03.06.2014 Ausgabe: 4/2014

Basel III: Quo Vadis Kreditfinanzierung?

Für Unternehmen ist die aktuelle Finanzierungssituation so gut wie schon lange nicht mehr. Droht dennoch eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen?

Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen werden auf die Veränderung der neuen Bankenregulierung Basel III proaktiv reagieren müssen, um weiterhin zu günstigen Konditionen an Kredite zu kommen. Den Analysen des renommierten Münchener Ifo Institutes zufolge klagt aktuell weniger als jedes fünfte gewerbliche Unternehmen über Probleme bei der Kreditvergabe. Das historisch tiefe Zinsniveau sorgt dafür, dass nicht nur der Zugang relativ einfach ist, sondern Kredite im Allgemeinen auch zu günstigen Konditionen verfügbar sind.

Ob diese Situation jedoch von Dauer ist, bleibt abzuwarten. Denn nach den signifikanten Auswirkungen von Basel II auf die Unternehmensfinanzierung kommt mit Basel III das nächste Reformpaket für Banken zur Anwendung, von dem auch bedeutende Auswirkungen auf die Finanzierungssituation zu erwarten sind – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen.

Was hat es mit Basel III auf sich?

Im Zuge der weltweiten Banken- und Finanzkrise nach dem Zusammenbruch der Lehman-Bank im Jahr 2008 ist ein „Basel III“ genanntes Reformpaket durch den Basler Ausschuss der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) entstanden, das für Banken strengere Vorgaben bei der Kreditvergabe vorsieht. Sie betreffen insbesondere die Sicherung der Liquidität von Banken und deren Eigenkapitalausstattung.

Die neuen Liquiditätsvorschriften wirken sich vor allem auf die langfristige Kreditfinanzierung aus. Sie sehen nämlich u. a. eine Einschränkung der Fristentransformation vor. Dies hat zur Folge, dass Banken langfristige Kredite auch langfristig refinanzieren müssen, und das ist in der Regel teuer. Verteuert sich die Refinanzierung, wirkt sich das unmittelbar auf die Konditionen für die Kreditnehmer aus. Hinzukommt, dass Banken nach Basel III noch mehr Eigenkapital für ausgereichte Kredite vorhalten müssen als bereits mit Basel II gefordert war. Eigenkapital ist aber ebenso teuer. Da Kreditinstitute ihre Kosten über Zinsen und andere Gebühren decken, ist bereits absehbar, dass langfristige Kredite in Zukunft schwieriger zu bekommen und teurer sein werden.


Welche Folgen hat Basel III für Unternehmen?

Im Gegensatz zu den angelsächsischen Ländern zeichnet sich Deutschland durch eine Kultur der langfristigen Bankfinanzierung aus. Unternehmen greifen sehr gerne auf diese Form der Finanzierung zurück, da sie ihnen weitgehende Planungssicherheit in den Finanzierungskonditionen bietet und in unruhigen Zeiten zur wirtschaftlichen Stabilität im Unternehmen beiträgt. So haben die neuen Regularien weitreichenden Einfluss auf die Finanzierungskultur in Deutschland. Sicherlich wird es auch weiterhin langfristige Kredite geben, aber das Angebot wird sich verringern und vermutlich verteuern. Die höheren Eigenkapitalkosten der Banken dürften sich zudem in schlechteren Konditionen für kurz- und mittelfristige Krediten niederschlagen. Neben der Erhöhung der Zinssätze wird auch mit steigenden Anforderungen an die zu hinterlegenden Sicherheiten zu rechnen sein, was aktuelle Unternehmensumfragen zu diesem Thema schon heute bestätigen.

Gerade in der Immobilienbranche spielen langfristige Kredite eine wesentliche Rolle. Die Immobilienfinanzierung galt bisher als risikoarm, solide und war bei niedrigen Margen auf große Volumina ausgerichtet. Dies werden die Banken so nur schwer aufrechterhalten können. Vielmehr stehen den Instituten zwei Varianten zur Verfügung: Entweder sie schränken die Langfristfinanzierung ein oder aber sie heben die Margen an, um die notwendigen Renditen zu erzielen. Beides wird sicherlich für die Immobilienbranche nicht von Vorteil sein.

Wie können Unternehmen darauf reagieren?

Unternehmen mit einer soliden Finanzierungsstruktur werden von Basel III wenig betroffen sein, und es besteht kein Anlass für spontane Veränderungen. Auf längere Sicht wird es aber darum gehen, die eigene Finanzierungssituation kritisch zu hinterfragen und Optimierungspotenziale zu identifizieren. Für schwach aufgestellte Betriebe gilt das umso mehr, wobei Optimierungen kurzfristig anzugehen sind. Ansatzpunkte sind dabei:

  • die Optimierung des Ratings
  • die Neugestaltung der Langfrist­finanzierung
  • die Optimierung der Sicherheiten
  • die Optimierung des Liquiditätsmanagements

Das mit einem Kredit verbundene Risiko messen Banken mittels des Ratings. Es hat somit direkten Einfluss auf die Entscheidung für eine Kreditvergabe und auch auf die mögliche Laufzeit sowie die Konditionen. Es lohnt sich daher, sich intensiv mit diesem Bewertungsprozess zu beschäftigen. Zu beachten ist dabei, dass neben harten quantitativen Faktoren auch qualitative Faktoren (z. B. Management, Nachfolge usw.) eine bedeutende Rolle spielen. Je leichter die Bank die Bonität (und auch die Sicherheiten) des Unternehmens beurteilen kann, desto einfacher ist seine Kreditwürdigkeit zu bewerten. Daher empfiehlt es sich, mit dem Kundenbetreuer in Kontakt zu treten und die entscheidenden Punkte zu diskutieren.

Die Neugestaltung der Langfristfinanzierung

Die langfristige Finanzierung wird in Zukunft deutlich anspruchsvoller werden. Einige Banken werden ihr Engagement hier merklich zurückfahren oder gar keine langfristige Finanzierung mehr anbieten. Für Unternehmen besteht nun die Möglichkeit, langfristigen Finanzierungsbedarf durch mehrere kurzfristige Kredite zu decken. Das aber birgt das Risiko von Anschlussfinanzierungen zu immer anderen, nicht unbedingt vorteilhafteren, Konditionen. Alternativ ist zu prüfen, inwieweit langfristige Finanzierungen durch Förderkredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder der Landesförderinstitute abgedeckt werden können. Des Weiteren sollten Unternehmen das Potenzial zur Stärkung der Eigenfinanzierungskraft prüfen und ob es sich lohnt, ggf. langfristiges Beteiligungskapital herein zu nehmen. Aber auch alternative Finanzierungsformen – wie Leasing, Sale-and-Lease-Back – sollten in die Gestaltung eingebunden werden.

Die Optimierung von Sicherheiten

Sicherheiten werden für Banken im Zuge von Basel III eine immer größere Bedeutung haben. Dies gilt insbesondere für langfristige Finanzierungen, denn je mehr Sicherheiten vorliegen und je werthaltiger diese Sicherheiten sind, desto geringer sind die Eigenkapitalkosten der Banken – mit direkten Auswirkungen auf Kreditlaufzeit und -konditionen. Unternehmen sollten daher prüfen, welche Sicherheiten zur Verfügung gestellt werden können. Ggf. ist auch mit der Bank zu erörtern, inwieweit bestehende Sicherheiten aus kurzfristigen Krediten auf längerfristige Kredite umgewidmet werden können. In bestimmten Fällen kann es sinnvoll sein, Bürgschaften einer Bürgschaftsbank in die Finanzierung miteinzubeziehen. Auch empfiehlt es sich, mit der Bank zu erörtern, welche Sicherheiten wieder freigegeben werden können.

Die Optimierung des Liquiditätsmanagements

Die Optimierung der Unternehmensliquidität kann dazu beitragen, den Finanzierungsbedarf zu verringern und die neuen Auflagen von Basel III zu umgehen. Ein striktes Mahnwesen, die Verkürzung von Zahlungszielen oder die Reduzierung des eventuell vorhandenen Warenbestandes sowie professionelles Factoring wären hier als Mittel der Wahl zu prüfen.

Fazit

Basel III wird sicherlich deutliche Auswirkungen vor allem auf die langfristige Kreditfinanzierung haben. Für Unternehmen gibt es jedoch vielfältige Möglichkeiten, sich vor nachteiligen Folgen der Neuregelung zu schützen.

Foto: © pogonici / Shutterstock.com


Adam, Torsten

Torsten Adam ist Geschäftsführer der ARTEMIS Group. Die ARTEMIS Group berät mittelständische Unternehmen bei Finanzierungen und Transaktionen sowie allen kaufmännischen Fragestellungen vor, während und nach solchen Vorhaben – insbesondere im Bereich Immobilien.
www.artemis-group.com