02.05.2019 Ausgabe: 3/19

Aktuelle Urteile - Mit der Abwägung von Gemeinschafts- vs. Einzelinteressen und der Auslegung einer Teilungserklärung hatte es der BGH zu tun. Um Rauchwarnmelder und die Instandsetzung einer Dachterrasse ging es.

Anforderungen an einen Beschluss über einheitliche Regelungen

(BGH, Urteil vom 7.12.2018, Az. V ZR 273/17)

DAS THEMA

Wohnungseigentümer stehen hinsichtlich der Ausstattung ihrer Wohnungen verschiedenen rechtlichen Anforderungen gegenüber, die in Wohnanlagen einheitlich zu erfüllen sind. So sind sie beispielsweise nach den Landesbauordnungen1 dazu verpflichtet, ihre jeweilige Wohnung mit Rauchmeldern auszustatten. Der BGH hatte sich in vorliegendem Fall mit der Ordnungsmäßigkeit eines Beschlusses über den einheitlichen Einbau, die einheitliche Wartung und die einheitliche Kontrolle von Rauchmeldern in allen Wohnungen einer Anlage durch ein Fachunternehmen zu befassen, obwohl einige Wohnungseigentümer bereits eigenständig entsprechende Maßnahmen ergriffen hatten. Entspricht ein solcher Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung?

DER FALL

Die Parteien sind Mitglieder einer aus 32 Einheiten bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft in Nordrhein-Westfalen. Da die Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen (BauO NRW 2018) für Schlafräume, Kinderzimmer und Flure in Wohnungen jeweils mindestens einen Rauchwarnmelder vorschreibt, beschlossen die Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung im Dezember 2015 den Einbau, die Wartung und die Kontrolle von Rauchwarnmeldern für sämtliche Wohnungen der Anlage durch eine Fachfirma. Die Anschaffungskosten sollten aus der Instandhaltungsrücklage finanziert und die jährlichen Wartungskosten über die Jahresabrechnung nach Miteigentumsanteilen umgelegt werden. Die Kläger, die ihre Wohnungen bereits eigenständig mit Rauchwarnmeldern ausgestattet hatten, wollten von der getroffenen Regelung ausgenommen werden und fochten den Beschluss daher an.
Das Amtsgericht wies die Klage ab, die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger wies das Landgericht zurück. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision wollten die Kläger weiterhin eine Ungültigerklärung des Beschlusses erreichen. Die Beklagten beantragten hingegen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
In allen Instanzen und auch vor dem BGH hatten die Kläger jedoch keinen Erfolg. Der BGH bestätigt durch das Landgericht und stellt vorab fest, dass die Wohnungseigentümer über eine Beschlusskompetenz hinsichtlich des Einbaus von Rauchwarnmeldern in alle Wohnungen der Wohnanlage verfügen. Die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer bezüglich Einbau, regelmäßiger Kontrolle und Wartung resultiert dabei aus folgenden Rechtsüberlegungen: Die Verpflichtung zur Ausstattung bestimmter Wohnräume mit einem Rauchwarnmelder ist eine eigentumsbezogene Pflicht, für welche eine Wahrnehmungskompetenz der Gemeinschaft besteht. Der Einbau von Rauchmeldern stellt zudem keinen unzulässigen Eingriff in das Sondereigentum dar, da Rauchwarnmelder im Gemeinschaftseigentum stehen.
Inwieweit die Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung darauf Rücksicht nehmen müssen, dass einzelne Eigentümer ihrer Rechtspflicht zum Einbau von Rauchmeldern bereits selbstständig nachgekommen sind, ist dem BGH zufolge eine Frage der ordnungsgemäßen Verwaltung. Daran anschließend ist festzustellen, dass der vorliegende Beschluss der Wohnungseigentümer den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
Bisher war dies umstritten und vom Senat offen gelassen worden: In Literatur und Rechtsprechung findet sich überwiegend die Ansicht, dass ein solcher Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, was mit der erhöhten Gebäudesicherheit begründet wird. Diesem Aspekt sei bei einer Ermessensausübung der Eigentümer der Vorzug zu geben, sodass keine Verpflichtung bestehe, diejenigen, die bereits Rauchmelder installiert haben, von dem Beschluss auszunehmen. Nach anderer Ansicht greift ein solcher Beschluss ohne ausreichenden Grund in die Rechte derjenigen Wohnungseigentümer ein, die vorausschauend installiert haben. Es läge damit ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Diese Wohnungseigentümer würden zudem mit unnötigen Kosten belastet. Letztlich entstünde für die Eigentümergemeinschaft durch Ausklammerung dieser Wohnungseigentümer kein Nachteil. Daher, so diese Ansicht, entspricht dieser Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
Der BGH folgt hier der ersten, überwiegenden Ansicht und bescheinigt dem streitgegenständlichen Beschluss, dass er im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung erfolgt ist. Diese Entscheidung wird damit begründet, dass berechtigte Interessen der Wohnungseigentümer an einer einheitlichen Regelung bestehen, die der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entsprechen. Diese berechtigten Interessen sind insbesondere darin zu sehen, dass ordnungsgemäß funktionierende Rauchwarnmelder nicht nur dem Schutz des Einzelnen, sondern dem aller Bewohner und Besucher der Wohnanlage dienen. Zudem würden durch eine Regelung „aus einer Hand“ versicherungsrechtliche Risiken minimiert.
Es entspricht auch regelmäßig billigem Ermessen, wenn Wohnungseigentümer solchen Interessen den Vorzug geben anstatt den Einzelinteressen von Eigentümern, die von einer einheitlichen Regelung ausgenommen werden möchten. Eine einheitliche Regelung ist nämlich auch für diese Wohnungseigentümer von Vorteil, weil beispielsweise sichergestellt wird, dass sämtliche Geräte regelmäßig zuverlässig gewartet werden. Auch führt die Verwendung einheitlicher Modelle, die zur selben Zeit installiert wurden und dadurch einheitlichen Wartungsintervallen unterfallen, zur Minimierung von Kosten, Aufwand und ­Unsicherheiten.

Verwalter­strategie

Sofern die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft dieselbe Maßnahme durchführen muss oder will (sei es aufgrund landesrechtlicher Vorgaben oder anderer Rechtsgrundlagen), besteht keine Verpflichtung, Wohnungseigentümer, die sich bereits selbst um deren Umsetzung gekümmert haben, davon auszunehmen. Dies gilt, sofern die Interessen der Gemeinschaft gegenüber den Einzelinteressen vorrangig zu ­bewerten sind. Ein solcher Beschluss entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, auch wenn er mit Nachteilen Einzelner verbunden ist.
Der BGH hat diese Frage nun abschließend beantwortet und entschieden, dass bereits tätig gewordene Eigentümer keinen Anspruch auf eine Ausnahmeregelung haben. In Fällen, in denen nach Abwägung aller Interessen eine deutliche Tendenz zugunsten des Gesamtinteresses festzustellen ist, ­entsprechen derartige Beschlüsse ordnungsgemäßer Verwaltung.


Diese sind: Bayerische Bauordnung (§ 46), Hessische Bauordnung (§ 14), Niedersächsische Bauordnung (§ 44), Landesbauordnung für Baden-Württemberg (§ 15), Bauordnung Berlin (§ 48), Thüringer Bauordnung (§ 48), Saarländische Landesbauordnung (§ 46), Brandenburgische Bauordnung (§ 48), Landesbauordnung Schleswig-Holstein (§ 49), Bauordnung Rheinland-Pfalz (§ 44), Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt (§ 47), Bauordnung Sachsen (§ 47), Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (§ 48), Bremische Landesbauordnung (§ 48), Hamburgische Bauordnung (§ 45).

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.