16.04.2021 Ausgabe: 2/21

Alles neu - Warum die Bauträgerverwaltung als Spezialgebiet gilt, und welche besonderen Herausforderungen Neubauten mit sich bringen.

Übergabe und Bezug eines Wohnungsneubaus stellen Eigentümer stets vor Herausforderungen. Anders als beim Erwerb einer Wohnung in einem Bestandsgebäude sind bei Neubauten eine ganze Reihe von Besonderheiten zu berücksichtigen. Abgesehen von den vielen kleineren und größeren Baumängeln, die sich in Neubauten vor allem in den ersten Jahren nach Fertigstellung zeigen können, muss eine Maschinerie aus Vertragsabschlüssen, Dienstleistungen und Arbeitsabläufen erstmals in Gang gebracht werden. Und dann geht es zudem darum, dass sich die neuen Eigentümer zum einen als Eigentümergemeinschaft (WEG) und zum anderen mit der neuen Verwaltung erst einmal anfreunden müssen.

Häuser müssen warmgewohnt werden
Mängel an einem Neubau zeigen sich meist erst im Gebrauch. Schönheitsreparaturen, die nach dem Bau und dem Abzug der Gewerke notwendig werden, werden erst erkennbar, wenn die Wohnungen bereits bewohnt sind. So können etwa Wasserschäden häufig erst nach Inbetriebnahme aller Einheiten entstehen, technische Mängel eines Aufzugs erst nach den vielen Erstbezügen, also nach erstmaliger intensiver Nutzung, auftreten.

All dies wollen die neuen Eigentümer natürlich behoben sehen, was sich für so manche Immobilienverwaltung als Herausforderung erweisen kann, sind klassischen Bestandsverwaltern solche Probleme doch weitgehend unbekannt. Und genau deshalb gibt es speziell auf die Erfordernisse von Neubauten ausgerichtete Bauträgerverwaltungen.

Verflechtung mit Nachbargebäuden und Nutzungen
Meist übernehmen Bauträgerverwaltungen die Gebäude noch vor der letztlichen Übergabe an die Eigentümergemeinschaft – und lassen sich in Zusammenarbeit mit den Projektleitern des Bauherrn im Voraus in die Eigenheiten einweisen. Befinden sich im Gebäude sowohl frei verkaufte Eigentumswohnungen als auch öffentlich geförderte Mietwohnungen, gelten besondere Regeln: Eigentümer von Wohneinheiten in öffentlicher Förderung sind nicht Mitglieder der WEG, sondern halten Anteile an der Bruchteilsgemeinschaft. Die Förderwohnungen werden zwar nicht von der Bauträgerverwaltung betreut, jedoch vom Gebäude mitversorgt: Anlagen wie beispielsweise Aufzug, Rolltor, Müllraum werden von allen genutzt. So müssen bei etwaigen Arbeiten und Reparaturen zum einen Mitspracherechte berücksichtigt, zum anderen die Kosten entsprechend kalkuliert und aufgeteilt werden.

Da die meisten Gebäude nicht allein auf weiter Flur stehen, sondern mit der Umgebung und den Nachbarhäusern verflochten sind, gilt es weitere Komponenten für die Alltagsnutzung zu prüfen und vorzubereiten: Keller z. B. und Garagenflächen, die Energie- und Wasserzufuhr, manchmal aber auch Wege- und Nutzungsrechte.

Wirtschaftsplan vor Erstbezug
Die wichtigste Aufgabe des Bauträgerverwalters ist die Erarbeitung eines praktikablen und auf die Besonderheiten des jeweiligen Neubaus zugeschnittenen Wirtschaftsplans. Hierfür müssen viele Unterlagen erstmals eingeholt werden. Das bedeutet, Dienstleistungen auszuschreiben und Angebote zu vergleichen, um die Versorgung des Gebäudes vor den ersten Einzügen sicherzustellen. Wartung, Reinigung, Verträge mit Energieversorgern, Versicherungen und die technische Inbetriebnahme sollten mindestens zwei bis drei Monate vor Erstbezug erfolgen. Bei der Auftragsvergabe sind Details zu beachten: Wartungen beispielsweise müssen nach den Vorgaben der Anlagenhersteller erfolgen, ausführende Unternehmen dafür zertifiziert sein. Andernfalls kann der Bauträger eventuelle Gewährleistungsansprüche ablehnen.

Eine Bauträgerverwaltung ist somit schon lange für ein Objekt tätig, bevor es überhaupt in die Verwaltung übernommen worden ist. Viele Abläufe, von denen die WEG erst später Kenntnis bekommt, werden damit im Vorfeld organisiert und überprüft.

Einbindung der Eigentümer
Die Bauträgerverwaltung ist dabei immer auch eine Gratwanderung zwischen Expertise einerseits und Einbindung der Eigentümer in wichtige Entscheidungen andererseits. Denn trotz langjähriger Erfahrung geht es jedesmal aufs Neue darum, eine vertrauensvolle Basis für die Zusammenarbeit von Verwaltung und Eigentümern zu schaffen. Dazu gehört auch, beim Abschluss von Verträgen mit Dienstleistern die Interessen der WEG als Zusammenschluss von Verbrauchern zu vertreten. Dies gilt insbesondere für Vertragslaufzeiten, die dem Verbraucherschutz entsprechend nicht länger als ein oder maximal zwei Jahre sein sollten.

Umgang mit Mängeln
Bei der Beseitigung von Mängeln geht es oft zunächst um die Prüfung der Zuständigkeit. Ein Wasserschaden, der auf einen Baumangel zurückzuführen sein könnte, ist natürlich leicht zum Schadensfall für die Versicherung gemacht. Das spart Zeit und Arbeit, kann aber die unangenehme Folge haben, dass die Versicherung die Prämie deutlich erhöht – was mitunter für die Eigentümer kostspieliger wird als der eigentlich richtige Weg. Der nämlich führt über die genaue Prüfung, ob es sich bei dem Schaden nicht doch um einen Gewährleistungsmangel handelt, der gegenüber dem Bauträger oder einem Dienstleister geltend zu machen ist. Das ist zwar aufwendiger und kann zu Konflikten zwischen Verwaltung und Bauträger führen, kann am Ende aber im Interesse der Eigentümer sein. Keiner WEG ist damit geholfen, wenn sie Schäden und Mängel zunächst komfortabel über die Versicherung abwickelt und schon kurze Zeit später mehr als die Kosten der Schadensbeseitigung an Versicherungsprämien aufbringen muss.

Bauträgerverwaltung als ­Kommunikationsauftrag
Die verschiedenen Aspekte der Verwaltung eines Wohnungsneubaus erfordern neben hoher fachlicher Kompetenz und Erfahrung mit Neubaugemeinschaften auch kommunikative Fähigkeiten, um als Mittler zwischen dem Bauherrn und der WEG, zwischen den Dienstleistern und den Verbrauchern und letztlich auch zwischen dem jungen Gebäude und deren Erstbezugsbewohnern zu fungieren. Ein Neubau mit Erstbezug erfordert deutlich intensivere Betreuung, kurze Kommunikationswege, Transparenz bei Informationen und klare Regeln für Erreichbarkeit und Rückmeldeverhalten.


Fotos: © Pandion AG; © Grand Warszawski / Shutterstock.com


Altindagoglu, Toni

Geschäftsführer PANDION SERVICE, die an drei Standorten in Deutschland 4.000 ­Einheiten verwaltet und den Vermietungsprozess bereits digitalisiert hat. Seit Oktober 2020 erfolgt auch die Wohnungsübergabe per App.