14.10.2021 Ausgabe: 6/21

Aktuelle Urteile - Mit der Vereinbarung von Indexmieten in Wohnraummietverträgen und der Anwendung von Mietspiegeln befassten sich die Gerichte. So haben sie entschieden:

FEHLER BEI DER VEREINBARUNG EINER INDEXMIETE
(BGH, Urteil vom 26.5.2021 – Az. VIII ZR 42/20)

DAS THEMA
Seit geraumer Zeit ist es möglich, auch in Wohnraummietverträgen eine an den Verbraucherpreisindex gekoppelte Indexmiete zu vereinbaren. Mindestanforderungen hieran sind im Gesetz zwingend ausgestaltet – im Unterschied zum gewerblichen Mietrecht, nach dem die Parteien bei der Ausgestaltung der Klausel sehr viel freier sind. Dies führt immer wieder zu Ungenauigkeiten beim Vertragsabschluss sowie bei den Mieterhöhungsverlangen nach einer solchen Indexklausel. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte eine solche Indexklausel und die vom Vermieter darauf gestützte Mieterhöhung auf ihre Wirksamkeit zu prüfen und gibt wertvolle Hinweise und Erleichterungen für den Umgang mit diesen komplexen Vereinbarungen.

DER FALL
Die Parteien hatten in einem Mietvertrag von 2007 folgende Indexmiete vereinbart: „Ändert sich der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreisindex um mindestens 3 %, kann jeder Vertragspartner durch schriftliche Erklärung und unter Angabe der eingetretenen Indexänderung eine Anpassung der Miete um den entsprechenden Prozentsatz verlangen, sofern der Mietzins jeweils mindestens 1 Jahr unverändert bestand […]“

Nach den Vorgaben des § 557b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss die Miete durch den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland bestimmt werden. Die Miete muss mindestens ein Jahr unverändert bleiben. Die geänderte Miete ist erst mit dem Beginn des übernächsten Monats nach Zugang der Erklärung zu entrichten.

Der Vermieter erhöhte zunächst zehn Jahre lang die Miete nicht und machte dann im Jahr 2017 eine prozentuale Erhöhung von 13,5 Prozent geltend. Dem Schreiben hatte er den Verbraucherpreisindex des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg beigefügt, die der Berechnung zugrunde gelegten Punktwerte jedoch dem zum Zeitpunkt der Erhöhungserklärung aktuellen Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts entnommen.

Der BGH prüft zunächst, ob die vertragliche Vereinbarung überhaupt wirksam zustande gekommen ist, und misst dies am Transparenzgebot, das für allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 307 Abs. 3 S. 2 BGB gilt, und zwar auch für Haupt-Preisabreden, auf die die Regelungen zu allgemeinen Geschäftsbedingungen ansonsten nicht anwendbar sind.

Zunächst stellt der BGH klar, dass bei der Vereinbarung einer sog. Prozentklausel, die die Mietentwicklung an die prozentuale Änderung des Verbraucherpreisindex und nicht an eine Punktedifferenz knüpft, das Basisjahr des Verbraucherpreisindex nicht angegeben werden muss. Dabei erläutert er die Grundlagen des Verbraucherpreisindex wie folgt: „Die Preisentwicklung im Verbraucherpreisindex wird jeweils als Indexzahl mit Bezug auf ein Basisjahr (derzeit 2015) und dieses im Jahresdurchschnitt mit 100 Punkten angegeben. Der Verbraucherpreisindex wird sowohl monatlich entsprechend der aktuellen Preisentwicklung fortgeschrieben als auch in regelmäßigen Abständen einer grundlegenden Revision unterzogen und auf ein neues Basisjahr umgestellt. Diese Umstellung, durch welche dem Wandel in den Verbrauchs- und Einkaufsgewohnheiten Rechnung getragen und neue Entwicklungen berücksichtigt werden, geschieht in der Regel alle fünf Jahre. Dabei erfolgt eine umfassende Neuberechnung, bei welcher nicht nur – wie bei der regelmäßigen monatlichen Fortschreibung – im Wesentlichen die Preisentwicklungen der Waren und Dienstleistungen berücksichtigt, sondern auch die Gewichtung der einzelnen Güter und Dienstleistungen neu vorgenommen und methodische Veränderungen in der Datenerhebung und -verarbeitung umgesetzt werden.“

In diesem Zusammenhang bleibt nur, darauf hinzuweisen, dass die geschilderte Umstellung einige Zeit in Anspruch nimmt, sodass ein neues Basisjahr immer erst etwa 1,5 bis 2,5 Jahre nach seinem Ablauf veröffentlicht wird; so wird das neue Basisjahr 2020 = 100 frühestens im Lauf des Jahres 2022 zu erwarten sein. 

Nach den Vorgaben des Statistischen Bundesamtes, denen sich der BGH zum wiederholten Male anschließt, hat dies zur Folge: „Mit der Umstellung auf ein neues Basisjahr – dieses hat im Jahresdurchschnitt den Indexstand 100 – werden die bisherigen Indexwerte (rückwirkend bis 1991) auf dieses Basisjahr umgerechnet. Die zuvor – unter Zugrundelegung des alten Basisjahrs – berechneten und veröffentlichten Indexreihen verlieren rückwirkend ihre Gültigkeit. Die neu berechneten Ergebnisse ersetzen die vorher veröffentlichten Zahlen und können – da sie Folge einer grundlegend anderen methodischen Vorgehensweise sind – durch eine rein rechnerische Umbasierung der alten Indexzahlen nicht nachvollzogen werden. Ein unmittelbarer Vergleich der Indizes, die auf unterschiedlichen Basisjahren beruhen, ist nicht möglich.“

Wird die Mietentwicklung also an die prozentuale Änderung des Verbraucherpreisindex geknüpft, ist die Festlegung des Basisjahrs für die spätere Berechnung der Mietänderung unerheblich. Es ist also davon auszugehen, dass die Parteien immer die Indexberechnung nach dem dann aktuellen Index mit dem dann jeweils gültigen Basisjahr zugrunde legen wollen.

Des Weiteren sieht das Gesetz für Wohnraummietverträge zwingend vor, dass die Miete jeweils mindestens ein Jahr unverändert bleibt. Auf diese gesetzliche Wartefrist muss jedoch in der vertraglichen Vereinbarung nicht verwiesen werden; es genügt, wenn diese bei der tatsächlichen Umsetzung der Mietänderung eingehalten wird.

Auch schadet es nichts, dass die Parteien die zu ändernde „Miete“ ungenau bestimmt und nicht festgelegt haben, ob sich die Indexveränderung auf die Bruttowarmmiete oder die Nettokaltmiete beziehen soll. Hier legt der BGH die Mietstruktur des Vertrags zugrunde, bei der eine Nettomiete und Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart waren. Da letztere unabhängig von der Inflationsrate angepasst werden können und außerdem verbrauchsabhängig sind, ist klar, dass sich die Indexierung nur auf die Nettokaltmiete und nicht auf die Bruttomiete erstrecken soll.

Schließlich muss auch nicht angegeben werden, ob der Jahresindex oder der Monatsindex zugrunde gelegt werden soll. Da die Miete monatlich gezahlt wird, muss auch der Monatsindex zugrunde gelegt werden, der Jahresindex würde nicht den aktuellen Preisindex zum Zeitpunkt einer unterjährigen Änderungserklärung abbilden.

Im zweiten Teil seiner Entscheidung prüft der BGH die Wirksamkeit des Erhöhungsschreibens. Dem Gesetz zufolge muss der Index dieser Erklärung nicht zwingend beigefügt werden. Es schadete daher nicht, dass der Vermieter den falschen Index, nämlich den des Statistischen Landesamtes, beigefügt hatte. Auch die Tatsache, dass der Vermieter sich zu seinen Ungunsten verrechnet hatte und nur eine geringere als die tatsächlich mögliche prozentuale Mieterhöhung geltend machte, beeinträchtigt die Wirksamkeit der Änderungserklärung nicht.

Schließlich führte die Revision ins Feld, dass ein Schwellenwert von drei Prozent vereinbart war, und leitet daraus ab, dass eine Mieterhöhung immer in Stufen von drei Prozent berechnet werden muss, und nicht die gesamte Änderung vom Mietvertragsabschluss im Jahr 2007 bis zur Änderungserklärung im Jahr 2017 (insgesamt 13,5 Prozent) in einem Rutsch durchgezogen werden dürfe. Eine solche gestufte Berechnung ist jedoch nach Ansicht des BGH nicht notwendig. Der Schwellenwert stellt lediglich eine Bagatellklausel dar, die den Vermieter nicht zwingt, die Miete schrittweise anzupassen. Vielmehr steht es dem Vermieter frei, auch wenn der Schwellenwert überschritten ist, die Miete erst nach einem längeren Zeitraum anzupassen.

Verwalter­strategie
Die Vereinbarung von Indexklauseln ist detailreich und daher recht fehleranfällig. Die meisten gängigen Abweichungen vom Gesetzestext haben nach diesem Urteil des BGH aber keine nachteiligen Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Klausel. Bei einer Indexklausel im Wohnraummietrecht ist es allerdings immer noch am sichersten und auch am einfachsten, den Gesetzestext des § 557b BGB wörtlich zu übernehmen. Unbedingt abzuraten ist von sog. Punkteklauseln, die nicht an die prozentuale Veränderung des Index, sondern an die Veränderung um eine bestimmte Punktzahl anknüpfen. Tritt diese Veränderung in Punkten nicht während der Geltung des Index mit einem einzigen Basisjahr ein, was wahrscheinlich ist, kann sie rechnerisch nicht mehr korrekt umgesetzt werden. Die im Urteil erwähnte Anleitung für die Berechnung von Schwellenwerten und Veränderungsraten für Wertsicherungsklauseln, herausgegeben vom Statistischen Bundesamt, bietet hier für den Ernstfall zwar komplexe Rechenmodelle, rät jedoch ganz grundsätzlich von der Vereinbarung solcher Punkteklauseln ab.


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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.