21.07.2023 Ausgabe: 5/23

11. VDIV-Branchenbarometer

Wie steht es um energetische Sanierungen in Eigentümergemeinschaften und Mietobjekten?

Bis 2045 soll der Gebäudebestand in Deutschland klimaneutral sein. Weil dieses Ziel nur erreicht wer­den kann, wenn die Sanierungsquote steigt, nimmt die Bundesregierung Wohnungseigentümerin­nen und -eigentümer in die Pflicht. Gut zehn Millionen Eigentumswohnungen machen ein Viertel des gesamten bundesdeutschen Wohnungsbestands aus. Deren Im­mobilienverwaltungen sind gefordert, wenn es um die Umsetzung der kommenden Sanierungspflichten geht: Sie müssen informieren, beschließen lassen und die Maß­nahmen bis zum Ende begleiten. Wie es damit aktuell im Bestand aussieht, zeigen die Zahlen des aktuellen VDIV-Branchenbarometers 2023.

Die aktuelle Lage

Fast ein Drittel der befragten Immobilienverwaltungen (31,9 Prozent) gaben an, dass mehr als 75 Prozent ihres betreuten WEG-Bestandes noch unsaniert sind, obwohl knapp die Hälfte (48,2 Prozent) der WEG-Verwaltungen im vergangenen Jahr Sanierungsmaßnahmen in ihren Objekten begleitet hat. Im regionalen Vergleich sticht dabei der Süden (Baden-Würt­temberg, Bayern) mit einer Quote von 61,7 Prozent hervor.

Ähnlich bei Mietobjekten: Der Anteil der Unternehmen, deren Bestand zu mehr als 75 Prozent noch unsaniert ist, liegt hier bei 38,2 Prozent, nur 24,6 Prozent der Befragten gaben an, 2022 damit befasst gewesen zu sein. Die Region Süd schneidet hier mit 18,3 Prozent deutlich schlechter ab als der Norden. In Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein sind es 42,9 Prozent. Allerdings ist der durchschnittliche Anteil der Mieteinheiten im Portfolio in der Region Süd mit 18,8 Prozent im regionalen Vergleich am niedrigsten; im Mittel liegt er bei 30,2 Prozent. Den Schwerpunkt bildet im Süden die WEG-Verwaltung mit 75 Prozent; im Bundesdurchschnitt sind es 56,4 Prozent.

Immobilienverwaltungen, die Sanierungsmaßnahmen be­gleiteten, haben im Mittel in 8,1 Prozent ihrer WEG-Objekte und in 12,5 Prozent der Mietobjekte Sanierungsvorhaben betreut. Es gibt also noch immer viel zu tun, wenn die ge­setzlich verordneten Sanierungsziele erreicht werden sollen.

Heizungssanierung liegt vorn.

Bei 88,5 Prozent der WEG- und 81,9 Prozent der Mietverwal­tungen, die 2022 Sanierungsmaßnahmen umgesetzt haben, ging es um Heizungsanlagen und Wärmeerzeuger, wobei in beiden Objektarten hauptsächlich in Brennwerttechnologie investiert wurde (59,4 und 67,8 Prozent). Wärmepumpen liegen deutlich dahinter (12,9 und 13,6 Prozent), Hybrid-heizungen, Solarthermie und Blockheizkraftwerke haben nur sehr geringe Anteile. Häufig dagegen wurden Fenster ausgetauscht (68,8 Prozent in WEG-, 81,9 Prozent in Miet­verwaltungen) und Dächer saniert (56,8 Prozent in WEG-, 50,6 Prozent in Mietverwaltungen).

Wer nicht saniert, hat Gründe.

60 Prozent der befragten WEG-Verwaltungen nannten zu geringe Erhaltungsrücklagen als Grund, nicht zu sanieren. Das deckt sich mit dem Ergebnis der Blitzumfrage des VDIV Deutschland zur finanziellen Lage in Wohnungs-eigentümergemeinschaften vom März dieses Jahres: 59,4 Prozent der befragten Verwaltungen gaben an, dass die Rücklagen ihrer Gemeinschaften eher nicht für den Einbau von Heizsystemen reichten, die mit erneuerbaren Energien gespeist werden, 27,9 Prozent meinten sogar, sie würden keinesfalls reichen.

Mangelnde Kapazitäten bei ausführenden Unternehmen spielen für 50,2 Prozent eine Rolle, fehlende WEG-Be­schlussvorlagen für 39,5 Prozent. Unzureichende Förder­möglichkeiten (26,3 Prozent) und ungenügende Information über am Markt vorhandene Lösungen und Produkte (23,4 Prozent) sowie über Fördermöglichkeiten (15,6 Prozent) ran­gieren weit hinten und scheinen eher irrelevant. Gut möglich aber, dass so manche Verwaltung sich etwa wegen fehlender Beschlüsse noch gar nicht mit dem Thema Förderung befasst hat, sodass hierfür noch kein Problembewusstsein besteht. Das legt die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage (Bundestagsdrucksache 20/3186) nahe: Nur 1,6 Prozent aller bis Juli 2022 gestellten Anträge auf Förde­rung von Einzelmaßnahmen nach der Bundesförderung für Effiziente Gebäude kamen von Eigentümergemeinschaften. Auch nur 0,9 Prozent aller von der KfW bewilligten Förder­gelder für Sanierungen gingen 2022 an sie.

In der Mietverwaltung zeigen sich andere Hürden: 75,5 Prozent der Unternehmen, die 2022 keine energetischen Sanierungen in ihren verwalteten Objekten begleitet haben, begründen das mit mangelndem Interesse der Eigentümer. Zu geringes Eigenkapital folgt mit 39,5 Prozent auf Platz zwei, dahinter zu geringe Kapazitäten bei ausführenden Unter­nehmen (29,1 Prozent) und bei Verwaltungen selbst (27,2 Prozent). Fördermittel stellen auch in der Mietverwaltung kein entscheidendes Hindernis dar: Unzureichende Förder­mittel (20,7 Prozent), zu wenig Information darüber (16,1 Prozent) sowie über Lösungen und Produkte (13,8 Prozent) und verweigerte Kreditzusagen (4,6 Prozent) rangieren ganz hinten.

Was für 2023 geplant ist

72,7 Prozent der Immobilienverwaltungen planen, 2023 energetische Sanierungsmaßnahmen in ihren verwalteten Gemeinschaften zu begleiten. Zum Vergleich: 2022 waren es nur 48,2 Prozent. Ganze 22,2 Prozent aber haben 2022 keine Sanierung begleitet und planen dies auch 2023 nicht.

Oberste Priorität hat bei Sanierungswilligen die Erneuerung der Heizungsanlage (88,9 Prozent), gefolgt vom Fensteraus­tausch (67,0 Prozent) und der Dacherneuerung (54,2 Pro­zent). Wird die Heizung 2023 erneuert, setzen 19,1 Prozent auf Wärmepumpen – ein deutlicher Anstieg gegenüber 2022 (12,1 Prozent). Nach wie vor überwiegt die Brennwertheizung (46,5 Prozent, Vorjahr: 59,4 Prozent). Wenig verwunderlich, weil Maßnahmen in der Regel in den Vorjahren beschlossen wurden und viele Eigentümer den Vorgaben der GEG-Novel-le, ab 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien zu betreiben, zuvorkommen wollen.

Von den Mietverwaltungen planen weniger als die Hälfte (43,1 Prozent) 2023 energetische Sanierungsmaßnahmen. Mehr als jede Zweite (52,6 Prozent) hat 2022 keine Sanie­rung begleitet und plant dies auch 2023 nicht. Wo aber Sanierungen anstehen, hat auch hier die Erneuerung der Heizungsanlage mit 80,4 Prozent höchste Priorität, ge­folgt von der der Fenster (61,5 Prozent) und des Daches (42,6 Prozent). Dabei entscheiden sich 17,5 Prozent für die Wärmepumpentechnologie, Brennwertheizungen liegen auch hier mit 50,8 Prozent vorn.

Für Unsicherheit und somit auch Zurückhaltung bei ener­getischen Sanierungen sorgen sicherlich die verschiedenen neuen Gesetze, von der Bundesregierung in kürzester Zeit mit dem Ziel verabschiedet, Energie zu sparen und den Gebäudesektor klimaneutral zu gestalten. Deren Wirkung in der Praxis muss sich erst noch entfalten.


 

11. VDIV-Branchenbarometer

Die Befragung für das diesjährige Branchenbarometer wurde vom 10. Februar bis 1. Mai 2023 durchgeführt. Insgesamt 1.013 Unternehmen nahmen teil, nach Be­reinigung der Ergebnisse wurden je nach Fragestellung in die Auswertung bis zu 429 Antworten einbezogen.

Weitere Ergebnisse der aktuellen Branchen­erhebung werden in den kommenden Ausgaben von VDIVAKTUELL detailliert vorgestellt. Die Publikation kann ab August für Mitglieder zu Sonderkonditionen online bezogen werden: www.vdiv.de/publikationen

Karrasch, Alexandra

Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Verband der Immobilienverwalter Deutschland e.V

Schütz, Arlette

Referentin Wirschaft und Statistik
VDIV Deutschland