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29.04.2019 Ausgabe: 2/2019
Seit Inkrafttreten der deutschen Umsetzung der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie in den §§ 312 ff. BGB im Jahr 2015 musste jeder größere Vermieter befürchten, dass eine gesetzliche Mieterhöhung nach den Vorschriften des § 558 ff. BGB vom Mieter widerrufen werden könnte. Viele Vermieter entschieden sich daher, eine ausführliche Widerrufsbelehrung an die Mieterhöhung anzufügen, um wenigstens einen Widerruf nach Ablauf der Klagefrist zu vermeiden. Einige amts- und landgerichtlichen Entscheidungen versuchten, die Anwendung des Widerrufsrechts auf gesetzliche Mieterhöhungen mit Argumenten zu vermeiden, die zwar in der Praxis durchaus positiv aufgenommen wurden, in der Literatur aber als praktikabel, jedoch rechtlich teilweise nicht haltbar ein geteiltes Echo fanden. So wurde die Voraussetzung, dass es sich bei dem Unternehmen um ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs-und Dienstleistungssystem handeln müsse, äußerst einschränkend ausgelegt. Der BGH hat nun in seiner ersten Entscheidung zum Thema die Gelegenheit genutzt und das Problem an der Wurzel gepackt: In einer sehr mutigen Entscheidung hält er fest, dass der Widerruf einer Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen gemäß § 558 ff. BGB nicht vom Anwendungsbereich des Verbraucher-Widerrufsrechts in § 312 Abs. 4 S. 1 BGB erfasst ist.
Bei dem vom BGH zu entscheidenden Fall handelte es sich tatsächlich um den absoluten Standardfall: Der Vermieter forderte schriftlich unter Bezugnahme auf den örtlichen Mietspiegel eine Mieterhöhung. Der Mieter stimmte zunächst zu, widerrief seine schriftlich erklärte Zustimmung jedoch ebenfalls schriftlich ca. sechs Wochen später und zahlte sodann die erhöhte Miete unter Vorbehalt.
Das LG Berlin hat sich mit dem Argument aus der Affäre gezogen, dass die Mieterhöhung nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems vereinbart worden sei. Zwar wurden von beiden Seiten ausschließlich Fernkommunikationsmittel, nämlich die Briefform, eingesetzt; das LG Berlin nahm jedoch an, dass ein „für den Fernabsatz organisierter Vertrieb“ nicht vorliege, weil die Mieterhöhung individuell auf die konkrete Wohnung zugeschnitten sei.
Dieses Argument lehnte der BGH ab. Er verweist zunächst darauf, dass die Beweislast, dass es sich nicht um ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem handele, beim Unternehmer liegt. Zum Begriff des „Fernkommunikationsmittels“ gehört auch das „traditionelle Kommunikationsmittel des Briefes“. Die Frage lasse sich ohne individuelle Beurteilung der Organisationsstruktur des jeweiligen Unternehmens nicht beurteilen.
Der BGH hält die Entscheidung des LG Berlin jedoch mit anderer Begründung aufrecht. Er schränkt den Anwendungsbereich des § 312 Abs. 4 S. 1 BGB ein, welcher dem Verbraucher das Widerrufsrecht gibt. Zwar kann das Schutzbedürfnis für außerhalb von Geschäftsräumen (§ 312 BGB, früher Haustürwiderruf) geschlossene Verträge auch bei Abschluss und Änderung eines Wohnraummietvertrages gegeben sein. Auch muss der BGH bestätigen, dass der weit gefasste Wortlaut des § 312 BGB jede Art von Mietverträgen und Änderungen von Wohnraummietverträgen erfasst, also auch die Mieterhöhung nach § 558 BGB. Für die Anwendung des Widerrufsrechts auf Mieterhöhungen hatte ein Teil der Literatur argumentiert, dass dem Vermieter ja keine Nachteile entstehen würden, sofern er den Mieter ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt; unterbleibt diese Belehrung und versäumt der Vermieter wegen eines später erfolgten Widerrufs die Klagefrist, so habe er dies selbst zu verantworten.
Allerdings entnimmt der BGH der Gesetzesbegründung zur Umsetzung der europäischen Verbraucherrechte-Richtlinie ins deutsche Recht, dass der Gesetzgeber die in der EU-Richtlinie nicht vorgesehene Ausdehnung des Widerrufsrechts auf Mietverträge deshalb aufgenommen hat, um Mieter nicht schlechter zu stellen als nach der bisherigen Rechtslage unter dem Haustürwiderrufsgesetz. Dies sollte insbesondere für die klassischen „Haustür-Situationen“ gelten, da diese Art des Vertragsabschlusses für Mieter sowohl ein Überraschungsmoment als auch eine Übereilungsgefahr birgt.
Diese Erwägungen lassen sich nach Ansicht des BGH allerdings nicht auf Mieterhöhungen nach Maßgabe der §§ 558 ff. BGB übertragen. Die gesetzlichen Schutzvorkehrungen in diesen Paragraphen verhindern zum einen die Gefahr psychischen Drucks auf den Mieter, zum anderen beseitigen die notwendigen Informationen, die der Vermieter geben muss (Mietspiegelberechnung oder Vergleichsmieten oder Sachverständigengutachten), auch das Informationsdefizit des Mieters und damit das Risiko von Fehlentscheidungen. Darüber hinaus ist der Vermieter nicht zuletzt aufgrund dieser Informationsverpflichtung in den §§ 558 ff. BGB verpflichtet, die Textform zu wahren und damit zur Verwendung eines Fernkommunikationsmittels. Aufgrund der notwendigen Informationen, die die Mieterhöhung erst formal korrekt machen, und der langen Überlegungsfrist im Gesetz (zwei Monate bis zur Zustimmung) kann der Mieter seine Erklärung völlig außerhalb einer Druck- oder Überrumpelungssituation abgeben. Den Schutz der Entscheidungsfreiheit des Mieters, die die Widerrufsfrist im Fernabsatzrecht bezweckt, benötigt dieser daher nicht mehr.
Nach diesem BGH-Urteil kann die Widerrufsbelehrung aus einer Mieterhöhung gemäß § 558 BGB wieder herausgenommen werden. Vermieter, die ihren Mietern bisher keine Widerrufsbelehrung zusammen mit einer Mieterhöhung haben zukommen lassen, müssen deren Widerruf nun nicht mehr befürchten. Doch Vorsicht! Der BGH erwähnt an mehreren Stellen seiner Entscheidung, dass diese Erwägungen ausschließlich für das gesetzlich in § 558 BGB vorgesehene Mieterhöhungsverfahren gelten! Auf jede einvernehmliche Vertragsänderung, beispielsweise also eine einvernehmliche Mieterhöhung, oder auch eine Mieterhöhungsvereinbarung nach einer Modernisierung gemäß § 559 ff. sind die Widerrufsvorschriften weiterhin anwendbar. Nicht entschieden und auch nicht angedeutet hat der BGH, ob das Widerrufsrecht auch bei einer Mieterhöhung gilt, die der Vermieter zwar nach § 558 BGB geltend machen möchte, bei der jedoch nicht einmal die formalen Voraussetzungen des § 558 ff. BGB eingehalten werden, und der Mieter trotzdem zustimmt. Aufgrund der gängigen rechtlichen Einordnung eines solchen Vorgangs ist es nicht von der Hand zu weisen, dass eine (formal unwirksame) Mieterhöhung und eine Zustimmung des Mieters als Mieterhöhungsvereinbarung nach § 557 BGB qualifiziert wird und daher widerruflich ist. Wird hierfür keine Widerrufsbelehrung erteilt, beträgt die Widerrufsfrist zwölf Monate. Um eine so lange Widerrufsfrist zu vermeiden und Rechtssicherheit zu erhalten, muss bei einer Mieterhöhung zukünftig mehr denn je auf die Einhaltung der formalen Voraussetzungen der §§ 558 ff. BGB geachtet werden!
Foto: © r.classen / Shutterstock.com
DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.