20.10.2022 Ausgabe: 7/22

Alle 24 Stunden

Um überhöhten Legionellenbefunden im Trinkwasser vorzubeugen, sind auch Wohnungsnutzer in der Pflicht

Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Es ist das einzige, das im hohen Güte der Wasserversorger in jedes Gebäude geliefert wird. Im Gebäude jedoch geht diese Wassergüte manchmal verloren, wie Analyseergebnisse zeigen.  Manchmal liegt dies an technischen Fehlern in der Installation, oftmals aber auch an der unzureichenden Nutzung der Entnahmestellen. Denn die meisten Wohnungsnutzerinnen und -nutzer wissen nicht, dass für den Erhalt der Wassergüte ein Wasserwechsel mindestens alle 72 Stunden verpflichtend ist.

Basisanforderungen zum Erhalt der Wassergüte
In den wenigsten privaten oder gewerblichen Mietverträgen ist eine Verpflichtung zum regelmäßigen Wasserwechsel vereinbart, obwohl dies nach Ansicht von Fachleuten dorthinein gehört – wie auch die Pflicht zum regelmäßigen Lüften. Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) ist da konsequenter. Sie fordert in § 17 unter anderem den Betrieb jeder Trinkwasserinstallation „mindestens“ nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.). Darüber hinaus legt sie fest, dass Abweichungen davon zumindest als Ordnungswidrigkeit gelten (§ 25 Nr. 11h TrinkwV).

Was bedeutet regelmäßiger Wasserwechsel?
Als a. a. R. d. T. gelten vor allem die Normen und Arbeitsblätter des Deutschen Instituts für Normung (DIN), des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) oder des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI). VDI 6023 Blatt 1 führt aus, dass nach spätestens 72 Stunden jede Wasser-Entnahmestelle in einem Gebäude genutzt oder gespült, das stehende Wasser in den Leitungen also ausgetauscht werden muss. Geschieht dies nicht, kann es zur Anreicherung von Werkstoffbestandteilen wie Blei oder Nickel, aber auch zu übermäßigem Wachstum von Bakterien wie Legionellen kommen. Solche Verunreinigungen und Kontaminationen können nur durch eine regelmäßige Nutzung, also durch Ausspülung, vermieden werden. Dies ist Aufgabe der Mieter bzw. Nutzer von Wohnungen.

Untersuchungspflicht für alle neuen Installationen
Gemäß § 14b TrinkwV müssen seit 2018 alle neuen Trinkwasser-Installationen frühestens drei Monate und spätestens zwölf Monate nach ihrer Inbetriebnahme auf Legionellen untersucht werden. Diesen Auftrag müssen Eigentümer bzw. ihre Verwaltung erteilen. Eine Aufforderung durch das Gesundheitsamt gibt es nicht.

Tipp: Erst Temperaturen messen, dann beproben
Messen Sie die jeweiligen Temperaturen des warmen und kalten Trinkwassers gemäß VDI 6023 Blatt 1. Lassen Sie dazu zunächst drei Liter in einen Messbecher ablaufen. Anschließend fangen Sie die nachfolgenden 250 Milliliter (ml) in einem zweiten Messbecher auf, in dem Sie nun die Wassertemperaturen messen. Liegen sie im kalten Trinkwasser über 25 °C und/oder im warmen Trinkwasser unter 55 °C, wenden Sie sich an einen Fachhandwerker, der mögliche Schwachstellen identifizieren und für hygienisch sichere Temperaturen sorgen wird. Anschließend beauftragen Sie eine Überprüfung auf Legionellen zur Absicherung des Sanierungserfolges.

Wo muss regelmäßig beprobt und analysiert werden?
Die Untersuchungsintervalle und -kriterien finden sich in § 14b TrinkwV. Wohngebäude beispielsweise müssen alle drei Jahre auf Legionellen untersucht werden, wenn sie die folgenden Kriterien für Großanlagen erfüllen:

Der Warmwasserspeicher ist größer als 400 Liter und/ oder

der längste Fließweg des Warmwassers überschreitet drei Liter Volumen, gemessen als längster Fließweg vom Speicher/Durchlauferhitzer zur entferntesten Entnahmestelle, und

das Trinkwasser wird vernebelt, z. B. durch Duschen.

Ein- und Zweifamilienhäuser sind per definitionem immer Kleinanlagen und fallen nicht darunter. Die Drei- Liter- Regel für Leitungen ohne Zirkulation gilt aber auch hinterm Durchlauferhitzern und den sogenannten Wohnungs- bzw. Frischwasserstationen. Werden die drei Liter hier überschritten, handelt es sich immer um eine Großanlage im Sinne der TrinkwV. Außerhalb der Wohnungswirtschaft erfolgen die
Untersuchungen auf Legionellen sogar jährlich, können aberm durch das Gesundheitsamt unter exakt definierten Umständen auch auf drei Jahre ausgedehnt werden. Grundsätzlich müssen Vermieter bzw. Verwaltungen die Untersuchungen eigenständig beauftragen, wenn sie sich nicht strafbar machen möchten. Eine Aufforderung durch das Gesundheitsamt gibt es auch hier nicht.

Können Legionellen im Kaltwasser vorkommen?
Oft wird das Kaltwasser wärmer als die zugelassenen 25 °C. Dann muss gemäß Regelwerk auch das Kaltwasser auf Legionellen untersucht werden (DVGW W 551). Mittlerweile gibt es mehr Probleme mit Legionellen in Kaltwasser als in Warmwasser.

Wie ist zu beproben, um „falsche“ Analysewerte zu vermeiden?
Um das Untersuchungsziel von § 14b TrinkwV zu erreichen, müssen zur Probenentnahme Strahlregler und/oder Brauseschläuche entfernt sein. Dieses Vorgehen schützt Vermieter
bzw. Verwalter vor unnötig hohen Legionellenbefunden. Schließlich möchte der Gesetzgeber nicht wissen, ob der verschmutzte Strahlregler oder der alte Duschschlauch kontaminiert sind, sondern ob die Trinkwasserinstallation bei fachgerechter Nutzung legionellenarmes Trinkwasser liefern kann.

Woran erkennt man, dass falsch beprobt wurde?
Nach einer Beprobung gemäß § 14b TrinkwV wird im Untersuchungsbefund DIN EN ISO 19458 „Zweck b)“ genannt. 

Steht dort jedoch „Zweck c)“, wurde die Probe mit Strahlregler und/oder Duschschlauch entnommen. Einen solchen Befund sollte man ablehnen und eine fachgerechte Beprobung gemäß TrinkwV verlangen, sofern nicht vom Gesundheitsamt die Untersuchung gemäß Zweck c) angeordnet wurde.

Was, wenn zu viele Legionellen im Trinkwasser sind?
Ein Legionellenbefund von mehr als 100 koloniebildenden Einheiten (KBE) pro 100 ml Trinkwasser zwingt nach § 16 Abs. 7 TrinkwV Vermieter/Verwaltungen unverzüglich dazu, weitere Maßnahmen zu ergreifen: Das Gesundheitsamt und die Mieter sind sofort zu informieren. Des Weiteren müssen unverzüglich, das heißt ohne schuldhafte Verzögerung, Untersuchungen zur Aufklärung der Ursache vorgenommen und ein Sachverständiger muss mit einer Gefährdungsanalyse beauftragt werden. Im DVGW-Arbeitsblatt (A) W 551 Tabelle 1a und 1b finden sich weitere abgestufte Maßnahmen und Zeitintervalle. Bei einem Legionellenbefund ab 10.000 KBE/100 ml Trinkwasser muss sofort ein Duschverbot ausgesprochen werden. Im Zweifelsfall sollte man sich unabhängig beraten lassen, was die Untersuchungsergebnisse im Einzelfall bedeuten und welche Maßnahmen notwendig sind. 

Fazit
Wenn das Trinkwasser kalt und warm nach jeweils drei Litern Ablauf höchstens 25 °C bzw. mindestens 55 °C aufweist und dennoch zu viele Legionellen darin sind, ist dies ein starkes Indiz dafür, dass Mieter ihrer Pflicht zum regelmäßigen und vollständigen Wasserwechsel nicht nachgekommen sind. Dann sollte das Gespräch mit ihnen gesucht werden. Denn ohne diesen Wasserwechsel führt keine „Sanierung“ zum Ziel und verursacht lediglich unnötige Kosten. Nur der regelmäßige Wasserwechsel führt legionellenarmes Trinkwasser an jede Entnahmestelle nach. Leider werden noch immer zu oft Vermieter bzw. Verwaltungen für solchermaßen überhöhte Befunde verantwortlich gemacht, was sich häufig anhand der Analysedaten entkräften ließe, insbesondere mit einer fachgerechten Interpretation der Analysewerte bei „Temperaturkonstanz“.

Arens, Dr. Peter

Hygienespezialist und Leiter Produktmanagement bei der Schell GmbH & Co.KG Armaturentechnologie, Olpe