08.03.2021 Ausgabe: 1/21

11 Tipps rund um den neuen Vermögens­bericht - Was gehört rein, und ­warum ist das so?

Von Rechtsanwalt Stephan Volpp, Fach­anwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Stuttgart

Alles neu macht der Mai. Nicht im Jahre 2020. Für die Immobilienverwaltung markierte in dem Jahr der Dezember den Start in eine neue Zeitrechnung. Mit Inkrafttreten des neuen Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) wagt der Gesetzgeber einen Grand Slam, der auch das Finanzwesen der Gemeinschaft in ein neues Licht taucht. Jährlich ist ein Vermögensbericht zu erstellen, der Aufschluss über die finanzielle Lage der Gemeinschaft geben soll. Dabei gibt es einiges zu beachten, vor nicht zu bewältigende Herausforderungen stellt die neue Anforderung Verwaltungen aber nicht. Der vielfach bereits etablierte Status, der mit der Abrechnung erstellt wird, kann weitestgehend weiterverwendet werden. Er bedarf lediglich der Ergänzung in übersichtlichem Maß. Details werden Rechtsprechung und Literatur klären. Einstweilen können Verwaltungen entspannt bleiben.

1. Das sagt das Gesetz
Nach § 28 Abs. 4 WEG hat die Verwaltung einer Eigentümergemeinschaft nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen, der den Stand der Erhaltungsrücklagen und weiterer beschlossener Rücklagen sowie eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Der Vermögensbericht ist jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen.

2. Die Zielsetzung
Die Zahl der in der Praxis häufigen Streitigkeiten über Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung soll verringert werden. Dafür wird der Beschlussgegenstand der Abrechnung und des Wirtschaftsplans jeweils auf die Zahlungspflichten reduziert. Für den Erfolg einer Anfechtungsklage genügt es deshalb nicht mehr, dass lediglich einzelne Teile des Gesamtwirtschaftsplans oder der Gesamtabrechnung fehlerhaft sind, solange sich solche Fehler nicht auf die Zahlungspflicht der Wohnungseigentümer auswirken. Insbesondere die Gesamtabrechnung, die auch Informations- und Kontrollfunktion über das Handeln des Verwalters hatte, wird in ihrer Bedeutung entschlackt. Diese Funktionen erfüllt nun der Vermögensbericht.

3. Der Stand der ­Rücklagen
Darzustellen sind der Stand der Erhaltungsrücklage gem. § 19 II Nr. 4 WEG sowie weiterer beschlossener Rücklagen, etwa Sonderrücklagen für Liquidität, Prozesskosten oder Folgekosten baulicher Veränderungen, die gemäß § 19 WEG beschlossen werden können, daneben der Stand der Bankkonten der Gemeinschaft. Anzugeben ist der tatsächliche Stand der einzelnen Konten zum 31. Dezember des Berichtsjahres.

4. Das Gemeinschaftsvermögen
Zum Vermögen zählen alle beweglichen und unbeweglichen Sachen, Forderungen (Aktiva) und Verbindlichkeiten (Passiva) sowie sonstige Rechte der Gemeinschaft. Sonder- und Gemeinschaftseigentum fallen dagegen nicht unter das Gemeinschaftsvermögen. Sie werden dem Vermögen der Wohnungseigentümer zugeschrieben.

5. Die Aktiva
Zu den Forderungen zählen insbesondere Beitragsansprüche der Gemeinschaft gegen Wohnungseigentümer aus Wirtschaftsplänen, Sonderumlagen, Jahresabrechnungen, Schadensersatzansprüche oder auch titulierte Prozesskosten. Sie sind auch dann in den Bericht aufzunehmen, wenn sie außerhalb des Berichtszeitraums entstanden, aber noch nicht erfüllt sind. Daneben werden Forderungen gegen Dritte, etwa Versicherungen, Versorgungsunternehmen sowie Finanz- und Sozialversicherungsträger, in Betracht gezogen.

6. Die Passiva
Die Verbindlichkeiten der Gemeinschaft umfassen insbesondere Ansprüche der Wohnungseigentümer auf Erstattung von Abrechnungsguthaben, Überzahlungen aus Wirtschaftsplänen oder Aufwendungsersatzansprüche von Verwaltungsbeiräten. Im Außenverhältnis sind dies Zahlungsansprüche von Handwerkern, Banken, Versicherungen etc.

7. Sonstiges Vermögen
Nicht verbrauchte Brennstoffvorräte sowie bewegliche Sachen wie etwa Aufsitzrasenmäher, Kehrgeräte, Werkzeug oder Verbrauchsmaterialien zählen beispielhaft zum sonstigen Vermögen der Gemeinschaft. Sie sind mithin namentlich in den Bericht aufzunehmen. Bei der Beschaffung der Informationen über die Zusammenstellung der beweglichen Sachen kann man versuchen, den Verwaltungsbeirat, der den Verwalter gemäß § 29 Abs. 2 WEG bei der Durchführung seiner Aufgaben unterstützt, um Hilfe zu bitten. Die Inventarliste des Verwaltungsbeirats kann zum Bestandteil des Vermögensberichts gemacht werden.

8. Die Darstellung des Vermögens
Die Bestandteile des Vermögens bedürfen keiner Bewertung. Bei Forderungen und Verbindlichkeiten reicht die Angabe des Betrags, bei beweglichen Sachen, z. B. Rasenmähern, die namentliche Nennung.

9. Das wesentliche ­Vermögen
Die Gesetzesbegründung zur Frage, was das wesentliche Vermögen ist, ist zurückhaltend. Sie definiert nur, wann Gegenstände des Vermögens unwesentlich sind. Dies soll dann der Fall sein, wenn sie für die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft unerheblich sind. Kleinstvorräte an Leuchtmitteln, Streumaterialien u. Ä. bewegen sich – unabhängig von der Größe des Wohnungseigentumsobjekts – ohne Weiteres außerhalb der Darstellungspflicht.

10. Form und Frist
Der Bericht ist erstmals nach Ablauf für das Jahr 2020 in Textform zu erstellen. Das Gesetz schreibt dafür keine Frist vor. Es ist möglich, den Bericht gemeinsam mit der Abrechnung zu erstellen. Er sollte aber spätestens bis zum Beginn der nachfolgenden Berichtsperiode vorliegen.

11. Fehler im Bericht
Fehlerhafte Angaben schlagen nicht auf die Genehmigung von Wirtschaftsplan und Abrechnung durch. Sie begründen lediglich Berichtigungs- und Ergänzungsansprüche der Wohnungseigentümer, die sich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Schuldnerin des Berichts richten. Der Verwalter fertigt den Bericht in Ausübung seiner Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft aus.

Foto: © MJTH / Shutterstock.com


Volpp, Stephan

Der Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Justiziar des VDIV Baden-Württemberg. Volpp ist Dozent bei der Akademie der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Baden-Württemberg und Mitglied des Prüfungsausschuss ­Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei der Rechtsanwaltskammer Stuttgart.