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Ein Musterbeispiel der energetischen Sanierung, das wertvolle Bausubstanz erhält, zukunftsfähig macht – und sich zudem als wirtschaftlichste Variante erweist.
Viele Verwaltungen kennen das: In immer kürzeren Abständen melden Eigentümer bauliche Mängel an ihrer in die Jahre gekommenen Immobilie – mit Instandsetzungsbedarf an Fenstern, Fassade oder Dach, und dann auch noch die alte Öl- oder Gasheizung, die den Umstieg auf einen regenerativen Wärmeerzeuger nahelegt. Um den Wert ihrer Immobilie zu erhalten und um Stranding-Risiken zu vermeiden, müssen Eigentümer sich über kurz oder lang mit der Ertüchtigung ihrer Gebäude auseinandersetzen.
Aktuell notwendige Instandhaltungsmaßnahmen und in den nächsten zehn Jahren anstehende Investitionen sollten dabei gut aufeinander abgestimmt in einem ganzheitlichen Konzept zusammengeführt werden, um die zurzeit noch gut bestückte Förderlandschaft sinnvoll zu nutzen. So können Eigentümer Geld sparen und ihr Gebäude zukunftsfähig machen. Wie dies gelingen kann, stelle ich hier an einem gerade abgeschlossenen Projekt in Hamburg vor.
Es handelt sich um zwei parallele Gebäudezeilen mit insgesamt 126 Wohneinheiten, die in der Denkmalliste Hamburgs als Siedlungsbau eingetragen sind. Die in den Jahren 1929 bis 1931 entstandenen Putzbauten sind Vertreter des „Neuen Bauens“. Architekten der südlichen Kopfbauten waren C. G. Bensel sowie J. Kamps & Amsick, die der nördlichen Kopfbauten Fritz Block & Ernst Hochfeld sowie Paul A. R. Frank und Karl Schneider für die Laubengangtrakte.
Alles nahm seinen Anfang mit dem Wunsch der Eigentümer, Fassade, Fenster und Dach der beiden Gebäudezeilen instand zu setzen, die deutliche Schäden zeigten bzw. deren Lebensdauer erreicht war. Auch die Kellerabgänge waren sanierungsbedürftig. Die Eigentümer beschlossen, hier nicht nur partielles Flickwerk zu betreiben, sondern mit einem ganzheitlichen energetischen Konzept die Gebäudehülle und die dazu passende Gebäudetechnik, also Wärmeerzeugung und Lüftungskonzept, in vier Varianten unterschiedlich großer Sanierungsumfänge zu betrachten: eine reine Instandhaltungsvariante sowie Sanierungen zum Effizienzhaus (EH) Denkmal, EH 100 und EH 85. Bereits in dieser Phase wurde das Denkmalamt über das Vorhaben informiert und in die Planung mit einbezogen.
Auf Basis der erarbeiteten Varianten wurden die Kosten ermittelt: zunächst die der notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen gemäß der energetischen Mindestanforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), für die drei weiteren umfassenderen Maßnahmen dann die Mehrkosten. Diesen Mehrkosten gegenübergestellt wurden die verfügbaren Fördermittel, was den Mehraufwand relativierte. Auch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung der einzelnen Varianten nach der Discounted Cashflow Methode (DCF) wurde durchgeführt, zudem die Entwicklung des CO2-Ausstoßes und der Mietpreise betrachtet.
In der reinen Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht berücksichtigt waren die nicht weniger wichtigen Faktoren Wertsteigerung und Wertsicherung der Immobilie, die Erhöhung des Wohnkomforts sowie der Erhalt des besonderen Baudenkmals.
Das Ergebnis der Gegenüberstellung von Instandhaltungsvariante, EH Denkmal, EH 100 und EH 85 ergab, dass die EH-Stufe 85 erreichbar war und wirtschaftlich sowie energetisch am sinnvollsten erschien. Voraussetzung für die wirtschaftliche Umsetzbarkeit dieser herausfordernden Sanierung waren die Förderungen der KfW sowie der Investitionsbank Hamburg.
Zu Beginn der Planungsphase wurde die Fassade einer restauratorischen Farbbefunduntersuchung unterzogen, die für die denkmalrechtliche Genehmigung der dafür geplanten Maßnahmen vorausgesetzt wird. Auch die ursprüngliche Farbigkeit der Treppenhäuser wurde von einer Restauratorin ermittelt, um die Wiederherstellung des Farbkonzepts aus der Gründerzeit zu ermöglichen. Dazu wurden die alten Anstriche freigelegt und digital rekonstruiert.
Einer gründlichen Betrachtung und Analyse wurden auch die Außenanlagen unterzogen und zur Wiederherstellung des gesamtarchitektonischen Konzepts die ursprüngliche Bepflanzung mit dem Denkmalschutz besprochen.
Besonderes Augenmerk galt in der Planungsphase den Bauteilanschlüssen, um mögliche Wärmebrücken an kritischen Stellen wie dem Übergang von Wand zu Dach, den Fensteranschlüssen etc. zu minimieren. Details wurden dazu vorab gezeichnet und gerechnet, denn nur eine gute und vollständige Planung ermöglicht die spätere schnelle und fehlerarme Umsetzung.
Um die Bewohner des Hauses möglichst wenig zu beeinträchtigen, erfolgte die Umsetzung der Maßnahmen in Abschnitten. Schadhafte Flächen im Wärmedämm-verbundsystem (WDVS) wurden ausgebessert, Teile des Fassadenputzes in Abstimmung mit der Denkmalpflege überarbeitet, Kellerdecken sowie die gartenseitigen Außenwände im Bereich der Balkone gedämmt, alle Außentüren und auch die in den 1990er-Jahren eingesetzten Kunststofffenster wieder gegen Holzfenster mit zeitgemäßer Drei-Scheiben-Wärmeschutzverglasung ausgetauscht. Die energetischen Maßnahmen abrundend, wurden die Dachräume mit einer 16 bzw. 42 cm Einblasdämmung gefüllt, sodass letztlich auch die neue Heizungsanlage und teilweise neue Regulierventile installiert werden konnten, hydraulischer Abgleich inklusive. Die Umsetzung einer langen Liste weiterer baulicher Maßnahmen führte letztlich dazu, dass das Gebäudeensemble heute wieder in neuem Glanz erstrahlt und einen stimmigen Gesamteindruck vermittelt.
Auch im Baudenkmal lässt sich Effizienzhaus-Standard erreichen – dank der guten Förderlandschaft erweist sich das sogar oft als wirtschaftlichste Sanierung. Ein gründlich ausgearbeitetes ganzheitliches Konzept und gute Planung sind die Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung, mit der selbst anspruchsvolle Immobilien zukunftsfähig gemacht werden können.
Abteilungsleiterin Consulting bei FRANK,
Dipl. Holzwirtin und Energieberaterin
www.frank.de