07.08.2013 Ausgabe: 5/2013

Anfechtung der Verwalterbestellung wegen Übertragung der Aufgaben auf Dritte

Die Verwalterin einer WEG ist eine Einzelhandelskauffrau, die als persönliche Verwalterin unter ihrer Firma auftritt. In einem Beschlussanfechtungsverfahren begehren die Wohnungseigentümer als Kläger die Ungültigerklärung der in einer Eigentümerversammlung beschlossenen Verwalterbestellung. In einer Eigentümerversammlung am 27. Mai 2006 übergab die Verwalterin die Versammlungsleitung an ihren Ehemann. Die Wohnungseigentümer als Kläger machen geltend, dass die Verwalterin seit 2005 keine einzige Versammlung durchgeführt habe, was sich durch die Protokolle in den Gerichtsakten bestätigt. In der Eigentümerversammlung am 5. Juni 2010 unterzeichnete sie das Protokoll zwar als Verwalterin, in der Eigentümerversammlung vom 9. Juli 2011 war die Verwalterin laut Versammlungsprotokoll aber nicht anwesend. Am 14. Februar 2011 bevollmächtigte die Verwalterin ihren Ehemann und „alleinigen Sachbearbeiter für die WEG“, sie, die Verwalterin, vollumfänglich in dem Beschlussanfechtungsverfahren zu vertreten.

Die Meinung des Gerichts

Der Verwalter ist im Beschlussanfechtungsverfahren berechtigt, die Wohnungseigentümer in dem Rechtsstreit zu vertreten, diese gesetzliche Vertretungsbefugnis umfasst auch die Bestellung eines Rechtsanwalts. An der gesetzlichen Vertretungsbefugnis ändert sich auch dann nichts, wenn aufgrund des Gegenstands des Beschlussanfechtungsverfahrens die Gefahr besteht, dass der Verwalter die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichtet. Das Handeln des Verwalters im Rahmen der laufenden Verwaltung wird durch die Aufhebung des Bestellungsbeschlusses nicht unberechtigt, sondern bleibt wirksam. Die Verwalterin ebenso wie die übrigen Wohnungseigentümer, für die die Verwalterin gehandelt hatte, waren und blieben daher im Prozess ordnungsgemäß vertreten.

Der Beschlussanfechtungsklage wurde jedoch materiell-rechtlich stattgegeben, da die praktisch vollständige Delegation aller Aufgaben an den Ehemann der Verwalterin den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprach. Indem sich die bestellte Verwalterin durch ihren Ehemann in den Eigentümerversammlungen vertreten ließ, liegt eine Überlassung der gesamten Verwaltertätigkeit an eine nicht zum Verwalter gewählte natürliche Person vor.

Die Verwalterin darf sich ihrer Pflichten nicht durch eine vollständige Aufgabendelegation auf ihren Ehemann entziehen. Das Amt des Verwalters ist grundsätzlich an die Person gebunden. Er darf sich zwar durch Hilfspersonen unterstützen lassen, seine Befugnisse und Aufgaben aber nicht ohne Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft ganz oder teilweise auf andere übertragen. Die besondere Vertrauensstellung des Verwalters schließt eine vollständige Delegation auf eine andere Person aus. Von einer vollständigen Aufgabendelegation ist bei Hilfspersonen grundsätzlich nicht auszugehen. Eine unzulässige Delegation setzt jedoch dort an, wo der Verwalter die Verantwortung für die Auftragserledigung einer anderen Person überträgt. Entscheidend hierbei ist, ob der Verwalter die Weisungsbefugnis behält. Die Anwesenheit des Verwalters bei den Eigentümerversammlungen und die Vertretung der Eigentümergemeinschaft im Außenverhältnis und vor Gericht gehört zu den Kernbereichsaufgaben als Verwalter. Die eigenverantwortliche Wahrnehmung der Kernbereichsaufgaben des Verwalters sind unverzichtbare Grundsätze im Wohnungseigentumsrecht, diese können weder durch einen Mehrheitsbeschluss noch durch eine vertragliche Regelung ausgeschlossen werden.

Ratschlag für den Verwalter

Häufig sind größere Verwalterbüros als juristische Person organisiert. Die Ausübung der WEG-Verwaltertätigkeit durch juristische Personen bleibt auch nach diesem Beschluss – im bisher vom BGH abgesteckten Rahmen – weiterhin möglich. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann allerdings – mangels Registerpublizität – nicht das Amt als WEG-Verwalter ausüben. Sämtliche anderen juristischen Personen einschließlich der haftungsbeschränkten UG haben jedoch diese Möglichkeit. In diesem Fall wird empfohlen, bereits im Verwaltervertrag diejenigen natürlichen Personen zu benennen, die das Verwalteramt ausüben. Ist eine solche Bestimmung im Verwaltervertrag nicht getroffen, können nur die für die Gesellschaft gemäß der Handelsregistereintragungen vertretungsbefugten Personen das Verwalteramt und insbesondere den Vorsitz in der WEG-Versammlung ausüben. (ZWE 2013, 176)

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.