Fehlende Definition des Verwalterbegriffs und Angaben zum energetischen Gebäudezustand sorgen für Unsicherheit
Der vorliegende Entwurf zum Zensusgesetz (ZensG 2021) hat erhebliche Schwächen und darf so nicht im Deutschen Bundestag beschlossen werden, warnt der Dachverband Deutscher Immobilienverwalter (DDIV). Neben einem undifferenzierten Verwalterbegriff und Abgrenzungsproblemen hinsichtlich der Auskunftspflicht werden auch unzureichende Formulierungen zur Erhebung des energetischen Zustands von Gebäuden für Unklarheiten in der Ausführung sorgen.
Die Durchführung des Zensus stellt für die zumeist kleinen und mittleren Immobilienverwaltungsunternehmen eine zusätzliche, sehr hohe Belastung dar. Umso irritierender ist es für den DDIV, dass die Branche trotz ihrer enormen Relevanz für die Erhebung der Daten im Rahmen des Zensus 2021 im vorliegenden Gesetzentwurf nur unzureichend berücksichtigt wird. Mit der Verwendung eines völlig unbestimmten Verwalterbegriffs schreibt der Entwurf einen Anschauungsfehler des Zensusgesetzes 2011 fort und das, obwohl seit Mitte 2018 mit § 34 c Gewerbeordnung (GewO) eine Definition für Wohnimmobilienverwalter vorliegt. Weder die Verwalterdefinition noch die Unterscheidung zwischen WEG- und Mietverwaltern sind bislang in den Entwurf für das Zensusgesetz aufgenommen worden. Das muss unbedingt korrigiert werden. Denn ein klarer Verwalterbegriff ist erforderlich, um Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der zu liefernden Daten zu vermeiden und um Auskunftspflichten klarzustellen, erklärt DDIV-Geschäftsführer Martin Kaßler.
Der Gesetzentwurf lässt außer Acht, dass Immobilienverwalter von Wohnungseigentum und Verwalter von Mietobjekten verschiedene Aufgaben wahrnehmen und deshalb über sehr unterschiedliche Daten in Bezug auf die Gebäude- und Wohnungszählung verfügen. Während Mietverwalter durchaus Angaben zur Miethöhe, Mieterzahl oder Nutzungsart von Wohnräumen machen können, liegen WEG-Verwaltern derlei Informationen nicht vor. Verwalter von Wohneigentum sind für das gemeinschaftliche Eigentum zuständig, nicht aber für die im Sondereigentum stehenden Wohnungen. Es liegt also in der Natur der Sache, dass der WEG-Verwalter den Inhalt von Mietverträgen nicht kennt. So kann er weder bei vermieteten Wohnräumen noch bei selbstgenutztem Wohneigentum Angaben zur Zahl der Räume, zur Nutzungsart oder ähnlichem machen. Dennoch sieht der Gesetzentwurf Verwalter als eine Art Sammelstelle für den Zensus vor.
Durch den unpräzisen Verwalterbegriff entstehen für die Praxis enorme Unsicherheiten hinsichtlich der Zuständigkeiten und ein ungerechtfertigt hoher Aufwand für die überwiegend kleinen und mittleren Verwaltungsunternehmen bei der Datenerhebung. Hier muss der Gesetzgeber dringend nachbessern. Um den Immobilienverwalter vom tatsächlich Auskunftspflichtigen abzugrenzen, muss die Definition des Verwalterbegriffs gemäß § 34 c GewO in den Gesetzentwurf, macht Kaßler deutlich.
Keine unverhältnismäßige Erweiterung der Erhebungsmerkmale
Stichtag für den nächsten Zensus ist der 16. Mai 2021. Bis dahin müssen alle Daten vorliegen. Angesichts dieses knappen Zeitrahmens lehnt der DDIV die vom Bundesrat angeregte Merkmalserweiterung um den energetischen Zustand jedes Gebäudes ab. Mit dieser würde der Gesetzgeber weit über die Vorgaben der EU-Verordnung (EG) 763/2008 hinausgehen.
Zusätzliche Merkmale führen außerdem zu einem erheblich höheren Aufwand für Immobilienverwaltungen und Eigentümer. Eine Erhebung zum energetischen Zustand ist mit Blick auf den Stichtag logistisch nicht umsetzbar, zumal der Bundesrat in seiner Empfehlung nicht definiert hat, was sich hinter dem Begriff energetischer Zustand verbergen soll. Weder das BGB oder Wohnungseigentumsrecht noch die EnEV kennen den Begriff. Das führt zu erheblicher Rechtsunsicherheit und verhindert eine einfache, unkomplizierte Datenerhebung. Es fehlt an der notwendigen Vorstrukturierung des Erhebungsmerkmals. Denkbar ist, dass die in vorhandenen Energieausweisen gem. §§ 16 ff. EnEV enthaltenen Angaben übermittelt werden sollen. Da die Begründung im Gesetzentwurf aber ausdrücklich ausführt, der Wärmeenergiebedarf hänge maßgeblich vom energetischen Zustand ab, scheint offenkundig, dass die Mitteilung des Energiebedarfs selbst bei Existenz eines bedarfsorientierten Ausweises nicht ausreichend ist. Bei einem verbrauchsorientierten Ausweis sind infolge der Relevanz des Nutzerverhaltens aus dem Energieausweis noch schwerer Rückschlüsse auf den energetischen Zustand des Gebäudes zu ziehen.
Auch wenn eine breite Datenbasis zum energetischen Gebäudezustand zu begrüßen wäre, sollte die Erhebung dieser energetischen Daten nicht im Rahmen des Zensus erfolgen. Hierzu gibt es keine Vorgabe der Europäischen Union. Bisher werden bereits Kosten für den Zensus von rund 1 Milliarde Euro veranschlagt, die dann noch weiter steigen. Es ergibt mehr Sinn, über Stichproben und Hochrechnungen durch die statistischen Landesämter hierzu Angaben zu erhalten, so DDIV-Geschäftsführer Martin Kaßler.
Unabhängig von diesen Schwierigkeiten ist das erste Halbjahr für Immobilienverwaltungen geprägt durch Jahresabrechnungen und Wohnungseigentümerversammlungen. Viele Immobilienverwaltungen arbeiten schon heute an den Grenzen ihrer Kapazität. Es wäre deshalb unverantwortlich, zusätzliche Merkmale, die über die EU-Vorgaben hinausgehen, in das Zensusgesetz aufzunehmen. Hierauf weist Kaßler abschließend ausdrücklich hin.
Hintergrund:
Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf zum Zensusgesetz 2021 befindet sich derzeit im parlamentarischen Verfahren und soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Er definiert eine Reihe von Erhebungsmerkmalen für Wohngebäude und setzt damit im Wesentlichen die EU-Vorgaben um. Die für die Zählung erforderlichen Angaben umfassen Eigentumsverhältnisse, Gebäudetyp, Baujahr, Anzahl der Wohnungen, Heizungsart, Art der Nutzung, Wohnfläche, Anzahl der Räume, Namen von bis zu zwei Bewohnern und Anzahl der Bewohner. Der Bundesrat hat Ende März eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf abgegeben und darin angeregt, die Erhebungsmerkmale unter anderem um Angaben zum Energieträger und zum energetischen Gebäudezustand zu erweitern. Auskunftspflichtig sind laut Gesetzentwurf neben Eigentümern auch Verwaltungen.