13.10.2020 Ausgabe: 6/20

8. VDIV- Branchenbarometer - Alarmierende Trends bei Vergütung und Klimaschutz: Verwalterleistungen sind noch immer nicht adäquat honoriert, und energetische Sanierungsmaßnahmen sind weiter rückläufig.

Immobilien treuhänderisch zu managen, ist eine komplexe und verantwortungsvolle Tätigkeit. Mehr als 60 Gesetze und Verordnungen, die immer wieder Novellierungen unterliegen, müssen Wohnimmobilienverwalter in ihrer täglichen Arbeit berücksichtigen. Mit der WEG-Reform, der Grundsteuerreform, dem Klimapaket, dem Gebäudeenergiegesetz und dem Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz treten nun innerhalb kürzester Zeit mehrere sehr komplexe Neuregelungen in Kraft. Das setzt umfangreiches Rechtswissen und technisches Verständnis voraus. Hinzu kommt ein verändertes Anspruchsverhalten von Eigentümergemeinschaften: Daten sollen rund um die Uhr abrufbar sein, Informationen sekun­­denschnell zur Verfügung gestellt werden, die Verwaltung jederzeit erreichbar sein – die Digitalisierung macht es schließlich möglich.

Vergütung hält nicht Schritt
Dass die Anforderungen an Immobilienverwaltungen sowohl von gesetzlicher als auch von Kundenseite steigen, ist an sich unproblematisch. „Stillstand ist Rückschritt“ lautet nicht umsonst das bekannte Zitat eines deutschen Topmanagers. Doch bei der Honorierung von Immobilienverwaltungen verzeichnen wir seit Jahren nur geringfügige Erhöhungen – und zum Teil sogar einen nicht nur sprichwörtlichen Rückschritt.

Nur geringfügige Steigerung in der WEG-Verwaltung
In der WEG-Bestandsverwaltung stellt das 8. VDIV-Branchenbarometer einen Anstieg gegenüber dem Vorjahr um 2,6 Prozent von durchschnittlich 21,02 Euro auf 21,57 Euro fest. Aber: Inflationsbereinigt reduziert sich der Zuwachs auf 1,2 Prozent. Das ist angesichts der zunehmenden Anforderungen zu wenig, um dauerhaft hochwertige Arbeit leisten zu können. Denn Immobilienverwaltungen sind nicht nur mit zunehmenden Vorgaben und Forderungen konfrontiert, sondern auch mit Herausforderungen wie Fachkräftemangel und Personalkostensteigerungen. Um kompetente Mitarbeiter für das qualitativ hochwertige Management der Bestände zu finden und zu halten, braucht es endlich eine Honorierung, die dem Anspruch an die Tätigkeit gerecht wird.

Den langen Weg der Branche dorthin zeigt der langfristige Vergleich: Seit 2010 ist die durchschnittliche WEG-Bestandsvergütung lediglich um insgesamt 23,5 Prozent bzw. 4,10 Euro gestiegen – und somit gerade einmal um 0,46 Euro pro Jahr. Inflationsbereinigt beträgt die jährliche Steigerung seit 2010 sogar nur 0,20 Euro bzw. 1,2 Prozent.

Dass die Vergütungssätze auf niedrigem Niveau verharren, gilt nicht nur in der Bestandsverwaltung. Auch bei neu akquirierten Mandaten schrecken die Verwaltungen vor deutlichen Preisanpassungen zurück. Sie erhöhten 2019 die Honorierung um durchschnittlich zwei Prozent auf 23,77 Euro – im Vorjahr lag der Anstieg noch bei 6,6 Prozent. Klare regionale Tendenzen bestehen dabei nicht: Während Verwaltungen für neu akquirierte Mandate mit bis zu zehn Wohneinheiten im Süden die höchste Vergütung erheben, ist die Honorierung bei Objekten mit 100 und mehr Einheiten im Norden am höchsten.

Immerhin: Bei Eigentümergemeinschaften mit wenigen Einheiten erheben 43,5 Prozent der Verwaltungen Mindestpauschalen von mehr als 31 Euro je Einheit und Monat – und liegen damit über dem Pauschalsatz zur Neubewerbung bei kleinen Objekten von durchschnittlich 30,59 Euro. Das ist ein wichtiger Schritt, um Aufwand und Honorierung in ein angemessenes Verhältnis zu setzen.

Entwicklung der WEG-Bestandsvergütung 2010/2019 (netto)
Reale Verluste in der Mietverwaltung
Die aktuelle Situation in der Mietverwaltung beunruhigt noch mehr: 2019 erhöhten zwar 41,4 Prozent der Unternehmen ihre Verwaltergebühr. Insbesondere Unternehmen mit 6.000 bis 9.999 verwalteten Einheiten nutzten hier Anpassungspotenziale bei Vertragsverlängerungen und durch Staffelungen, setzten aber auch darüber hinaus bei laufenden Verträgen Anhebungen durch.

Doch die pauschalen Regelsätze stiegen im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 0,8 Prozent. Unter Berücksichtigung der Inflationsrate von 1,4 Prozent sind sie somit real um 0,6 Prozent gesunken. Vom Aufwärtstrend, der sich noch in den Vorjahreserhebungen zeigte, ist in der aktuellen Erhebung nichts mehr zu spüren. Die höchsten Vergütungssätze können über Objekte aller Größenklassen – wie auch in der Vorjahreserhebung  – nahezu durchgängig Mietverwalter im Süden Deutschlands realisieren. Die niedrigsten pauschalen Regelsätze erzielen weiterhin Verwalter der Region Ost. Allerdings fällt der Unterschied in der aktuellen Erhebung etwas geringer aus: Er reduzierte sich von durchschnittlich 6,78 Euro auf 5,61 Euro.
Die Langfristbetrachtung seit 2010 weist zwar weiterhin aufwärts, doch aufgrund der realen Verluste im Jahr 2019 ist inflationsbereinigt nur noch ein jährlicher Anstieg um 1,5 Prozent festzustellen. Die zunehmenden Anforderungen an die Verwaltungen stehen somit auch in diesem Segment in keinem angemessenen Verhältnis zur Entwicklung der Vergütung.
Es gilt daher weiterhin der Appell des VDIV Deutschland: Die Branche muss ihre Vergütung endlich der Realität anpassen. Nur so können Immobilienverwaltungen langfristig die Qualität erbringen, die für den Werterhalt der privaten Altersvorsorge von Millionen Bürgern notwendig ist – und die die Kunden zu Recht erwarten.

Vergütung bei Neubewerbung (netto)

Energetische Sanierung deutlich rückläufig
Alarmierende Ergebnisse zeigt das 8. Branchenbarometer auch bei der energetischen Sanierung des Gebäudebestandes. 2019 haben nur 26,9 Prozent der befragten Unternehmen entsprechende Maßnahmen begleitet. Dieser Wert bildet den Tiefpunkt, seitdem der VDIV Deutschland Zahlen zu diesem Aspekt erhebt. Zum Vergleich: Bei der vierten Ausgabe des Branchenbarometers lag ihr Anteil noch bei 44,2 Prozent und damit knapp 40 Prozent höher.

Die große Zurückhaltung der vergangenen Jahre dürfte auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein: So scheuen viele Eigentümergemeinschaften kostenintensive energetische Sanierungen, weil sie nicht von den Einspareffekten solcher Maßnahmen überzeugt sind oder nicht immer finanzielle Vorteile erzielt werden. Zudem bestehen rechtliche Hemmnisse durch die geltenden Regelungen zur Beschlussfassung, der Bausektor ist vielerorts ausgelastet, wodurch Kapazitäten fehlen und das Einholen von Angeboten und die Umsetzung der Projekte erheblich erschwert werden. Und auch Immobilienverwaltungen haben häufig nicht die personellen Ressourcen, um entsprechende Maßnahmen in Eigentümergemeinschaften aktiv zu forcieren. Vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie ist auch für dieses Jahr keine nennenswerte Steigerung der Sanierungsaktivitäten in Eigentümergemeinschaften zu erwarten. Denn solch umfangreiche, kostenintensive Projekte erfordern den Beschluss der Eigentümergemeinschaft. In den ersten sechs Monaten wurde jedoch aufgrund der Corona-Pandemie ein Großteil der Eigentümerversammlungen verschoben, sodass keine Beschlüsse über entsprechende Sanierungsmaßnahmen gefasst werden konnten, und auch im weiteren Jahresverlauf gestaltet sich die Durchführung aufgrund bestehender Vorschriften, Terminfindungsprobleme und Bedenken gegenüber der Teilnahme schwierig. Selbst wenn in diesem Jahr entsprechende Beschlüsse in Versammlungen gefasst werden konnten, dürfte es zumeist zu spät dafür sein, die geplanten Maßnahmen noch 2020 umzusetzen. 

Für die Zukunft jedoch ist ein Anstieg der Sanierungszahlen durchaus möglich. Erfreulicherweise wird die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes die Beschlussfassung für energetische Sanierungsmaßnahmen in Wohnungseigentümergemeinschaften deutlich erleichtern, indem die hierfür erforderlichen Mehrheiten für Abstimmungen abgesenkt werden. Dies soll bewirken, dass umfangreiche energetische Sanierungsmaßnahmen nicht von einzelnen Wohnungseigentümern verhindert werden können. Hierfür setzt sich der VDIV Deutschland mit Nachdruck ein. Denn so kann die Novelle insgesamt dazu führen, dass die seit Jahren viel zu geringe Sanierungsquote in Eigentümergemeinschaften endlich ansteigt.

Prozentualer Anteil der Unternehmen, die ihre Gebühr gesteigert haben, nach Unternehmensgröße

Regelsatz pauschale Mietvergütung regional (netto)
Entwicklung der Pauschalvergütung in der Mietverwaltung 2010/2019

VDIV-Branchenbarometer
Das Branchenbarometer ist der wichtigste Indikator der Immobilienverwalterwirtschaft und gilt längst als Standardwerk. Für das 8. VDIV-Branchenbarometer wurden die vollständigen Umfrageergebnisse von 469 Immobilienverwaltungen ausgewertet, insgesamt nahmen 1.010 Unternehmen an der Umfrage teil.

Die umfassende Branchenanalyse liefert detaillierte Antworten auf entscheidende Fragen der WEG-, Miet- und Sondereigentumsverwaltung:

  • Welches Steigerungspotenzial bieten Vergütungssätze in verschiedenen Regionen und Siedlungsstrukturen?
  • Wann und wie führt die Branche Preisanpassungen durch?
  • Wie hoch lassen sich Unternehmen Zusatzleistungen vergüten?
  • Wie viele Mitarbeiter sind in Verwaltungen vergleichbarer Größe ausschließlich mit der Objektbetreuung betraut?
  • Wie entwickelt sich die Mitarbeiterzahl in den verschiedenen Unternehmensgrößen?
  • Wie werden neue Eigentümergemeinschaften akquiriert – und was sind die Gründe, sie abzulehnen?
  • In welchem Umfang werden Sanierungsmaßnahmen betreut?
  •  Welche unternehmerischen Veränderungen des Verwaltungsbestands sind geplant?

Das 8. VDIV-Branchenbarometer mit umfangreichen betriebswirtschaftlichen Daten und weitreichenden Details zur Immobilienverwaltungsbranche sowie den Ergebnissen einer Umfrage zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie kann unter www.vdiv.de/branchenbarometer bestellt werden. Unternehmen, die an der Umfrage mitgewirkt haben, erhalten die Publikation kostenlos. Für Mitglieder der Landesverbände des VDIV Deutschland beträgt der Preis 39 Euro zzgl. USt., für Immobilienverwaltungen ohne Mitgliedschaft 79 Euro zzgl. USt.


Kaßler, Martin

Geschäftsführer des VDIV Deutschland