21.10.2014 Ausgabe: 7/2014

Auftakt der Pilzsaison

Es wird Herbst. Mit der kälteren Jahreszeit beginnt nicht nur die Heizperiode, sondern auch wieder die Diskussion und die Auseinandersetzung mit dem Thema „Schimmelpilzschaden“.

Obwohl Schimmelpilze fester Bestandteil unserer natürlichen Umwelt sind, führen Schimmelpilzschäden zunehmend zu sehr emotional geführten Diskussionen. Vielfach fehlt den Beteiligten aber das Grundwissen über Schimmelpilze. Diese benötigen zum Wachstum Nährstoffe und Feuchtigkeit. Weitere das Wachstum und das Überleben von Schimmelpilzen beeinflussende Faktoren sind der ph-Wert und die Temperatur. Dabei sind alle Raumtemperaturen ausreichend, um eine Schimmelpilzbildung zu ermöglichen.

Die Suche nach „dem Schuldigen“

Bei den zum Herbst hin auftretenden Schadenbildern handelt es sich mehrheitlich um Feuchtigkeitseinträge auf Grund von an Materialoberflächen auskondensierender Luftfeuchtigkeit. Anders als bei Durchfeuchtungsschäden, die durch eine unzureichende Wandabdichtung oder einen Defekt am Wasserleitungssystem entstanden sind, lassen sich die Ursachen von Kondenswasserschäden oftmals schwieriger ermitteln. Und schon geht sie los, die Suche nach „dem Schuldigen“: Nutzungsbedingt? Baulich bedingt? Oder beides? Und wenn beides: Zu welchen Teilen? Wenn es um Aufwand und Kosten geht, scheiden sich häufig die Geister – und mittendrin, zwischen den beiden Polen Eigentümer und Nutzer, steckt der Verwalter. 
Die Ermittlung der Ursache ist schon deshalb von größter Bedeutung, da eine Sanierung erst dann als erfolgreich abgeschlossen angesehen werden kann, wenn der Grund für den Schimmelpilzschaden nachhaltig beseitigt ist. Die folgende Grafik bietet quasi nach dem Baukastenprinzip die Struktur für eine erste fallbezogene, individuelle Bewertung der Schadenproblematik und ihrer Ursache(n).

 

Was tun im Schadenfall?

Unstrittig ist, dass möglichst frühzeitig, schnell und ursachenorientiert gehandelt werden muss. Soweit, so gut. Aber wie geht man vor? Das Umweltbundesamt hat versucht, mit dem 2005 erschienen „Leitfaden zur Ursachensuche und Sanierung bei Schimmelpilzwachstum in Innenräumen“ Licht ins Dunkel zu bringen. Es gründete sich eigens ein Bundesverband Schimmelpilzsanierung (BSS), der wie der TÜV Schulungen zum Thema „Schimmelpilzsanierung“ anbietet. Zwar mit Zertifikat, aber im Schnellverfahren. Die traditionellen Sanierungsverbände reagierten zwischenzeitlich mit verschiedenen Richtlinienansätzen. Zu den grundlegendsten zählen hier die Richtlinie „Schimmelpilzschäden in Gebäuden – Erkennen, Bewerten und Instand setzen“ des Netzwerk Schimmel e. V., die sowohl vom Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e. V., dem Bundesverband der Brand- und Wasserschadenbeseitiger e. V. und dem Fachverband Umwelt und Sanierung e. V. mitgetragen wird, und die „Richtlinien zur Schimmelpilzsanierung nach Leitungswasserschäden VdS 3151“ des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Beide Richtlinien folgen der gleichen Logik und zielen darauf ab, die Sanierung von Schimmelpilzschäden inhaltlich zu versachlichen. Sie stützen sich dabei auf die bisherigen UBA-Leitfäden sowie die Regelungen der Berufsgenossenschaftlichen Information (BGI 858) und konkretisieren die Inhalte für die praktische Anwendung.

In Anlehnung an die VdS 3151 stellt sich der Prozessablauf einer Schimmelpilzsanierung nach Leitungswasserschäden in folgenden Schritten dar:

  • Schritt 1
    Nach Feststellung des Schimmelpilzschadens erfolgt die Schadensmeldung an den Versicherer und die Sicherung der Schadenstelle. Hier sollte die Beratung durch eine fachkundige Person gesucht werden.
  • Schritt 2
    Durchführung einer Erstbegehung des Schadensortes mit nachfolgender Einteilung in Schadensbereiche und Ergreifen erforderlicher Sofortmaßnahmen sowie Beginn der Ursachensuche.
  • Schritt 3
    Behebung der erkannten Schadenursache mit nachfolgender Erstellung eines individuellen Sanierungskonzeptes bei gleichzeitiger Festlegung der Sanierungsziele.
  • Schritt 4
    Fachlich korrekte Durchführung der Sanierungsarbeiten gemäß Sanierungskonzept.
  • Schritt 5
    Erfolgskontrolle und Abnahme der Sanierungsarbeiten.

Die Richtlinien wollen in erster Linie Sicherheit bei der Durchführung von Schimmelpilzsanierungen geben, wobei dies eine interdisziplinäre Aufgabe ist. Sie sollte im Sinne aller Beteiligten nur von qualifizierten Kräften nach einheitlichen Regeln und Kriterien ausgeführt werden. Dazu gehören eine klare Beurteilung der Ausgangslage und nachvollziehbare Zielsetzungen ebenso wie die Anwendung anerkannter Sanierungsverfahren und -techniken. Die abschließende Bewertung der Sanierung sollte durch vorher festgelegte, zielkonforme Kontrollverfahren erfolgen. Die Beurteilung des Schadens und die Interpretation der vorliegenden Daten sollen logisch nachvollziehbar sein. Es mag durchaus Abweichungen bei der Beurteilung der Höhe des entstandenen Schadens geben, aber Fälle, in denen die Spanne des geschätzten Aufwands von 5.000 bis 18.000 Euro reicht, sollten eindeutig der Vergangenheit angehören.

Information tut Not

Eine Fülle von Informationsblättern unterschiedlichster Herkunft befasst sich mit dem Thema. Eigentümer, Verwalter und Nutzer kommen im Schadensfall nicht darum herum, sich umfassend zu informieren, wenn sie sich nicht unnötigen Risiken aussetzen – oder auch mit unnötig hohen Aufwendungen für die Schadenssanierung konfrontiert werden wollen. Dies ist auch deshalb anzuraten, weil in den Richtlinien selbst der so genannte Bagatellschaden definiert ist. Bei sichtbarem Befall auf einer Fläche von nicht mehr als einem halben Quadratmeter ist demnach nur bei bereits bestehender gesundheitlicher Beeinträchtigung zu prüfen, ob der Ablauf einer umfassenden Sanierung mit Sachverständigen und Sanierern erforderlich ist. Weil aber im Schadensfall schnelles Handeln gefragt ist, empfiehlt es sich für alle, die bisher keine Erfahrungen mit Schimmelbefall haben, sich vorsorglich umfassend zu informieren. Es vermeidet Stress und finanzielle Härte!

Vorbeugen ist besser als sanieren

In Sachen Schimmel besteht sowohl bei Eigentümern und Verwaltern als auch bei Wohnungsnutzern nach wie vor immenser Aufklärungsbedarf. Unzählige unnötige Konfrontationen und juristische Auseinandersetzungen gehen darauf zurück. Die juristischen Aspekte werden z. B. in dem Buch Schimmelpilz und Mietrecht von Prof. Jürgen Ulrich und Tim Treude mit den Schwerpunkten Rechtliche Grundlagen und Beweis durch Sachverständige anschaulich dargestellt. Der konstruktive Dialog aller Beteiligten könnte die Wogen glätten. Denn auf Basis hinreichender Informationen ließe sich durch die Verwendung der richtigen Baumaterialien, bewusstes Einrichten und angemessenes Lüftungsverhalten gegen Schäden präventiv vorgehen.

Die Richtlinien zur Schimmelpilzsanierung nach Leitungswasserschäden VdS 3151 sind im Juni 2014 erschienen. Sie stehen im Internet kostenlos zum Download bereit: www.vds.de

Foto: © kusuriuri / Shutterstock.com
 


 

Baumann, Dr. Ernst J.

AllTroSan Baumann + Lorenz Trocknungsservice GmbH & Co. KG
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