18.05.2020 Ausgabe: vdivDIGITAL 2020

Alles unter Kontrolle?! Wie man ein sinnvolles Controlling in Immobilienverwaltungen anlegt, und warum es so wichtig ist.

Das Wort Controlling kommt aus dem Englischen und ist ein Begriff der Wirtschaftswissenschaften. Im deutschen Sprachraum wird es als „Teilfunktion des unternehmerischen Führungssystems (Management)“ verstanden. Im Kern umfasst es die Planung, Steuerung und Kontrolle aller Unternehmensbereiche. Was bedeutet dies für Verwaltungsunternehmen? Hier heißt Controlling, heute schon das zu tun, was andere morgen erst denken, also immer schon zwei Schritte voraus zu sein. Um das zu erreichen, sollten Verwalter sich fragen:
• Arbeitet meine Firma effektiv?
• Rechnet sich das verwaltete Objekt?
• Wie kalkuliere ich meine Verwaltervergütung?
• Habe ich meine Kosten im Griff?
• Wie kann ich meine Mitarbeiter vergleichen?

Das Wort Controlling lässt es ahnen: Es geht um Kontrolle, und zwar die der Zahlen eines Unternehmens. Als Verwalter sollte man sie alle kennen – zum einen die Kennzahlen der verwalteten Objekte, zum anderen die des gesamten Verwalterbüros. Die Ermittlung dieser Kennzahlen, die am Anfang steht, erfordert einigen Fleiß. Aber nur mit ihnen lässt sich effektives Controlling durchführen.

Vergleichbare Zahlen gewinnen
Beim Unternehmens-Controlling geht es darum, die Kennzahlen und deren Verhältnismäßigkeit zueinander zu überprüfen, Entwicklungen der einzelnen Kostenarten abzuschätzen und dadurch Einsparpotenziale bzw. Effizienzsteigerungen zu erkennen. Die zweite wichtige Aufgabe des Controllings ist es, die Effektivität des Personaleinsatzes festzustellen. Auch hierfür sind entsprechende Kennzahlen zu ermitteln. In Immobilienverwaltungen geht es dabei um die Zahl der verwalteten Einheiten und Objekte. Das allerdings ist lediglich die berühmte „Spitze des Eisbergs“. Controlling geht viel tiefer, was Praxisbeispiele später noch erläutern werden. Auch der Personalaufwand muss erfasst werden, die Mitarbeiter im Büro, Buchhaltung, Techniker usw. Natürlich können die Personalzahlen nur vernünftig ausgewertet werden, wenn auch das Controlling für die Verwaltungsobjekte sinnvoll aufbereitet wurde. Wurden beispielsweise die Verwaltungskosten nicht mit Bedacht kalkuliert, sondern stattdessen eher „gewürfelt“, stimmt schon die gesamte Basis nicht, und das Controlling scheitert.

Die vier Phasen im Controlling
Das folgende schrittweise Vorgehen empfiehlt sich: In Phase 1 werden sämtliche Ist-Zustände analysiert und zusammengetragen, um eine vernünftige Grundlagenermittlung zu ermöglichen. In Phase 2 müssen die Aufgaben erst einmal verstanden werden: Wen oder was möchte ich „controllen“, und welche Ziele verfolge ich mit der Erhebung? In Phase 3 wird die Lösungsarchitektur entwickelt. Hier werden die gewünschten Zahlen und Daten für den jeweiligen Geschäftsvorgang ermittelt. Hierzu sollten auch vergleichbare externe Daten als Benchmark eingeholt werden, zum Beispiel aus dem VDIV-Branchenbarometer, von Kollegen oder – sofern vorhanden – von Mitgliedern der Erfa-Gruppen im VDIV Deutschland. In Phase 4 wird abschließend das Ergebnis des Vergleichs analysiert. Im Team sollte dann gemeinsam besprochen werden, wie sich die für das Unternehmen gesteckten Ziele erreichen lassen. Im weiteren Verlauf kommt es nun da-rauf an, die Entwicklung der Kennzahlen in Bezug auf die gesetzten Ziele stetig zu verfolgen, was eine kontinuierliche Dokumentation und Aktualisierung der Zahlen voraussetzt.

Die Kalkulation der Verwaltergebühr
Wie oben erwähnt, ist die Aufbereitung der Zahlen das A und O für die ordnungsgemäße Kalkulation der Verwaltungsgebühren. Schätzungen Pi mal Daumen haben hier nichts zu suchen, die Gebühren können genau ermittelt werden. Nach meiner Erfahrung sind zur Ermittlung der ordnungsgemäßen Verwaltergebühr zwei Faktoren zu unterscheiden: die sogenannten Grundkosten, d. h., die Kosten, die grundsätzlich je Objekt anfallen, unabhängig von der Größe, und die Kosten, die je Einheit entstehen. Hat man diese beiden Werte ermittelt, ergibt sich aus der Summe die Verwaltergebühr je Einheit. In der Regel liegen die Grundkosten für Verwaltungsobjekte je nach Lage und Organisation im Bereich zwischen 150 und 250 Euro netto im Monat. Die auf die einzelnen Einheiten entfallenden Kosten schwanken zwischen 15 und 25 Euro. Auf dieser Basis kann man nun die Verwaltungskosten sauber ermitteln, hier am Beispiel einer Liegenschaft mit 20 Einheiten: Bei angenommenen Grundkosten von 200 Euro und Kosten je Einheit von 18,50 Euro ergibt sich für 20 Einheiten: 20 x 18,50 = 370 Euro. Addiert man dazu die Grundkosten von 200 Euro, ergibt sich eine Verwaltungsgebühr von 570 Euro netto für die Liegenschaft, pro Einheit somit 28,50 Euro netto. An diesem Beispiel kann man sich bestens orientieren, um für jedes verwaltete Objekt im eigenen Unternehmen eine individuelle Rechnung aufzustellen und anhand der ermittelten Zahlen den gesamten Verwaltungsbestand zu überprüfen. Bei neuen Vertragsverhandlungen sollte man die gewonnenen Erkenntnisse unbedingt berücksichtigen.

Rechnet sich der Personaleinsatz?
Im nächsten Schritt oder parallel dazu erfolgt das Controlling des Personals aus der Sachbearbeitung. So kann festgestellt werden, welchen Umsatz ein Sachbearbeiter erwirtschaften muss, damit er sich „rechnet“. Da nicht jede Verwaltung gleich ist, sollte sich hier jeder Unternehmer im Vorwege Gedanken machen, wie er die einzelnen Verwaltungen bewertet. Verursacht eine Mietwohnung genauso viel Aufwand wie die in einer Eigentümergemeinschaft? Wie viel Arbeit bringt die Verwaltung eines Garagenstellplatzes im Vergleich zu einer Wohnung mit sich? Wie viel Mehrarbeit bedeutet die Verwaltung von Gewerbe verglichen mit der einer Wohnung? Hat man diese Zahlen ermittelt, lassen sie sich als Vergleichsmaßstab für den Verwaltungsbestand jedes Sachbearbeiters anwenden. So lässt sich auch die Effektivität der einzelnen Mitarbeiter vergleichen.

Wofür das Ganze?
Je mehr fundierte Kenntnisse man über die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens hat, desto besser lassen sich seine Leistungen an Kunden verkaufen. Vor dem Hintergrund deutlich gestiegener Anforderungen gerade für die Immobilienverwaltung, wird es immer wichtiger, für die eigenen Dienstleistungen auch auskömmliche Vergütungssätze durchzusetzen. Zugleich kann Controlling auch der Schlüssel zu erheblichen Kostensenkungen und -optimierungen sein. Und wer seine Kosten im Blick hat, kann langfristig Gewinne steigern und die internen Abläufe verbessern. Auch dies wieder mit einem positiven Nebeneffekt, einer gefestigten Kunden- und Mitarbeiterbindung. Controlling kann zudem das Qualitätsniveau heben. Wo Abläufe vergleichbar werden, fallen Schwachstellen auf, und Defizite können beispielsweise durch Schulungen ausgeglichen werden. Das steigert die Qualität und macht Kunden sicherlich zufriedener. Zusammengefasst ist Controlling zweifellos ein eher schmerzlicher und unangenehmer Prozess, weil er Schwachstellen sichtbar macht und zumindest anfangs auch Kosten verursacht. Langfristig aber zahlt sich das aus – als Investition in die Zukunft.

Foto: © Alexander Supertramp / Shutterstock.com


Michels, Ralf

Der Geschäftsführer der A.S. Hausverwaltungs- & Projektentwicklungs-GmbH ist Präsidiumsmitglied des VDIV Deutschland.