23.08.2021 Ausgabe: 5/21

10 Tipps zur Vermeidung von Fehlern bei der ­Abnahme und Bezahlung von Instand­setzungs- und ­Sanierungsmaßnahmen

Von Rechtsanwalt Dipl. oec. (Univ.) Reinhard Gerle, Fachanwalt für Bau- und ­Architektenrecht, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Augsburg

1. Beschlüsse über ­fachliche Begleitung
Größere Sanierungsmaßnahmen müssen fachlich begleitet werden. Dies ist in den Sanierungsbeschluss aufzunehmen. Technische Begleitung ist bei der Abnahmebegehung ohnehin unumgänglich (Tipp 3). Viele Mängel sind aber ohne zerstörende Eingriffe ins Bauwerk nicht erkennbar. So sind auch während der Bauphase mehrere Begehungen mit einem Fachmann erforderlich, um etwaige später überbaute Fehler feststellen zu können. Bei größeren Instandsetzungen sollte ein Fachanwalt die Vertragsverhandlungen und den -abschluss begleiten.

2. Vereinbarung ­förmlicher Abnahme
Die Rechtsprechung zum Bauvertrag ändert sich laufend, sodass Nichtjuristen meist keine den aktuellen rechtlichenAnforderungen genügenden Dokumente zur Hand haben. Auch Architekten sollten keine Bauverträge machen. Für Eigentümergemeinschaften sollte nicht die Vereinbarung der VOB/B vorgeschlagen werden.
Für kleinere Bauvorhaben gibt es gute Musterverträge, z. B. vom Zentralverband des Baugewerbes und Haus & Grund. Googeln: Bauvertrag Haus und Grund – kostenloser Download. Im Vertrag sollte zumindest bei größeren Vorhaben die „förmliche Abnahme“ vereinbart werden – und für die Dauer der Gewährleistungszeit eine Sicherheitsleistung des Handwerkers für Mängel.

3. Durchführung der Abnahme
Nach Abschluss der Arbeiten muss ein Abnahmetermin tatsächlich stattfinden. Er erfordert nicht zwingend, dass sich Auftraggeber und Handwerker vor Ort treffen. Die Abnahme ist eine einseitige Erklärung des Auftraggebers, dass die Leistung keine wesentlichen Mängel erkennen lässt und sie als vertragsgerecht akzeptiert wird.
Bei kleineren Arbeiten empfiehlt sich nach Eingang der Schlussrechnung eine zeitnahe Sichtprüfung, ob die berechneten Arbeiten tatsächlich und ordentlich ausgeführt wurden. Bei Beanstandungen kann die Zahlung nicht bzw. nicht vollständig freigegeben werden. Das Ergebnis der Sichtung nach kleineren Arbeiten ist dem Handwerker per E-Mail mitzuteilen: Abnahme erfolgt oder abgelehnt.
Größere Baumaßnahmen erfordern eine gemeinsame Abnahme der Verwaltung in Begleitung eines Fachmanns, der technisch zur Bewertung der Qualität der Arbeit qualifiziert ist, mit dem Handwerker. Es sollte möglich sein, die Arbeiten aus der Nähe zu betrachten, also besser noch vor dem Abbau von Gerüsten.

4. Erklärung oder ­Verweigerung der Abnahme
Eine mängelfreie Leistung kann abgenommen werden, was nicht fertig ist und/oder erhebliche Mängel aufweist, nicht. Auch viele kleine Mängel rechtfertigen eine Verweigerung der Abnahme, wofür dann grundsätzlich auch keine (weitere) Zahlung zu leisten ist – bis zur Beseitigung der erheblichen Mängel. Ist die Abnahme erklärt, beginnt die Gewährleistungsfrist.

5. Vorbehalt bekannter Mängel
Bei der Abnahme sind alle Mängel zu rügen, die dem Auftrag­geber bei diesem Termin auffallen, auch solche, die bereits vorher aufgefallen waren und noch immer bestehen. Werden berechtigte Mängelvorbehalte bei der Abnahme nicht dokumentiert, führt das zum Verlust des Anspruchs auf Nachbesserung, Ersatzvornahme, Minderung und Rücktritt. Die Vorbehalte sind ein wichtiger Teil des Abnahmeprotokolls (Tipp 6) – und sie bergen ein erhebliches Haftungsrisiko für Verwaltungen.

6. Fertigung des ­Abnahmeprotokolls
Zumindest bei größeren Instandsetzungs- und Sanierungsarbeiten sollte ein schriftliches Abnahmeprotokoll erstellt werden. Darin werden alle vom Handwerker anerkannten Mängel festgehalten und auch die von der Verwaltung behaupteten, die der Handwerker nicht anerkennt. Es sollte klar daraus hervorgehen, welche Mängel unstreitig sind und welche zwischen Handwerker und Verwaltung streitig sind. Sieht der Bauvertrag eine Vertragsstrafe vor, die der Handwerker „verwirkt“ hat, ist deren Geltendmachung ebenfalls vorzubehalten. Des Weiteren sollte eine Frist für die Behebung von Mängeln und die Ausführung von Restarbeiten festgesetzt werden. Rechtlich nicht erforderlich, aber empfehlenswert ist es, dass beide Parteien das Protokoll unterschreiben.


7. Einbehalt von Zahlungen
Wird die Abnahme wegen gravierender Mängel verweigert, ist die Begleichung der Schlussrechnung erst nach der Mängelbeseitigung und Erstellung einer abnahmereifen Leistung fällig. Erfolgt die Abnahme unter Vorbehalt unwesentlicher Mängel, erlaubt dies einen Einbehalt des Rechnungsbetrags, der sich am Doppelten der Mängelbeseitigungskosten orientiert. Es empfiehlt sich, zur Festsetzung und Vereinbarung des Betrags mit dem Handwerker den bei der Abnahme anwesenden Fachmann hinzuzuziehen. Wird keine Regelung getroffen, sollte der Einbehalt eher großzügig geschätzt werden.

8. Teilabnahme und technische Leistungsfeststellung
Wird ein Teil einer Bauleistung früher fertig als der Rest, folgt meist schon der Gerüstabbau in dem Bereich, sodass dieser nach der Gesamtfertigstellung nicht mehr zugänglich ist. Die Prüfung muss hier also vorgezogen werden, sollte aber nicht als „Teilabnahme“ bezeichnet werden, da hierfür sonst die Gewährleistungsfrist beginnt. Ein Protokoll zur Prüfung der Teilleistung sollte ausdrücklich festhalten, dass diese nur der technischen Überprüfung diente und die Abnahme erst nach Abschluss der gesamten Bauleistung erfolgt.


9. Rechnungsprüfung und Skonto
Der Handwerker hat (spätestens) mit der Schlussrechnung nachzuweisen, dass die berechneten Leistungen auch erbracht wurden. Hierfür gibt es unterschiedliche Anforderungen – je nach Vereinbarung, ob pauschal, nach Zeit- und Materialaufwand („Regie“) oder nach Einheitspreisen abzurechnen ist. Üblich ist die Abrechnung nach Einheitspreis. Für Verwaltungen, die unwissentlich eine überhöhte Rechnung bezahlen, besteht ein Haftungsrisiko. Üblich ist es, für Bauleistungen Skonto zu vereinbaren. Der Rechnungsabzug gilt dann für jede einzelne Zahlung, nicht nur wenn alle Zahlungen fristgemäß erfolgen, und die Skontofrist muss ausreichend Zeit für die Rechnungsprüfung lassen. Achtung: Nicht eingeforderte Skontobeträge können zu Haftungsansprüchen gegen die Verwaltung führen.


10. Fristen- und Gewährleistungs­management
Bei allen Instandsetzungs- und Sanierungsarbeiten, die über unwesentliche Arbeiten an einem Gebäude hinausgehen, gilt eine Verjährungsfrist von fünf Jahren ab der Abnahme nach Bürgerlichem Gesetzbuch. Für diese Arbeiten sollte ein Fristenkalender mit Wiedervorlagen geführt werden, sodass vier Jahre nach der Abnahme nochmals überprüft wird, ob sich Mängel an der Bauleistung zeigen. Je nach Prüfumfang sollte auch hier ein Baufachmann hinzugezogen werden. Eine Verwaltung, die Gewährleistungsansprüche verjähren lässt, kann dafür haftbar gemacht werden.

Foto: © Norbert A. / Shutterstock.com


Gerle, Rechtsanwalt Dipl. Oec. (univ.) Reinhard

Fachanwalt für Bau- und ­Architektenrecht, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Augsburg