06.09.2013 Ausgabe: 6/2013

Aktuelle Rechtsprechung zu haushaltsnahen Dienst- und Handwerkerleistungen

Der folgende Beitrag stellt aktuelle Gerichtsentscheidungen zur Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerksleistungen nach § 35 a Einkommensteuergesetz (EStG) vor und ordnet diese systematisch ein.

1. Schönheitsreparaturenpauschale

Hintergrund: Nach § 35 a Absatz 3 EStG ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, höchstens jedoch um 1.200 Euro. Der Abzug gilt nur für die angefallenen Arbeitskosten (einschließlich der in Rechnung gestellten Maschinen- und Fahrtkosten sowie etwaiger Umsatzsteuer).

Sachverhalt: Die Mieter einer Dienstwohnung leisteten an ihren Vermieter monatlich eine Pauschale für Schönheitsreparaturen in Höhe von 77,96 Euro. Im Streitjahr wurden vom Vermieter beauftragte Malerarbeiten durchgeführt und Fenster ausgetauscht. Die Mieter machten in ihrer Einkommensteuererklärung die hierfür dem Vermieter in Rechnung gestellten Arbeitsleistungen in voller Höhe (5.135 Euro) geltend.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) versagte den Mietern in seinem Urteil vom 5. Juli 2012 (VI R 18/10) die Steuerermäßigung, auch in Höhe der geleisteten Pauschale. Die Mieter hätten keine Aufwendungen aufgrund der Inanspruchnahme einer konkreten Handwerkerleistung gehabt. Vielmehr seien die pauschalen Zahlungen für die Durchführung von Schönheitsreparaturen unabhängig davon zu zahlen gewesen, ob und in welcher Höhe der Vermieter tatsächlich Reparaturen in Auftrag gab. Der Fall sei nicht mit Fällen zu vergleichen, in denen der Vermieter konkret ausgeführte Handwerkerleistungen über eine Nebenkostenabrechnung abrechnet.

2. Dichtheitsprüfung der Abwasserleitung

Hintergrund: Zu den begünstigten Tätigkeiten nach § 35 a EStG zählen unter anderem Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Tätigkeiten, bei denen eine Gutachtertätigkeit im Vordergrund steht, sind nicht begünstigt.

Sachverhalt: Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung für eine Dichtheitsprüfung der Abwasserleitung seines privat genutzten Wohnhauses mittels Kameraeinsatzes die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen geltend. In der entsprechenden Rechnung waren 357,36 Euro für die Arbeitskosten ausgewiesen.

Entscheidung: In dem Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) Köln (14 K 2159/12) war strittig, ob die Dichtheitsprüfung eine begünstigte Handwerkerleistung oder aber eine nicht begünstigte, einer Gutachtertätigkeit vergleichbaren Tätigkeit darstellt. Das FG Köln entschied mit Urteil vom 18. Oktober 2012, dass die Dichtheitsprüfung unmittelbar in Zusammenhang mit der Instandhaltungsverpflichtung für Abwasserleitungen stehe, da durch die Untersuchung eine konkrete Grundlage für die Notwendigkeit einer Sanierung geschaffen werden sollte. Dementsprechend qualifizierte das Gericht die Tätigkeit als begünstigte Handwerkerleistung. Die Finanzverwaltung hat gegen das Urteil Revision eingelegt (Aktenzeichen beim BFH: VI R 1/13), womit die weitere Entwicklung abzuwarten bleibt.

3. Anbau eines Wintergartens

Hintergrund: Begünstigt sind Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, unabhängig davon, ob es sich bei der handwerklichen Tätigkeit um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder kleine Ausbesserungsarbeiten handelt, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt werden können, oder um Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten, die im Regelfall nur von Fachkräften durchgeführt werden. Neubaumaßnahmen zählen nicht zu den begünstigten Tätigkeiten.

Sachverhalt: Zusammenveranlagte Ehegatten waren Eigentümer eines selbstgenutzten Wohnhauses. Sie ließen einen Wintergarten anbauen, der zu einer Vergrößerung der Wohnfläche führte. Für die Handwerkerleistungen machten die Ehegatten die Steuerermäßigung nach § 35 a EStG in der Einkommensteuererklärung geltend.

Entscheidung: Mit rechtskräftigen Urteil vom 18. Oktober 2012 (4 K 1933/12) versagte das FG Rheinland-Pfalz die Steuerermäßigung. Unter Bezugnahme auf die BFH-Rechtsprechung, wonach „Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen“ bei der Herstellung von etwas gänzlich Neuem nicht gegeben seien, stellte das Gericht klar, dass eine Neubaumaßnahme, die wie der Anbau des Wintergartens zu einer Wohnflächenvergrößerung führt, keine Handwerkerleistung nach § 35 a EStG sei.

4. Wasseranschluss

Hintergrund: Die begünstigte Tätigkeit muss im „Haushalt“ des Steuerzahlers erbracht werden. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist dabei auf die Grundstücksgrenzen abzustellen. Wird eine Leistung sowohl auf dem privaten Grundstück als auch außerhalb erbracht (wie bei Winterdiensten), muss in der Rechnung kostenmäßig aufgeteilt werden.

Sachverhalt: Das Wohnhaus des Klägers wurde zunächst durch einen Brunnen mit Trinkwasser versorgt. Das Abwasser wurde in einer Grube entsorgt. Der zuständige Zweckverband schloss 2006 das Grundstück an zentrale Anlagen der Trinkwasserver- und Abwasser­entsorgung an, wofür mit Bescheiden von 2007 Kostenersatzbeträge festgesetzt wurden. Für diese Aufwendungen begehrte der Kläger die Steuerermäßigung für Handwerker­leistungen.

Entscheidung: In dem vom FG Berlin-Brandenburg zu entscheidenden Fall ging es um die Frage, ob auch die auf das öffentliche Straßenland entfallenden Wasseranschlussarbeiten als begünstigte Tätigkeit zu werten sind. Dies bejahte das Gericht mit Urteil vom 15. August 2012 (7 K 7310/10), da es sich um eine einheitlich, die Grundstücksgrenze überschreitende Anlage handle. Zudem stehe nicht entgegen, dass der Anschluss aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme erfolgte. Die Finanzverwaltung hat gegen das Urteil Revision eingelegt (Aktenzeichen beim BFH: VI R 56/12).

Hinweis: Die erstmaligen Hausanschlüsse im Rahmen einer Neubaumaßnahme wären nicht begünstigt.

Steuerermäßigung bei Wohnungseigentümern

Hintergrund: Anspruchsberechtigt ist grundsätzlich derjenige, der die Handwerker- oder haushaltsnahe Dienstleistung für seinen eigenen Haushalt in Auftrag gibt. Wohnungseigentümer können auch dann berechtigt sein, wenn die WEG den Auftrag erteilt. In zeitlicher Hinsicht könne die Steuerermäßigung dann nach Ansicht der Finanzverwaltung für regelmäßig wiederkehrende Dienstleistungen (wie Reinigung des Treppenhauses, Gartenpflege) grundsätzlich anhand der geleisteten Vorauszahlungen im Jahr deren Zahlung berücksichtigt werden. Einmalige Aufwendungen (wie Reparaturrechnungen) könnten hingegen erst im Jahr der Genehmigung der Jahresabrechnung angesetzt werden. Soweit einmalige Aufwendungen durch eine Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage finanziert würden, könnten die Aufwendungen erst im Jahr des Abflusses aus der Instandhaltungsrücklage oder im Jahr der Genehmigung der Jahresabrechnung, die den Abfluss aus der Instandhaltungsrücklage beinhaltet, berücksichtigt werden. Aus Vereinfachungsgründen wird von der Finanzverwaltung aber nicht beanstandet, wenn Wohnungseigentümer die gesamten Aufwendungen erst in dem Jahr geltend machen, in dem die Jahresabrechnung von der Eigentümerversammlung genehmigt wird.

Sachverhalt: Eine WEG beauftragte 2006 Handwerker. Diese wurden nicht aus der Instandhaltungsrücklage, sondern aus den laufenden Vorauszahlungen der Wohnungseigentümer bezahlt. Auf die Wohnungseigentümerin entfiel laut Hausgeldabrechnung von 2009 ein Betrag von 156,50 Euro, der durch die geleisteten Vorauszahlungen voll abgedeckt war. Eine Wohnungseigentümerin wollte die Steuerermäßigung für 2006 geltend machen.

Entscheidung: In Abweichung zur Ansicht der Finanzverwaltung entschied das FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 20. November 2012 (11 K 838/10), dass Aufwendungen für Handwerkerleistungen bei Wohnungseigentümer im Jahr ihrer Zahlung zu einer Steuerermäßigung führen können, vorliegend also in 2006. Damit steht dem Steuerpflichtigen nach Ansicht des Gerichts ein Wahlrecht zu.

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Stehr, Dr. Johannes

Der Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht ist Partner in der Kanzlei SIBETH Partnerschaft. Seine Tätigkeitschwerpunkte sind Immobiliensteuerrecht, Unternehmenssteuerrecht, steuerliche
Vertragsgestaltungen sowie Interessenvertretung bei Betriebsprüfungen,
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