04.09.2020 Ausgabe: 5/20

9 Antworten auf Fragen zur Überprüfung technischer Anlagen - Die regelmäßige Prüfung und Wartung von Gebäudeteilen ist Teil der Verkehrssicherungspflicht.

Von Dipl.-Ing. Gotthard Grieseler MRICS, grieseler gmbh, Dortmund

1. Was muss regelmäßig geprüft werden?
Üblicherweise lassen Eigentümer ihre Immobilien heute einmal jährlich überprüfen, und zwar das Gebäude innen und außen sowie die Außenanlagen bzw. das Gebäudeumfeld. Eher wenig Aufmerksamkeit wird, meist aus Unwissenheit, vorhandenen technischen Einrichtungen und Anlagen gewidmet. Prüf- und Wartungspflichten bestehen aber auch für Aufzüge, Feuerlöscher, Brandmelde- und Rauchwärmeabzugsanlagen etc.

2. Auf welche Immobilien trifft das zu?
Grundsätzlich geht es um Wohnimmobilien und Tiefgaragen. Entscheidend für Wohnimmobilien ist die Gebäudeklasse, die über die Gebäudehöhe definiert ist, und zwar in den Landesbauordnungen auf Basis der Musterbauordnung, nach Wikipedia wie folgt: Freistehende Gebäude mit einer Höhe bis zu sieben Meter und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 Qua­dratmetern entsprechen Gebäudeklasse 1a. Freistehende land- oder forstwirtschaftlich genutzte Gebäude gelten als Gebäudeklasse 1b. Gebäude mit einer Höhe bis zu sieben Meter und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt maximal 400 Quadratmetern werden in Gebäudeklasse 2 eingestuft. Gebäudeklasse 3 umfasst sonstige Gebäude mit einer Höhe bis zu sieben Meter, Gebäudeklasse 4 solche mit einer Höhe bis zu 13 Meter und Nutzungseinheiten mit jeweils nicht mehr als 400 Quadratmetern. Zu Gebäudeklasse 5 gehören sonstige Gebäude einschließlich unterirdischer mit bis zu 22 Meter Höhe.Die Angaben beziehen sich jeweils auf die Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in dem ein Aufenthalt möglich ist, und auf das mittlere Geländeniveau. Hochhäuser gelten als Sonderbauten ab einer Höhe über 22 Meter.

3. Was gilt für Tiefgaragen?
Tiefgaragen gelten als besondere Bauten. Hier ist die Nutzfläche maßgeblich, und zwar die Summe aller miteinander verbundenen Flächen der Einstellplätze und der Verkehrsflächen. Danach wird klassifiziert in Kleingaragen mit einer Nutzfläche bis 100 Quadratmeter, Mittelgaragen mit einer Nutzfläche von 100 bis 1.000 Quadratmeter und Großgaragen mit einer Nutzfläche über 1.000 Quadratmeter.

4 . Wo gibt es welche prüf- und wartungspflichtigen Anlagen?
Als Regel bei Wohnimmobilien gilt: Je höher ein Gebäude, umso mehr technische Einrichtungen und Anlagen sind in­stalliert. In Gebäuden der Klasse 4  gibt es beispielsweise regelmäßig Rauchwärmeabzugsanlagen (RWA). Hochhäuser und Großgaragen verfügen über die meisten Einrichtungen und Anlagen, die regelmäßig zu prüfen und zu warten sind, nämlich Aufzüge, Brandabschnitttrennungen, Brandmeldeanlagen (BMZ), Brandschutztüren, Feststellanlagen, Feuerlöschanlagen und Feuerlöscher, Gasgeräte, Lösch- und Lüftungsanlagen, Notstromaggregate, RWA, Rolltore, Sicherheitsbeleuchtung, Sprinkleranlagen, Überflurhydranten, Blitzschutz, elektrische Anlagen sowie Flucht- und Rettungswege.

5. Welche gesetzlichen Grundlagen und Regelwerke gelten?
Prüfungen und Wartungen sind auf Grundlage u. a. der Musterbauordnung, der Landesbauordnungen und Technischen Prüfverordnungen der Bundesländer durchzuführen.

6. Welche Prüf- und Wartungs­intervalle sind üblich?
In Tiefgaragen sollten Rolltore, Lüftungs- und CO-Warnanlagen jährlich geprüft und gewartet werden, bei beheizten Rampen ist der Heizungstyp entscheidend. Für Brandverhütungsanlagen gilt: Löschanlagen jährlich prüfen und warten, ebenso RWA und Überflurhydranten. Brandmeldeanlagen: einmal jährlich warten, vierteljährlich überprüfen. Steigleitungen trocken: jährlich prüfen, alle zwei Jahre warten. Sprinkleranlagen: vierteljährliche Prüfung, wobei verschiedene Prüfungen in verschiedenen Intervallen erfolgen, halbjährlich warten; es gelten VDS 2091/2893. Bei Brandschutztüren sind die Intervalle abhängig von der Nutzungsfrequenz. Elektrische Anlagen: Für Sicherheitsbeleuchtung sind verschiedene Prüfungen in Intervallen von einem bis drei Jahren erforderlich; es gelten DIN VDE 01808-100/DIN EN 50172. Elektrische Anlagen: alle vier Jahre prüfen, Anlagen besonderer Art jährlich. Notstromaggregate: Prüf- und Wartungsintervalle sind abhängig von der Art der Anlage. Blitzschutz: je nach Blitzschutzklasse jährlich bis alle vier Jahre prüfen und warten. Aufzüge: Die Wartungs- und Prüfintervalle sind abhängig von der Nutzungsfrequenz; es gilt DIN EN 13015.
Für Heizung und Warmwasserbereitung gilt: Gasgeräte jährlich warten und prüfen. Bei Heizungen sind die Intervalle abhängig vom Anlagentyp. Die Warmwasserbereitung ist nach TVO 2018 alle drei Jahre auf Legionellen zu untersuchen.

7. Was gehört zur Prüfung und ­Wartung von Anlagen?
Im Rahmen einer ersten Prüfung und Wartung technischer Einrichtungen in Wohnimmobilien und Tiefgaragen durch einen Sachverständigen sollten vorhandene Prüf- und Wartungsverträge überprüft, alle relevanten Anlagen und Einrichtungen im Zuge einer Begehung erfasst und ihr Zustand bewertet und (auch fotografisch) dokumentiert werden. Sinnvoll ist der Aufbau einer Datenstruktur aller prüf- und wartungsrelevanten Einrichtungen und Anlagen.

8. Was sind die häufigsten Mängel?

Die Begehung von ca. 1 500 Wohnimmobilien und etwa 400 Tiefgaragen brachte zuletzt teils gravierende Mängel zutage: Aufzüge, die 2018 zum letzten Mal geprüft wurden, eine Brandmeldeanlage (BMZ) mit letzter Prüfung 2017, nicht funktionsfähige Brandschutztüren, eine zuletzt 2017 gewartete Feststellanlage, Feuerlöschanlagen/Feuerlöscher mit Prüfsiegel 2012, defekte Sicherheitsbeleuchtungen, funktionslose Türen in Flucht- und ­Rettungswegen etc.

9. Warum sollte man die Fristen einhalten?
Eigentümer haben meist keinen hinreichenden Überblick über prüf- und wartungspflichtige Anlagen in ihren Immobilien. Bei Unfällen, insbesondere wenn es zu Personenschäden kommt, stehen sie jedoch in der Verantwortung. Positiver Nebeneffekt regelmäßiger Kontrollen: Auch bestehende Prüf- und Wartungsverträge werden dabei unter die Lupe genommen und ggf. neu ausgeschrieben. So lassen sich beispielsweise bei Aufzuganlagen die Kosten um bis zu 50 Prozent senken.

Foto: © rangizzz / Shutterstock.com


Grieseler, Gotthard

Der Geschäftsführer der grieseler gmbh, die jährlich ca. 12 000 Mehrfamilienhäuser sowie Bäume und Spielplätze prüft, führt für Wohnungsunternehmen und den VDIV Bayern 2-tägige Grundlagen­seminare für Hausmeister/Hauswarte und Techniker durch.
www.grieseler-gmbh.de