beschlossen. Soweit die Jahresabrechnung für steuerliche Zwecke erforderlich ist, muss diese den Wohnungseigentümern schon zuvor zur Verfügung gestellt werden. Um hier Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Immobilienverwaltungen allen Eigentümern die Jahresabrechnung übermitteln, rät Kaßler.
Mit den Sonderregelungen bleibt die Gemeinschaft in der durch den SARS-CoV-2-Virus ausgelösten Situation handlungsfähig, auch wenn keine Eigentümerversammlung durchgeführt werden kann. Über alle anderen Schritte kann entschieden werden, wenn Versammlungen wieder stattfinden. Unaufschiebbare Maßnahmen wie solche zur Abwendung von Schäden am Gemeinschaftseigentum (Notinstandsetzung) kann die Verwaltung auch nach bereits geltendem WEG ohne vorherige Beschlussfassung treffen (§ 27 Absatz 1 Nummer 3 WEG).
Diese Sonderregelungen sind in der aktuellen Lage vernünftig und werden von uns unterstützt, so VDIV-Geschäftsführer Kaßler. Gleichwohl haben wir darauf gehofft, dass das federführende Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz auch ausdrücklich die Möglichkeit von Online-Versammlungen einräumt und Umlaufbeschlüsse in Textform mit einer Dreiviertel-Mehrheit zulässt. Die Erfahrungen aus der COVID-19-Pandemie werden zeigen, dass wir diese Instrumente stärker als bisher benötigen, um Eigentümergemeinschaften handlungsfähig zu halten. Dazu gehört auch zukünftig die Beibehaltung der zweiwöchigen Ladungsfrist für Eigentümerversammlungen.