04.05.2020 Ausgabe: 2/20

Aktuelle Urteile: Was bei Verwalterbestellung und Vertragsgestaltung alles schiefgehen kann! Und: Wenn der Mieter zum Leidtragenden des Zuwiderhandelns eines Eigentümers gegen die Teilungserklärung wird – der BGH hatte zu entscheiden.

Zum Ernennungs- und Bestellungsverfahren eines Verwalters (BGH, Urteil vom 5.7.2019, Az. V ZR 278/17)

DAS THEMA
In vorliegendem Fall stimmte die Wohnungseigentümergemeinschaft für zwei Beschlüsse: Mit dem ersten Beschluss bestellten sie eine neue Verwalterin. Der zweite Beschluss ermächtigte drei Wohnungseigentümer, mit der Verwalterin einen entsprechenden Verwaltungsvertrag abzuschließen, der bestimmte Klauseln enthielt, die sowohl das Amtsgericht als auch die Berufungsinstanz nicht für AGB-konform erachteten. Was bedeutet das aber für die Gültigkeit des Ermächtigungsbeschlusses? Und zu welchem Zeitpunkt findet eine AGB-Kontrolle des Verwaltervertrags statt? Diese Fragen hatte der BGH vorliegend unter anderem zu beurteilen.

DER FALL
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Mit Beschluss vom 8. April 2015 hatte die Mehrheit der Wohnungseigentümer die T. Verwaltung GmbH (nachfolgend: T.) zur neuen Verwalterin bestellt. Während des gegen diesen Beschluss eingeleiteten Anfechtungsverfahrens fand am 11. September 2015 eine Wohnungseigentümerversammlung statt, auf der unter TOP 2 über die (erneute) Bestellung einer Verwalterin und unter TOP 3 über die Ermächtigung von Wohnungseigentümern zum Abschluss des Verwaltervertrags mit der neuen Verwalterin entschieden werden sollte. Die Wohnungseigentümer beschlossen mehrheitlich zu TOP 2, die T. für den Zeitraum vom 19. September 2015 bis zum 31. Dezember 2017 zur Verwalterin zu bestellen, und zu TOP 3, drei Wohnungseigentümer zum Abschluss des als Entwurf vorliegenden Verwaltungsvertrags mit der T. zu ­ermächtigen.

Dieser Vertragsentwurf enthielt u. a. folgende Bestimmungen: Befreiung des Verwalters vom Verbot des Selbstkontrahierens gemäß § 181 BGB, Ermächtigung des Verwalters der eigenmächtigen Bestellung von Sonderfachkräften und Einstellung von Reinigungskräften bis zu einem Aufwand von 2.000 Euro, Sondervergütungen wie z. B. 20 Euro netto für Mahnungen säumiger Hausgeldschuldner, eine 1,5-fache Monatsvergütung des Verwalters für eine zusätzliche Eigentümerversammlung sowie  ein Prozent des aufzubringenden Betrags für die Erhebung von Sonderumlagen mit einer Deckelung bei 1.785 Euro.

Auf die Beschlussanfechtungsklage der Klägerin hat das Amtsgericht beide Beschlüsse für ungültig erklärt. Die Berufung der übrigen Wohnungseigentümer hat das Landgericht zurückgewiesen mit der Begründung, dass der Beschluss über die Ermächtigung zum Abschluss des Verwaltervertrags ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche, weil viele der Klauseln der AGB-Kontrolle nicht standhielten. Er sei daher für ungültig zu erklären.

Gegen die Zurückweisung der Berufung wenden sich die Beklagten nun mit der von dem Senat zugelassenen Revision. Der BGH jedoch gab den Beklagten recht und verwies die Sache zurück an das Berufungsgericht, u. a. mit folgender Begründung:

Das Berufungsgericht hätte, so der BGH, den Ermächtigungsbeschluss zum Abschluss des Verwaltervertrages mit der T. weder insgesamt noch bezüglich einzelner Klauseln für ungültig erklären dürfen. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung des Ermächtigungsbeschlusses ist allein die Frage, ob die den Wohnungseigentümern erteilte Ermächtigung zum Abschluss des Verwaltervertrags mit der T. entsprechend dem von dieser vorgelegten Muster den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, nicht dagegen die Auswahl der T. als Verwalterin. Letztere hätte, da über die Bestellung der Verwalterin zulässig in einem gesonderten Beschluss entschieden wurde, im Rahmen einer Beschlussanfechtungsklage des Bestellungsbeschlusses, nicht aber des Ermächtigungsbeschlusses entschieden werden müssen. Der Bestellungsbeschluss war jedoch nicht angefochten worden. Daher darf ein Beschluss nicht allein deshalb für ungültig erklärt werden, weil der andere Beschluss für ungültig erachtet wird.

Des Weiteren stellt der BGH fest, dass eine AGB-Kontrolle nicht im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen den Beschluss zur Ermächtigung von Wohnungseigentümern zum Abschluss des Vertrages oder einen Beschluss über die Annahme des Vertragsangebots des Verwalters vorzunehmen ist, sondern erst bei der Anwendung des Vertrags im Verhältnis zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Verwalter. Die Ermächtigung zum Abschluss eines Verwaltervertrags mit Klauseln, die der AGB-Kontrolle nicht standhalten, oder die Annahme eines entsprechenden Vertragsangebots beeinträchtigt weder das Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft noch das Gesamt- oder Einzelinteresse der Wohnungseigentümer. Diese könnten nicht überblicken, ob der Vertragsschluss insgesamt oder nur hinsichtlich einzelner Klauseln scheitert, sodass erhebliche Unsicherheiten bestehen, da unterschiedliche Gerichte die Schwelle zum Scheitern des gesamten Vertragsschlusses unterschiedlich bewerten.

Letztlich widerspricht die Ermächtigung einzelner Wohnungseigentümer zum Abschluss eines Verwaltungsvertrags ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer die Grenzen des ihnen auch bei der Ausgestaltung des Verwaltervertrags zustehenden Gestaltungsermessens überschritten haben. Nach Ansicht des BGH werden diese Grenzen von den Wohnungseigentümern aber weder dadurch überschritten, dass sie einen von dem Verwalter vorformulierten Vertrag schließen, der Klauseln enthält, die der AGB-Kontrolle nicht standhalten, noch dadurch, dass sie eine Ermächtigung zum Abschluss eines solchen Vertrags namens der Wohnungseigentümergemeinschaft beschließen. Auch die von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ergeben nicht, dass die Wohnungseigentümer die Grenzen ihres Ermessens bei der Festlegung und Ausgestaltung der Sondervergütungen für die Mahnung von Wohnungseigentümern, für die Verwaltung von Sonderumlagen und für die Durchführung zusätzlicher Eigentümerversammlungen überschritten haben. Somit liegt kein Verstoß gegen die ordnungsgemäße Verwaltung vor.

VERWALTERSTRATEGIE
Für Verwalter enthält dieses Urteil zwei wichtige Erkenntnisse: Zum einen kann im Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung über die Bestellung des Verwalters und über die Ermächtigung von einzelnen Wohnungseigentümern zum Abschluss eines geeigneten Verwaltervertrags in zwei separaten Beschlüssen entschieden werden, sofern sie in ein und derselben Versammlung geschehen. Zum zweiten findet im Rahmen der Beschlussfassung über die Ermächtigung der Wohnungseigentümer zum Abschluss des Vertrags keine AGB-Kontrolle statt. Der Verwaltervertrag, der regelmäßig als Allgemeine Geschäftsbedingung behandelt wird, unterliegt danach erst bei der Anwendung des Vertrags im Verhältnis zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Verwalter der AGB-Kontrolle.
Diese Entscheidung erleichtert zwar die Bestellung und den Vertragsabschluss mit dem Verwalter, verschiebt die AGB-Kontrolle der Vertragsklauseln jedoch ins laufende Vertragsverhältnis.

Foto: © Sebastian Duda / Shutterstock.com


Warken, Dr. Susanne Schiesser & Victoria E.

DR. SUSANNE SCHIEßER
Die Fachanwältin für ­Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein, München.

VICTORIA E. WARKEN
Die Rechtsanwältin ist in derselben Kanzlei schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des gewerblichen Mietrechts tätig.
www.asd-law.com