13.10.2020 Ausgabe: 6/20

Alles im Blick - Welche Vorteile bietet die Fernüberwachung von Heizungsanlagen, wie geht das, und wer profitiert davon?

Während Industrie und Logistik schon seit Längerem technische Anlagen und Prozesse mithilfe von IoT-Technologien (Internet of Things) managen, erlangt die Digitalisierung jetzt auch zunehmende Relevanz in der Wohnungswirtschaft. Bekanntlich gilt es mittlerweile auch hier, signifikante Effizienzpotenziale zu identifizieren und zu heben. Dabei geht es einerseits um die Optimierung von Prozessen, andererseits um energetische Aspekte. Zu den Auswirkungen der Digitalisierung von Heizungsanlagen hat das Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP) beeindruckende Zahlen ermittelt: Bis zu 17 Prozent weniger Energie verbraucht eine Familie im Neubau, im Bestand sogar 18 Prozent weniger, und das größte Potenzial haben dem IBP zufolge Single-Haushalte mit bis zu 40 Prozent im Neubau.

Heizung mit Smart-Home-Anbindung
Die Digitalisierung von Heizungsanlagen erfolgt über ihre Anbindung an ein Kommunikationsnetz wie z. B. das Internet. Das kann mittels elektronischer Thermostate erfolgen, die sich aus der Ferne, etwa über Smartphone oder Tablet per App steuern lassen und Betriebsdaten wie Verbrauch und Temperatur in Echtzeit übermitteln. Stichwort: Smart Home. Von Vorteil ist diese Art der Heizungsfernsteuerung eigentlich nur für die Nutzer, die so ihren Energieverbrauch im Blick haben und die Raumtemperatur so regulieren können, dass beim Heimkommen alles nach Wunsch ist.

Digitale Heizungssteuerung
Die Fernsteuerung lässt sich aber auch direkt an der Heizungsanlage installieren. Dann geht sie zentral online und kann aus der Ferne digital überwacht werden – insbesondere in Zeiten von Social Distancing ein echter Pluspunkt. Gerade als sich so viel in den eigenen vier Wänden abspielte – Homeoffice, Online-Lehrveranstaltungen, Kinderbetreuung, Freizeit – kam es darauf an, dass Heizung und Warmwasserversorgung funktionieren. Vernetzte Heizungen, die sich online überwachen, entstören und warten lassen, ersparen Handwerkern Wege, den Nutzern unnötige persönliche Kontakte und den Verwaltungen so manches Telefonat. Ohne vor Ort zu sein, erkennen Installateure und Heizungsbauer eventuelle Störungen der Heizung und beheben diese in vielen Fällen direkt online. Der Kundenkontakt findet statt, aber schnell und effizient aus der Ferne. Auf gleiche Weise lassen sich auch Parameter am System einstellen, beispielsweise um einen effizienteren Betrieb der Anlage zu erreichen.

Kontrolle und Steuerung via Service-Portal
Hersteller von Heizungsanlagen bieten ihre Geräte heute bereits serienmäßig internetfähig oder einfach dafür nachrüstbar an. Die Fernüberwachung erfolgt meist über einen SHK-Fachbetrieb nach Wahl, der dazu ein vom jeweiligen Hersteller zur Verfügung gestelltes Service-Portal nutzt.

Bosch, eine der Marken unter dem Dach der Bosch Thermotechnik GmbH, bietet alle aktuellen Wärmeerzeuger internetfähig an. Über ein serienmäßig ausgestattetes Internet-Gateway lassen sie sich in den meisten Fällen sehr einfach über den Router mit dem WLAN vernetzen. Ältere Heizungen können nachträglich online angebunden werden. Mit den passenden Apps lassen sie sich dann per Computer, Smartphone oder Tablet bedienen.

Für den Kundenservice aus der Ferne stellt Bosch die Portallösung HomeCom Pro, das Heizgeräte von Bosch, Junkers und Buderus ab Baujahr 2008 unterstützt. Sie ermöglicht es Fachhandwerkern, die Heizungsanlagen ihrer Kunden online zu überwachen – von allgemeinen Informationen zur Anlage, dem Ablesen von Temperaturen und dem Zustand der Anlage bis hin zur Bedienung und berechneten Verbrauchsanzeige für Heizung und Warmwasser. Die Startseite zeigt zunächst allgemeine Informationen zur Anlage: Welches Gerät ist installiert, welche Systemkomponenten sind verbaut, auf welchem Stand ist die Software, welche Leistung bringt die Anlage und das Herstellungsdatum. Nutzer haben zudem Zugriff auf die Fehlerhistorie, auf Kundendaten, Energieverbräuche und den Status der Anlage (Fülldruck, Außentemperatur, Temperaturen und Heizkurve der Heizkreise). Über den Menüpunkt „Diagnose“ kann man kontrollieren, ob eine Störung vorliegt. Nutzer werden hier informiert, welcher Fehler bei dem relevanten Gerät in Zusammenhang mit dem Baujahr vorliegen könnte und was mögliche Ursachen sind. Darüber hinaus erhalten Nutzer Lösungsvorschläge, die auf Erfahrungswerten vom Bosch Werkskundendienst beruhen. Dabei lernt das System durch Rückmeldungen über den Erfolg der Reparatur kontinuierlich weiter. HomeCom Pro kann Heizungsbauern so ein erstes Bild vom Zustand der Anlage geben und die Einsatzvorbereitung effizienter machen: Der Fachhandwerker kann beispielsweise nach der Erstdiagnose gleich überprüfen, ob sich ein benötigtes Ersatzteil in seinem Bestand befindet. Sollte dies nicht der Fall sein, kann er noch einen Schritt weitergehen und sich anhand von Ersatzteilnummer und Postleitzahl des Anlagenstandorts einen Großhandel anzeigen lassen, der dieses Ersatzteil führt. Die im Juni 2020 aktualisierte Version von HomeCom Pro erlaubt darüber hinaus die Integration des smarten EasyControl Reglers von Bosch. Auf dieser Basis lassen sich Reparaturen bei entsprechenden Kundenanlagen schneller und effizienter durchführen. Neben der „Diagnose“ bietet das Portal auch die Bedienungsebene „Anlage steuern“. Hier haben Heizungsbauer – sofern die Freigabe vom Kunden erteilt wurde – vollen Zugriff auf die Anlage. Mit Smartphone, Tablet und PC können sie so sämtliche Werte der Anlage verändern: Das Zeitprogramm und die Temperaturen für den Heizbetrieb und das Warmwasser, die Einstellung der Heizkurve sowie die Sommer/Winter-Umschaltung.


Service-Portal: Alle wichtigen Daten online abrufen, Einstellungen vornehmen und den Betrieb optimieren.

Nutzen für die Wohnungswirtschaft
Nützlich macht sich HomeCom Pro übrigens auch bei Wohnungsbaugesellschaften: Über das Portal haben sie Anlagen in ihrem Bestand stets im Blick und können eigene Techniker oder Partnerfirmen gezielt einsetzen. Als Beispiele sind hier die Eisenbahner Wohnungsgenossenschaft aus Schwerte, der Bauverein zu Lünen und die WBG Lünen zu nennen. Sie nutzen den Mehrwert und haben ihre Anlagen eigenständig online geschaltet – aktuelle und ältere Brennwertgeräte von Bosch, aber auch Fremdanlagen, die (mit Einschränkungen) ebenfalls über HomeCom gesteuert werden können. Mitarbeiter des Regiebetriebs werden im Störungsfall per E-Mail benachrichtigt, sodass schnell Abhilfe geschaffen werden kann. Zudem dient die Fernüberwachung auch der Optimierung: Techniker vergleichen ständig die Laufzeiten der Anlage mit den benötigten Brennerstarts und passen gegebenenfalls die Leistung der Heizungsanlage an.

Vergleichbar gestaltet sich das Angebot von Buderus, ebenfalls eine Marke der Bosch Thermotechnik GmbH: Auch hier sind viele Wärmeerzeuger seit Langem mit integrierter Internet-Schnittstelle ausgestattet und somit internetfähig. Um online zu gehen, bedarf es dann nur noch der passenden App. Auch verschiedene ältere Anlagen können nachträglich internetfähig gemacht werden, um sie per Computer, Tablet oder Smartphone zu bedienen. Hier heißt das Control Center, das Heizungsfachfirmen den Überblick über den Status angeschlossener Anlagen bietet, ConnectPRO. Manche Einstellungen lassen sich sogar vom Büro aus vornehmen, zum Beispiel die individuelle Anpassung des Zeitschaltprogramms. Hat eine Anlage eine Störung, erhält der Fachbetrieb eine ausführliche Fehlerdiagnose, mögliche Ursachen und deren Wahrscheinlichkeit, wie der Fehler behoben werden kann, wie lange die Reparatur voraussichtlich dauern wird und welche Ersatzteile nötig sind. Die Monteure starten also mit einem klaren Auftrag und haben die benötigten Teile gleich bei der ersten Anfahrt dabei – spätestens zur Heizsaison im Herbst unschätzbar.

Der digitale Heizungskeller
Eine Lösung, die IoT-Technologie für die Immobilienwirtschaft nutzbar macht, hat das zur E.ON-Gruppe gehörende Unternehmen innogy gemeinsam mit dem Tochterunternehmen Lemonbeat entwickelt: Der „Digitale Heizungskeller“ ermöglicht es, technische Anlagen im Gebäudebestand herstellerunabhängig in Echtzeit zu überwachen, zu optimieren und bei Bedarf steuernd eingreifen – alles von einem zentralen Standort aus, über ein Multi Device Gateway. Bedient werden gängige Kommunikationsschnittstellen technischer Anlagen wie ModBus TCP/RTU, M-Bus, Impuls etc. Ältere, nicht kommunikationsfähige Anlagen können über eine Retrofit-Lösung in die Infrastruktur integriert werden.

Skalierbar für den Einsatz in kleineren Gebäudeeinheiten bis hin zu großen Liegenschaften, ist diese Lösung sowohl zur Nachrüstung im Gebäudebestand als auch für Modernisierungsmaßnahmen und im Neubau geeignet. Der Zugriff auf die relevanten Anlagendaten erfolgt über die Cloud, sodass sich Heizungsanlagen und Pumpen zentral überwachen lassen. Auch das Monitoring von Strom-, Gas-, Wasser- und Wärmemengenzählern sowie weiterer technischer Gebäudekomponenten wie Aufzüge, PV-Anlagen und Energiespeicher ist auf diese Weise möglich.

Quelle: Buderus

Foto: © Sergey Tinyakov / Shutterstock.com


Körner, Andrea

Redaktion